SOLMS: Zinsabgeltungsteuer einführen " Fluchtkapital zurückholen
Berlin. Zu den Beratungen des EU-Finanzministers über die Besteuerung von Zinsen erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP, DR. HERMANN OTTO SOLMS:
Die rot-grüne Koalition hat bereits durch die Ankündigung der Abschaffung des Bankgeheimnisses, die Einführung einer Wertzuwachssteuer, eines flächendeckenden Kontrollmitteilungsverfahrens sowie die Diskussion um die Wiedererhebung der Vermögensteuer das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt massiv beschädigt. Die Attraktivität des Kapitalmarkts kann nur dann wieder verbessert werden, wenn diese Ankündigungen zurückgenommen und die Diskussion um die Vermögensteuer sofort beendet wird. Zudem brauchen wir ein unbürokratisches, verlässliches Verfahren bei der Besteuerung von Zinsen mit international wettbewerbsfähigen Steuersätzen.
Die FDP erneuert daher ihre Forderung nach Einführung einer Zinsabgeltungsteuer in Höhe von 25%, die von der Bank bei Auszahlung der Zinsen erhoben und an das Finanzamt abgeführt wird. Die heutige Zinsabschlagsteuer wird nicht akzeptiert, weil es im Einzelfall einschließlich des Solidaritätszuschlags zu Belastungen von über 50% kommen kann. Seit ihrer Einführung 1992/1993 hat die Kapitalflucht erheblich zugenommen. Auf diese drohende Folge hat die FDP bereits damals hingewiesen. Wir konnten uns mit dem Vorschlag einer Abgeltungsteuer leider nicht gegenüber CDU/CSU, SPD und den Grünen durchsetzen. Es ist zu begrüßen, dass jetzt bei einzelnen Politikern der anderen Parteien ein Umdenken einsetzt.
Die Vorteile einer Zinsabgeltungsteuer liegen auf der Hand: In einem einfachen Verfahren werden sämtliche Zinserträge besteuert und Steuerhinterziehung daher von vornherein verhindert. Bei einem maßvollen Satz von 25% dürfte diese Besteuerung von den Steuerpflichtigen akzeptiert werden, zumal Zinsen nicht mehr in der Einkommensteuererklärung erfasst werden müssen. Lediglich bei Beziehern kleinerer Einkommen mit einem niedrigeren Steuersatz als 25% hat die abgezogene Steuer weiterhin den Charakter einer Vorauszahlung. Zu viel gezahlte Steuer kann bei der Steuerveranlagung erstattet bzw. verrechnet werden.
Österreich hat uns gezeigt, dass eine maßvolle Abgeltungsteuer in- und ausländisches Kapital ins Land holt und daher international ein Standortvorteil ist. Das Aufkommen aus der Besteuerung von Zinsen stieg in Österreich nach Einführung der Abgeltungsteuer um knapp 30 Prozent an. Wenn Deutschland dem Beispiel Österreichs folgt und die Abgeltungsteuer
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einführt, wird auch bei uns die Kapitalflucht enden und das Steueraufkommen steigen.
Ein flächendeckendes Kontrollmitteilungsverfahren, wie es die rot-grüne Koalition plant, wäre angesichts von Milliarden von Konten in Europa die absurde Aufblähung von Bürokratie bei Banken und Verwaltung. Das Vertrauen in den Kapitalmarkt würde weiter geschwächt. Die FDP lehnt das entschieden ab.
Auch auf europäischer Ebene sollte die Abgeltungsteuer eingeführt werden. Die 35jährige Diskussion der EU-Finanzminister über die Besteuerung von Zinsen kann so endlich beendet werden. Die angestrebte Einführung eines grenzüberschreitenden Kontrollmitteilungsverfahrens als Alternative zur Abgeltungsteuer wird heute bei der Sitzung der Finanzminister in Brüssel hoffentlich am Widerstand der Schweiz und Luxemburgs scheitern, die ihr Bankgeheimnis zu Recht nicht aufgeben wollen, aber zur Erhebung einer Quellensteuer bereit sind.
Die Einführung der Zinsabgeltungsteuer sollte zum Anlass genommen werden, denjenigen eine Brücke in die Legalität zu bauen, die in der Vergangenheit Zinsen nicht versteuert haben. Betroffen sind vor allem Bezieher von Einkünften aus Schwarzarbeit, Inhaber von Fluchtkapital sowie Bürger, die aus Unwissenheit Zinsen nicht angegeben haben. Viele dieser Menschen möchten Geld investieren, werden aber wegen der drohenden steuerlichen und strafrechtlichen Folgen abgehalten. Andere wollen ihren Nachlass regeln, aber den Erben die steuerlichen Folgen ersparen.
Angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte muss der Staat größtes Interesse daran haben, Schwarzgeld und Fluchtkapital wieder in den legalen Wirtschaftskreislauf zurückzuholen und dauerhaft der Besteuerung zuzuführen. Die Betroffenen müssen einerseits einen attraktiven Anreiz bekommen, ihr Kapital zu offenbaren und die Erträge künftig zu versteuern. Andererseits muss der Staat vermeiden, dass die bislang steuerehrlichen Bürger benachteiligt werden. Daher kommt eine Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen nicht in Betracht.
Die Steuerpflichtigen machen vom geltenden Selbstanzeigeverfahren kaum Gebrauch, weil es durch Nachverzinsung und Nachversteuerung zur Aufzehrung des Kapitals kommen kann. Daher sollte der Staat den Betroffenen die Möglichkeit anbieten, das Kapital beim Finanzamt anzumelden, egal ob es sich im Inland oder Ausland befindet. Als Eintrittsgebühr in die Legalität werden 20% des deklarierten Kapitals als Pauschalsteuer an den Fiskus abgeführt. Wahlweise kann das Kapital dem Staat niedrigverzinslich für die Dauer von etwa acht Jahren überlassen werden. Mit diesem einfachen Verfahren sind sämtliche Ansprüche des Staates abgegolten. Strafrechtliche Folgen wegen steuerlicher Delikte gibt es nicht.
Die Umsätze der Schattenwirtschaft belaufen sich nach Schätzung von Wissenschaftlern auf über 320 Mrd. Euro pro Jahr. Unternehmen und Privatpersonen haben im Ausland nach Auskunft der Bundesregierung Kapital in Höhe von rd. 960 Mrd. Euro angelegt. Bei weitem nicht alle Erträge daraus werden versteuert. Durch die Einführung der unbürokratischen Zinsabgeltungsteuer und das staatliche Angebot einer pauschalen Nachversteuerung bisher nicht versteuerten Kapitals sollte es gelingen, zumindest einen Teil dieser Summe zurück in den legalen Wirtschaftskreislauf zu bringen. Der Kapitalmarkt wird gestärkt, seine Attraktivität spürbar erhöht.
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland dürfte das einen Schub geben, da erheblich mehr Kapital für Investitionen, zur Unternehmensfinanzierung oder für Ausgaben der privaten Haushalte zur Verfügung steht. Das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt wird steigen. Schließlich erhöhen sich die Steuereinnahmen, wodurch eine deutliche Rückführung der Verschuldung möglich wird.
Die FDP ist jederzeit zu Gesprächen bereit.