THEURER-Interview: Der Schlüssel zu mehr Klimaschutz steckt in Technologien
Das FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer gab „Focus Online“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Henriette Jedicke.
Frage: Am 20. September will das Klimakabinett Maßnahmen beschließen, einen Tag später beginnt der UN-Klimagipfel in New York: Für diesen Tag haben die Aktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung zu einem globalen Streik aufgerufen. Was halten Sie davon?
Theurer: Im Zusammenhang mit dem Klimaschutz stellt sich für mich die Frage, gegen wen da eigentlich gestreikt wird. Meine Botschaft ist: Gegen eine breite Klimaschutzbewegung ist nichts einzuwenden, wenn sie dazu führt, dass es einen Bewusstseinswandel gibt, der zu einer Veränderung des Verbraucherverhaltens führt. In Deutschland wird niemand gezwungen, einen SUV zu kaufen oder Fleisch zu essen. Eigenverantwortung und Selbstbestimmung mit dem Ziel Klimaschutz sind zentrale Elemente, bei denen jeder einzelne Veränderungen vornehmen kann. Die „Fridays for Future“-Demonstranten verfolgen das Ziel, Klimaschutz zu erreichen. Aber einzelnen sozialistischen Aktivisten, die diese Bewegung offenbar unterwandern wollen, erteile ich eine klare Absage. Die Marktwirtschaft ist nicht das Problem, sondern die Lösung. Entscheidend wird sein, dass es uns gelingt, das Wachstum vom CO2-Ausstoß abzukoppeln.
Frage: Was sagen Sie dazu, dass nun mit Verdi-Chef Frank Bsirske auch die Gewerkschaften die Streik-Idee von "Fridays for Future" unterstützen?
Theurer: Die Gewerkschaften müssen klar erklären, ob sie das als offiziellen Streik ansehen und dann auch entsprechend ihre Mitglieder aufrufen und den Lohnausfall aus der Gewerkschaftskasse finanzieren. Gegen einen Aufruf, am 20. September einen Urlaubstag zu nehmen und für Klimaschutz zu demonstrieren, ist nichts einzuwenden. Gegen einen politischen Streik allerdings schon.
Frage: CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte zu der Idee der TV-Moderators Joko Winterscheidt, das ganze Land „lahmzulegen“ sei „einfach nur daneben“. Hat er recht?
Theurer: Die Versammlungsfreiheit und die freie Meinungsäußerung sind Grundrechte in diesem Land. Massendemonstrationen können für Aufmerksamkeit sorgen und zu einem Bewusstseinswandel beitragen. Aber der entscheidende Punkt ist, dass nicht Industrie und Wirtschaft Klimakiller Nummer Eins sind, sondern individuelles Konsumverhalten. Da liegt es in der Hand jedes einzelnen, sein Verhalten klimafreundlich zu gestalten.
Frage: Nun gibt es viele Menschen in diesem Land, die offenbar nach Wegen suchen, dem Thema Klima noch mehr Aufmerksamkeit zu geben. Was schlagen Sie denen für einen Alternativweg vor, wenn es nicht der Streik sein soll?
Theurer: Wir brauchen eine Diskussion über die Instrumente statt über Ziele. Wie erreichen wir zielgenau den notwendigen Klimaschutz? Hier schlagen die Freien Demokraten eine Veränderung des Ordnungsrahmens der Marktwirtschaft durch einen flächendeckenden Emissionshandel vor. Eine jährlich sinkende CO2-Menge wird vorgegeben und über den Emissionshandel bildet sich ein Preis. Wir brauchen Technologieoffenheit, ein Beispiel ist die Wasserstofftechnologie. Ich meine: Deutschland muss zum Wasserstoffland Nummer Eins werden.
Frage: Aber wie können Jung und Alt denn, neben Demonstrationen, sinnvoll für ihre Überzeugungen eintreten?
Theurer: Noch wichtiger als zu demonstrieren ist es, das persönliche Verhalten zu verändern. Mehr als 30 Prozent des individuellen Verkehrs sind Freizeitaktivitäten, die nicht beruflich oder durch die Ausbildung bedingt sind. An dieser Stelle kann jeder einzelne seinen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Frage: Im Bundestagswahlkampf war sehr auffällig, dass die FDP immer wieder betonte, auch die Partei der jungen Menschen in diesem Land sein zu wollen. Kann das gelingen, wenn man sich zu einer so großen Bewegung wie „Fridays for Future“ eher kritisch verhält?
Theurer: Das Grundanliegen der „Fridays for Future“-Bewegung und ihre Kritik an der wirkungslosen Klimapolitik der Bundesregierung teilen wir. Wir wollen mit den jungen Menschen in eine Diskussion über die besten Instrumente eintreten, über die Klimaschutz erreicht werden kann, so dass Wohlstand und Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Unsere zentrale Botschaft ist, dass der Schlüssel zu mehr Klimaschutz in der Technologie steckt. Hier muss Deutschland als Technologieland seine Führungsrolle einnehmen. Wenn es uns als Bundesrepublik Deutschland gelingt, Technologien zu entwickeln, Maschinen zu bauen und Produkte zu produzieren, die klimaneutral sind, dann leisten wir den größten Beitrag, um die globale Klimakrise abzuwenden. Die lässt sich im nationalen Alleingang nämlich nicht lösen.