FDPDas aktuelle Interview

Toleranz ist keine Einbahnstraße

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki
05.09.2016

In der Debatte um Zuwanderung spielt das Thema Religion eine zentrale Rolle. FDP-Vize Wolfgang Kubicki betonte im Streitgespräch mit Weihbischof Hans-Jochen Jaschke in der "Welt am Sonntag" die Bedeutung von Pluralität und Toleranz. Der Freidemokrat zeigte sich überzeugt, dass eine offene Gesprächskultur das beste Mittel gegen religiöse Spannungen sei: "Je länger wir über die unterschiedliche Ausübung von Religionen debattieren, desto mehr wird sich das Problem relativieren."

Religion sei Privatsache, verdeutlichte Kubicki. Er erläuterte: "Der Staat ist laut Verfassung zur Neutralität verpflichtet. Er muss aber gewährleisten, dass Religion praktiziert werden kann. Gleichwohl gibt es eine negative Religionsfreiheit, denn niemand darf verpflichtet werden, sich religiösen Riten zu unterwerfen. Der Staat hat darauf zu achten, dass das Gemeinschaftsleben funktioniert."

Der Freidemokrat machte klar, dass es heute keine Dominanz einer Religion mehr gebe. "Wir sind multireligiös geworden. Weil die Gesellschaft sehr plural geworden ist, wehrt sie sich gegen den Anspruch von Gruppierungen, das Leben bestimmen zu wollen", gab Kubicki zu bedenken. Er sprach sich in diesem Zusammenhang dagegen aus, bestimmte religiöse Bräuche zu tolerieren, die gegen deutsches Recht verstießen. "Die einzige Chance, neben dem Dialog, ist die Durchsetzung der verfassungsmäßigen Ordnung. Wir dürfen das Recht nicht aus falsch verstandener Rücksichtnahme unterschiedlich anwenden. Sonst wird es willkürlich."

Im Gespräch bleiben über Religion

"Mich stressen im Moment rechtsradikale, völkisch-denkende Menschen viel mehr als ein paar durchgeknallte Muslime", resümierte der FDP-Vize. Problematisch sei an dieser Konstellation allerdings, "dass man sich daran hochschaukeln kann". Es beruhige ihn jedoch, dass sich in der Gesellschaft eine eigene Diskussionskultur entwickelt habe. Er betonte: "Das sucht weltweit seinesgleichen und erlaubt es, ein Problem zu diskutieren und Lösungen zu finden, die für 98 Prozent der Menschen tragbar sind."

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