TEUTEBERG-Statement: Diskussionen gehören zur Normalität der Demokratie
Zu Diskussionen über die Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen gab FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg heute folgendes Statement ab:
Diese Woche beginnt damit, dass die Kanzlerin dem Vernehmen nach von ‚Öffnungsdiskussionsorgien‘ aus den Ländern gesprochen haben soll, die ihr Sorgen machten. Ich muss sagen, das ist bemerkenswert. Diskussionen gehören zur Normalität der Demokratie. Und wenn sich, ob Landespolitiker oder auch sonst - uns Freien Demokraten ist das jedenfalls wichtig - Gedanken machen über sinnvolle Öffnungsstrategien, diskutieren über die Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen und über die Existenzsorgen, die Menschen plagen, dann verdient das Respekt und nicht Verächtlichmachung. Es ist keine Majestätsbeleidigung, über politische Lösungen zu streiten, und es gibt keine Entscheidungen, die alternativlos sind. Es ist vielmehr wichtig, den Respekt zu fördern dafür, dass Debatten und dass Lernfähigkeit zur Normalität von Demokratie und Föderalismus gehören.
Und so ist uns auch sehr wichtig, in diesen Tagen noch einmal deutlich zu machen: Es gibt die Notwendigkeit mancher Freiheitseinschränkungen im Moment wegen Corona - etwa die Kontakteinschränkungen. Aber es ist legitim und unbedingt notwendig, auch über die Verhältnismäßigkeit zu sprechen. So ist es zum Beispiel so, dass natürlich manche Verschwörungstheoretiker, die von Diktatur reden, die Kirche im Dorf lassen mögen. Aber der freiheitliche Rechtsstaat, der muss auch das Dorf in die Kirche lassen, wenn mit Abstandsregelungen, mit Hygienemaßnahmen es möglich ist, hier mit milderen Mitteln zu reagieren auf die Gefahr von Corona. Erklärungsbedürftig ist in unserem freiheitlichen Rechtsstaat die Einschränkung von Grundrechten und nicht deren Ausübung. Insofern ist es geboten, dass häufiger die Grundrechtseingriffe überprüft werden. Mindestens wöchentlich sollte hier darüber gesprochen werden, ob schwerwiegende Grundrechtseingriffe weiter verhältnismäßig sind oder aufgrund veränderter Lage auch wieder zurückzunehmen sind. Das ist eine Stärke von Rechtsstaat und Demokratie, auch lernfähig zu sein und Dinge anzupassen.
Und schließlich schauen wir auf die Existenzsorgen von Menschen und auch auf die Zeit nach der Krise, was wir tun müssen, um eine Wiederbelebung unserer Wirtschaft zu erreichen. Dafür zu sorgen, dass möglichst viele Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden. Dafür braucht es unter anderem Entlastung. Und immerhin ist es bemerkenswert, wenn selbst Sozialdemokraten jetzt über manche Entlastung nachdenken, statt nur Abgaben, Steuererhöhungen zu fordern. Gerade dass viele Menschen und viele Unternehmen sehr schnell in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sind, auch im Zuge dieser Krise, zeigt: Wir brauchen neue Substanz statt Substanzbesteuerung. Die Betriebe, gerade die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland, die brauchen Rücklagen und Eigenkapital statt Substanzbesteuerung. Und deshalb werden wir darüber sprechen müssen, wie wir Entlastungen schaffen können kurzfristig mit unserem Vorschlag einer negativen Gewinnsteuer der Steuererstattungvorläufig, um Liquidität schnell zu geben den Unternehmen - ohne lange Antragsverfahren, ohne Flaschenhals von Kreditanträgen bei Geschäftsbanken und KfW. Aber auch darüber hinaus werden wir darüber sprechen müssen, wie machen wir unsere Wirtschaft wieder fit, leistungsfähig, wie bringen wir das wirtschaftliche Leben in Gang?
Und schließlich ist für uns Freie Demokraten der Rechtsstaat im Inland und auch darüber hinaus ein Herzensanliegen. Deshalb beschäftigen wir uns heute im Bundesvorstand mit einem Antrag dazu, auch in Europa den Rechtsstaat zu stärken, einen Schutzschirm für den Rechtsstaat in Europa zu schaffen. Denn Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, die liegen uns überall am Herzen, in Deutschland und in ganz Europa. Dass viele Menschen übrigens sehen, dass wir Debatten brauchen, dass Freiheit und Eigenverantwortung ihren Platz brauchen in unserer Gesellschaft - auch in der Krise, zeigt übrigens, dass wir Freie Demokraten eine sehr positive Mitgliederentwicklung haben. Wir hatten im März dieses Jahres eine sehr hohe Anzahl von Aufnahmeanträgen, mehr noch als im entsprechenden Monat des Vorjahres. Das zeigt, es gibt ein nachhaltiges Interesse an freiheitlichen Lösungen, und darum bemühen wir uns.