TEUTEBERG-Interview: Humanitäre Hilfe vor Ort leisten
Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg gab dem „SWR 2-Tagesgespräch“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte Marie Gediehn.
Frage: Egal was in Moskau oder Ankara beschlossen wird, Frau Teuteberg. Wenn man Kindern in Schlamm und Kälte helfen kann, dann macht man das doch, oder?
Teuteberg: Das macht man unbedingt. Das macht man allerdings am besten auch vor Ort.
Frage: Das heißt, Sie schlagen was genau vor? Es geht ja um die Situation in den griechischen Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln. Das ist ja seit einigen Jahren so. Und da ist ja vor Ort bislang wenig passiert.
Teuteberg: Ja, dort muss geholfen werden. Und eigentlich bekommt übrigens Griechenland auch bereits eine Menge Hilfe von der EU und auch vom UNHCR, dem UN-Flüchtlingshilfswerk. Und mit solchen Geldern werden übrigens in der Türkei und in Jordanien sehr vernünftige, würdige Unterbringungsmöglichkeiten in den Flüchtlingslagern geschaffen. Das muss stärker auch in Griechenland umgesetzt werden.
Aber wir müssen Menschen vor Ort helfen und dürfen auch nicht das zynische Spiel von Herrn Erdogan mitmachen, sich da erpressen zu lassen, sondern einerseits humanitäre Hilfe leisten und natürlich außenpolitisch auch endlich dafür sorgen, dass in Syrien mit Friedensverhandlungen dieser schreckliche Krieg aufhört, dass Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen beendet werden.
Frage: Aber ist es nicht auch zynisch zu sagen, die Griechen kriegen das mit dem vielen Hilfsgeld nicht hin, also müssen die Kinder in diesen Camps jetzt nachsitzen, so lange, bis das dann da auch ein bisschen schicker ist?
Teuteberg: Das ist jetzt eher zynisch formuliert, würde ich sagen. Wir brauchen ein vernünftige Asylverfahren und Prüfungen, am besten dort auch an der EU-Außengrenze. Wir werden nicht ein vernünftiges, humanitäres gemeinsames Asylrecht in Europa schaffen, wenn wir immer als Deutsche nationale Alleingänge machen. Wir müssen Schutzbedürftige aufnehmen, aber nicht in solchen Alleingängen.
Frage: Alleingang war einmal ein Fehler, ist jetzt seit vielen Jahren nicht passiert. Das Problem ist ja eher, dass überhaupt nichts passiert ist, auch europäisch nicht. Was gibt Ihnen denn die Hoffnung oder die Aussicht, dass jetzt, genau in diesem Jahr 2020, der europäische große asylpolitische Wurf kommt?
Teuteberg: Das ist nicht eine Hoffnung, das ist ein Anspruch. Und da müssen wir darüber sprechen, was sind Lösungen, auf die man sich in Europa auch einigen kann. Und dazu gehört ganz bestimmt, stärker dafür zu sorgen, dass möglichst bereits an der EU-Außengrenze Vorprüfungen stattfinden könnten, damit der Personenkreis, über den man dann über einen fairen Verteilungsschlüssel redet in Europa, auch Schutzberechtigte sind und nicht überwiegend Menschen, die letztendlich gar keinen Asylanspruch haben.
Deshalb müssen wir möglichst mit humanen Unterbringungsbedingungen und schnellen, aber fairen Verfahren Vorprüfungen machen, damit wir zwischen offensichtlich nicht schutzberechtigten und voraussichtlich schutzberechtigten Menschen unterscheiden können und die dann möglichst nach einem fairen Kompromiss in Europa auch auf verschiedene Mitgliedsstaaten verteilen.
Frage: ... Aber der Kern ist doch der, dass die meisten Länder in Europa, in der EU sagen, wir nehmen so oder so keine Flüchtlinge.
Teuteberg: Das ist so pauschal nicht richtig. Aber viele sagen, sie wollen nicht von einer unbegrenzten Anzahl von Migranten – das ist auch noch einmal etwas anderes als Flüchtlinge, längst nicht alle Menschen, über die wir hier sprechen, sind tatsächlich auch Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention und haben da einen entsprechenden humanitären Anspruch.
Es gibt durchaus europäische Länder, die bereit sind, auch Flüchtlinge aufzunehmen, aber nicht eine unbegrenzte Anzahl an Migranten. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir es hinbekommen, bereits möglichst an der EU-Außengrenze Verfahren hinzubekommen, um das zu unterscheiden.
Frage: … Ein faires europäisches Asylsystem, überhaupt ein europäisches Asylsystem fehlt, ein neues zumindest. Es gilt immer noch die Dublin-Verordnung. Und solange das nicht ist, ist doch jegliches Reden über Außengrenzen aber Augenwischerei, weil es ja eh nicht weiter geht.
Teuteberg: Die Außengrenzen sind übrigens, und das ist geltendes Recht, sie müssen sehr wohl besser geschützt werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir gerade die Freizügigkeit im Inneren bewahren können. Und dafür muss Frontex besser ausgestattet werden, und zwar sowohl personell als auch mit eigenen Befugnissen. Nur so kann eine geordnete Migrationspolitik stattfinden. Gleichzeitig brauchen wir legale Möglichkeiten, Anträge zu stellen und einzureichen. Aber das kann nicht darüber stattfinden, dass unkontrollierte Einreise zum Regelfall wird wie 2015. Das muss man sehr wohl sachlich unterscheiden können.
Frage: Ist es aber nicht genau das alles, was Sie gerade gesagt haben, was ja seit Jahren nicht kom