FDPPräventionsgesetzVerantwortung liegt in der Hand des Einzelnen
FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht über Prävention, Bevormundung und Verantwortung26.06.2015Der Bundestag hat das Präventionsgesetz abgesegnet. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach mit der "Lebensmittelwirtschaft" über die Linie zwischen staatlicher Gesundheitsförderung und Bevormundung. Zwar gebe es gute Argumente für viele Präventionsmaßnahmen, inklusive einer Impfpflicht. Es stelle sich allerdings die Frage, ob der Kampf gegen die Gefahren und Unwägbarkeiten des Lebens durch gesetzliche Bestimmungen nicht einen Schritt zu weit gehe und eine trügerische Sicherheit vermittele, gab der Freidemokrat zu bedenken.
Darüber hinaus sieht Kubicki die Entscheidung, gesund zu leben, in vieler Hinsicht als Privatsache. "Der Staat hat in diesem Bereich nichts zu suchen. Der Veggie-Day hat es ja vielen plastisch vor Augen geführt, welche abstrusen Auswüchse ein solcher Nanny-Staat mit sich bringen kann", konstatierte er und verwies auf existierende Forderungen nach Fett- und Zuckersteuern. "Wir müssen uns dagegen wehren, dass die politische Bevormundung aus angeblich guten Gründen weiter um sich greift", mahnte er.
Lesen Sie hier das gesamte Interview
Frage: Nach langem Ringen verabschiedet der Bundestag nun das Präventionsgesetz. Welche Erwartungen verknüpfen Sie damit?
Ich habe nicht allzu große Erwartungen an dieses Gesetz. Zwar ist es erfreulich, dass durch Präventionsmaßnahmen viele Krankheiten gar nicht entstehen. Ebenso gibt es gute Argumente für eine Impfpflicht – gerade was die Gefährdung Dritter betrifft. Wir sollten allerdings nicht der Illusion unterliegen, dass wir unser Leben grundsätzlich durch gesetzliche Bestimmungen glücklicher machen bzw. verlängern könnten. Auch stellt sich die ernsthafte Frage, ob der Versuch, durch politische Maßnahmen Gefahren und Unwägbarkeiten aus dem Leben weitestgehend zu verbannen, nicht einen Schritt zu weit geht und eine trügerische Sicherheit vermittelt. Verantwortung liegt immer in der Hand des einzelnen Menschen.
Frage: In einem umstrittenen Artikel des "British Journal of Sports Medicine" vom April 2015 schreiben drei Ärzte, dass man mit Bewegung allein nichts erreicht und schon gar nicht Gewicht verliert. Wichtig sei dabei, was und wie wir essen. Wie sehen Sie das?
Die Erkenntnis, dass Sport allein nicht schlank macht, sondern zuvorderst die Ernährung über Unter-, Normal- oder Übergewicht "entscheidet", ist nicht sonderlich neu. Abgesehen davon ist es aber eine Tatsache, dass die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Hierbei können wir allerdings nicht von einem Informationsdefizit der Bürger sprechen, denn auf jedem Lebensmittel können wir klar erkennen, wie viel Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate und Kalorien enthalten sind. Das ist bereits gesetzlich vorgeschrieben. Insofern gründet die Steigerung dieser Zahl auf freien Lebensentscheidungen der einzelnen Bürger. Die Politik sollte sich hier heraushalten und ihre Grenzen kennen – denn ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der derjenige, der isst, was er will, letztlich als unsolidarisch abgestempelt wird, weil sein Verhalten nicht dem entspricht, was sich andere vorstellen.
Interview mit Wolfgang Kubicki
Frage:Bringt Prävention wirklich etwas oder geben wir viel Geld für nichts aus? Wie kann man das evaluieren?
Sicherlich ist es schwierig, konkrete Erfolge von Prävention zu messen. Und – etwas vereinfacht gesagt: Prävention ist nicht gleich Prävention. Im Bereich des Mammographiescreenings können wir aktuellen Zahlen zufolge zum Beispiel recht deutlich von Erfolgen der Prävention sprechen. Zudem waren im Nachhinein betrachtet die präventiv eingenommenen Zuckerwürfel gegen Polio eine wirkungsvolle und erfolgreiche Maßnahme. Das ist unbestritten. Jede Eventualität, jede Krankheit durch Prävention ausschalten zu wollen, ist aber eine Illusion. Neben der Vorsicht, nichts falsch zu machen, dürfen wir nicht vergessen, auch noch ein hoffentlich lustvolles Leben zu führen.
Frage: Ist Prävention nicht eigentlich Privatsache? Warum sollte mir der Staat vorschreiben, wie ich "gesund" lebe, und das ausgerechnet im Bereich Essen und Bewegung?
Der Staat hat in diesem Bereich nichts zu suchen. Der Veggie-Day hat es ja vielen plastisch vor Augen geführt, welche abstrusen Auswüchse ein solcher Nanny-Staat mit sich bringen kann. Wenn einige irrlichternde Weltverbesserer meinen, dass ihre Sichtweise die allein richtige ist, kommt ein solcher Unsinn heraus.
Frage: Ist das Präventionsgesetz Einfallstor für immer weitere Einschränkungen im Bereich Lebensmittel, wie zum Beispiel Warnhinweise, Werbebeschränkungen und Vorschriften beim Verpackungsdesign?
Wenn ich an die Schock-Fotos auf Zigarettenschachteln denke, haben wir ja heute schon sehr tiefe staatliche Eingriffe in die Gestaltungsfreiheit von Verpackungsdesignern. Es gibt bereits politische Forderungen nach einer Fettsteuer und einer Zuckersteuer oder des Verbots von koffeinhaltigen Energy-Drinks. Wir müssen uns dagegen wehren, dass die politische Bevormundung aus angeblich "guten" Gründen weiter um sich greift. Sonst war’s das mit einer freiheitlichen Gesellschaft. Ein lenkender Staat ist keine Option.
Verantwortung liegt in der Hand des Einzelnen
FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht über Prävention, Bevormundung und VerantwortungDer Bundestag hat das Präventionsgesetz abgesegnet. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach mit der "Lebensmittelwirtschaft" über die Linie zwischen staatlicher Gesundheitsförderung und Bevormundung. Zwar gebe es gute Argumente für viele Präventionsmaßnahmen, inklusive einer Impfpflicht. Es stelle sich allerdings die Frage, ob der Kampf gegen die Gefahren und Unwägbarkeiten des Lebens durch gesetzliche Bestimmungen nicht einen Schritt zu weit gehe und eine trügerische Sicherheit vermittele, gab der Freidemokrat zu bedenken.
Darüber hinaus sieht Kubicki die Entscheidung, gesund zu leben, in vieler Hinsicht als Privatsache. "Der Staat hat in diesem Bereich nichts zu suchen. Der Veggie-Day hat es ja vielen plastisch vor Augen geführt, welche abstrusen Auswüchse ein solcher Nanny-Staat mit sich bringen kann", konstatierte er und verwies auf existierende Forderungen nach Fett- und Zuckersteuern. "Wir müssen uns dagegen wehren, dass die politische Bevormundung aus angeblich guten Gründen weiter um sich greift", mahnte er.
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Frage: Nach langem Ringen verabschiedet der Bundestag nun das Präventionsgesetz. Welche Erwartungen verknüpfen Sie damit?
Ich habe nicht allzu große Erwartungen an dieses Gesetz. Zwar ist es erfreulich, dass durch Präventionsmaßnahmen viele Krankheiten gar nicht entstehen. Ebenso gibt es gute Argumente für eine Impfpflicht – gerade was die Gefährdung Dritter betrifft. Wir sollten allerdings nicht der Illusion unterliegen, dass wir unser Leben grundsätzlich durch gesetzliche Bestimmungen glücklicher machen bzw. verlängern könnten. Auch stellt sich die ernsthafte Frage, ob der Versuch, durch politische Maßnahmen Gefahren und Unwägbarkeiten aus dem Leben weitestgehend zu verbannen, nicht einen Schritt zu weit geht und eine trügerische Sicherheit vermittelt. Verantwortung liegt immer in der Hand des einzelnen Menschen.
Frage: In einem umstrittenen Artikel des "British Journal of Sports Medicine" vom April 2015 schreiben drei Ärzte, dass man mit Bewegung allein nichts erreicht und schon gar nicht Gewicht verliert. Wichtig sei dabei, was und wie wir essen. Wie sehen Sie das?
Die Erkenntnis, dass Sport allein nicht schlank macht, sondern zuvorderst die Ernährung über Unter-, Normal- oder Übergewicht "entscheidet", ist nicht sonderlich neu. Abgesehen davon ist es aber eine Tatsache, dass die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Hierbei können wir allerdings nicht von einem Informationsdefizit der Bürger sprechen, denn auf jedem Lebensmittel können wir klar erkennen, wie viel Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate und Kalorien enthalten sind. Das ist bereits gesetzlich vorgeschrieben. Insofern gründet die Steigerung dieser Zahl auf freien Lebensentscheidungen der einzelnen Bürger. Die Politik sollte sich hier heraushalten und ihre Grenzen kennen – denn ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der derjenige, der isst, was er will, letztlich als unsolidarisch abgestempelt wird, weil sein Verhalten nicht dem entspricht, was sich andere vorstellen.
Interview mit Wolfgang Kubicki
Frage:Bringt Prävention wirklich etwas oder geben wir viel Geld für nichts aus? Wie kann man das evaluieren?
Sicherlich ist es schwierig, konkrete Erfolge von Prävention zu messen. Und – etwas vereinfacht gesagt: Prävention ist nicht gleich Prävention. Im Bereich des Mammographiescreenings können wir aktuellen Zahlen zufolge zum Beispiel recht deutlich von Erfolgen der Prävention sprechen. Zudem waren im Nachhinein betrachtet die präventiv eingenommenen Zuckerwürfel gegen Polio eine wirkungsvolle und erfolgreiche Maßnahme. Das ist unbestritten. Jede Eventualität, jede Krankheit durch Prävention ausschalten zu wollen, ist aber eine Illusion. Neben der Vorsicht, nichts falsch zu machen, dürfen wir nicht vergessen, auch noch ein hoffentlich lustvolles Leben zu führen.
Frage: Ist Prävention nicht eigentlich Privatsache? Warum sollte mir der Staat vorschreiben, wie ich "gesund" lebe, und das ausgerechnet im Bereich Essen und Bewegung?
Der Staat hat in diesem Bereich nichts zu suchen. Der Veggie-Day hat es ja vielen plastisch vor Augen geführt, welche abstrusen Auswüchse ein solcher Nanny-Staat mit sich bringen kann. Wenn einige irrlichternde Weltverbesserer meinen, dass ihre Sichtweise die allein richtige ist, kommt ein solcher Unsinn heraus.
Frage: Ist das Präventionsgesetz Einfallstor für immer weitere Einschränkungen im Bereich Lebensmittel, wie zum Beispiel Warnhinweise, Werbebeschränkungen und Vorschriften beim Verpackungsdesign?
Wenn ich an die Schock-Fotos auf Zigarettenschachteln denke, haben wir ja heute schon sehr tiefe staatliche Eingriffe in die Gestaltungsfreiheit von Verpackungsdesignern. Es gibt bereits politische Forderungen nach einer Fettsteuer und einer Zuckersteuer oder des Verbots von koffeinhaltigen Energy-Drinks. Wir müssen uns dagegen wehren, dass die politische Bevormundung aus angeblich "guten" Gründen weiter um sich greift. Sonst war’s das mit einer freiheitlichen Gesellschaft. Ein lenkender Staat ist keine Option.