FDPInterview

Überzeugungstäter statt Angsthasen wählen

Nicola BeerNicola Beer kritisiert die rückwärtsgewandte Politik der AfD
02.09.2016

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer redet Tacheles: Im "Tagesspiegel"-Interview nimmt sie das Missmanagement der Flüchtlingskrise und die Ungerechtigkeit im Steuersystem ins Visier. Im aktuellen Wirbel um eine milliardenschwere Steuernachzahlung von Apple bezieht sie klare Position für faire Spielregeln. Mit Blick auf die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern verdeutlicht die Freidemokratin: "Was die AfD vertritt, ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Wir wollen Menschen starkmachen, mutig machen, sodass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Wir wollen Aufbruch in die Zukunft, die AfD will Aufbruch in die Vergangenheit."

Die Ursache für den Wachstumskurs der AfD liege in der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin, stellt Beer klar. Denn: Das frühere AfD-Hauptthema Eurozone sei ihnen längst abhandengekommen. "Aber die unvorbereitete und unabgesprochene Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen zu öffnen, hat der AfD in die Karten gespielt", kritisiert sie.

Es geht um faire Spielregeln

Die Entscheidung der EU-Kommission, dass Apple in Irland 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen muss, sei konsequent und richtig, erklärt Beer. "Steuern müssen dort bezahlt werden, wo sie erwirtschaftet werden. Ich würde mir wünschen, dass auch die deutschen Finanzminister und Wirtschaftsminister mit diesem Nachdruck gegen große Konzerne zu Werke gingen."

Denn das Problem sei nicht von der Hand zu weisen: Große Konzerne wie Ikea, Apple, Amazon und Google seien in Deutschland aktiv, zahlten aber nichts ins deutsche Steuersystem ein. "Ich habe großen Respekt vor der wirtschaftlichen Leistung der Konzerne, aber dort, wo sie Geld erwirtschaften, sollten diese Unternehmen auch Steuern zahlen", unterstreicht die Freidemokratin. "Entlastung sollte es eher für die Kleinen, für die mit neuen Ideen geben und nicht für die Etablierten."

Lesen Sie hier das gesamte Interview.

Frau Beer, am Sonntag wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Warum überzeugt die FDP im Osten so wenig?

Wir haben einen sehr engagierten Wahlkampf geführt mit einer Kampagne, die auf Mut und Zukunftszuversicht zielt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass alle wie das Kaninchen vor der Schlange auf die AfD starren. Es ist schwierig, gegen die Ressentiments und die Abschottung der AfD in Mecklenburg-Vorpommern durchzukommen.

In der AfD sind Selbstständige und Rechtsanwälte auf der Kandidatenliste – Ihre Klientel. Wie viel FDP steckt in der AfD?

Kein bisschen. Was die AfD vertritt, ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Wir wollen Menschen stark machen, mutig machen, sodass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Wir wollen Aufbruch in die Zukunft, die AfD will Aufbruch in die Vergangenheit. Die Ursache für den Erfolg der AfD ist eher bei Angela Merkel zu suchen. Das Agieren der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik hat die AfD erst wieder großgemacht. Ihr Hauptthema, der Euro, war ihnen schon abhanden gekommen. Aber die unvorbereitete und unabgesprochene Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen zu öffnen, hat der AfD in die Karten gespielt.

Frau Beer, ist es gerecht, dass Apple 13 Milliarden Dollar Steuern nachzahlen muss?

Es geht um faire Spielregeln. Steuern müssen dort bezahlt werden, wo sie erwirtschaftet werden. Es ist richtig, dass die EU-Kommission hier konsequent vorgeht und ich würde mir wünschen, dass auch die deutschen Finanzminister und Wirtschaftsminister mit diesem Nachdruck gegen große Konzerne zu Werke gingen.

Lassen Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel die Großen laufen und schröpfen die Kleinen?

Das Problem ist doch nicht von der Hand zu weisen: Große Konzerne wie Ikea, Apple, Amazon, Google geben nichts ins deutsche Steuersystem und ich finde, da müssten der Finanzminister und der Wirtschaftsminister mehr Engagement zeigen. Ich habe großen Respekt vor der wirtschaftlichen Leistung der Konzerne, aber dort, wo sie Geld erwirtschaften, sollten diese Unternehmen auch Steuern zahlen. Entlastung sollte es eher für die Kleinen, für die mit neuen Ideen geben und nicht für die Etablierten.

Bayerns Finanzminister Söder will das Geld von Apple nicht, weil er Sorge vor einer Handelsauseinandersetzung mit den USA hat – auch mit Blick auf TTIP.

Wir müssen in Sachen TTIP weiter vorankommen. Was Herr Gabriel hier macht, ist nicht nur schädigend für Deutschland, sondern für ganz Europa. Er agiert nur als Parteichef. Aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass man sich alles gefallen lässt, was die Amerikaner sagen. Im Gegenteil. Man muss auch über die Fragen der Steuergerechtigkeit mit ihnen reden.

Muss sich die Wettbewerbskommissarin auch andere Konzerne anschauen?

Natürlich. Das tut sie auch schon und das Problem betrifft nicht Apple allein.

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