FDPEuropa

Türkei kein Kandidat für EU-Beitritt

Alexander Graf LambsdorffAlexander Graf Lambsdorff
15.11.2016

Am Tag des Türkei-Besuchs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier plädiert FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff für eine neue Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Land. Die EU-Beitrittsverhandlungen haben aus seiner Sicht aktuell keine Aussicht auf Erfolg. "Wir als Europäische Union können doch nicht eine Türkei aufnehmen, die sich unter Erdogan ganz klar in Richtung Diktatur entwickelt", sagte er im Interview mit radioeins.

Die FDP spricht sich dafür aus, den Beitrittsprozess durch eine realistische Art der Zusammenarbeit zu ersetzen, berichtete der Vizepräsident des Europaparlamentes mit Blick auf einen aktuellen Beschluss des Bundesvorstands. "Gerade im Hinblick auf die schwerwiegenden Rückschritte in der rechtsstaatlichen Ordnung der Türkei", stellte Lambsdorff gegenüber der AFP klar. Er unterstrich allerdings, dass das Land ein wichtiger Partner der EU bleibe.

"Statt des Beitrittsprozesses sollten die EU und die Türkei eine umfassende positive Agenda für die Bereiche ausarbeiten, bei denen wir enger zusammenarbeiten können", erklärte Lambsdorff. Im Beschluss des Bundesvorstands wird gefordert, "die Beziehungen mit der Türkei auf eine neue Grundlage enger sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu stellen". Dazu zählen Energie, Außenpolitik, zivilgesellschaftlicher Dialog, Handel, Erleichterungen bei der Visumsvergabe und die Ausweitung der Zollunion, führte er aus.

Das Risiko, dass das Ende der Beitrittsverhandlungen zu einer Eskalation führt, schätzt Lambsdorff allerdings als gering ein. Gegenüber radioeins erläuterte er, dass in den elf Jahren, die bereits über den EU-Beitritt verhandelt werde, lediglich ein Kapitel abgeschlossen worden sei. Darüber hinaus habe der türkische Präsident erst kürzlich verlauten lassen, dass es an der EU sei, in der Beitrittsfrage Position zu beziehen.

Türkische Zivilgesellschaft unterstützen

"Die Freien Demokraten stehen auch weiterhin fest an der Seite der lebendigen und kritischen Zivilgesellschaft in der Türkei in ihrem Kampf für Bürger- und Menschenrechte", betonte Lambsdorff. Es nicht auszuschließen, dass nach einem Politikwechsel hin zu einer europäisch orientierten Türkei neue Formen der Einbindung in gemeinsame Strukturen gefunden werden könnten, heißt es hierzu in dem Papier.

Hintergrund

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan geht seit dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli hart gegen seine Gegner vor. Insbesondere die pro-kurdische Partei HDP und die Zeitung Cumhuryiet stehen im Visier der Staatsanwaltschaft. Der Cumhuryiet wird vorgeworfen den Putschversuch legitimiert und Straftaten zugunsten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Gülen-Bewegung begangen zu haben. Die türkische Regierung macht den Predigers Fethullah Gülen und seine Anhänger für den Putschversuch verantwortlich.

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