SOLMS: Vermögensteuer ist eine Strafsteuer für Sparer
BERLIN. Zur aktuellen Debatte über die Vermögensteuer erklärt der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Hermann Otto SOLMS:
Die von den Ministerpräsidenten der Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ins Gespräch gebrachte Wiedereinführung der Vermögensteuer wäre ein erneuter Schlag gegen die Sparer in Deutschland und gegen den deutschen Kapitalmarkt. Sie bedeutet eine zusätzliche Steuerbelastung auch für durchschnittliche Vermögensbesitzer, führt zu einer erheblichen steuerlichen Doppelbelastung und ist mit unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden. Um weiteren Schaden für die deutschen Sparer und den Kapitalmarkt abzuwenden, lehnt die FDP die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab.
Vermögensteuer
In den neuen Bundesländern wurde die Vermögensteuer nach der Wiedervereinigung wegen fehlender Einheitswerte nie eingeführt. Ihre Erhebung in den alten Bundesländern war ab dem Jahr 1997 ausgesetzt. Grund hierfür war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Sommer 1995, mit dem es entschieden hatte, dass der Staat mit der Besteuerung nicht in den Vermögensbestand eingreifen darf. Das Lebensführungsvermögen, sich exemplarisch verkörpernd im durchschnittlichen Einfamilienhaus, darf nicht mit Vermögensteuer belastet werden. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Gesamtbelastung der Einkommen "die Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand nicht übersteigt". Dem Einzelnen muss also nach der Besteuerung etwa die Hälfte seiner Einnahmen verbleiben. Beim damaligen Spitzensteuersatz von 53 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlags wurde diese Grenze bei weitem überschritten.
Das Bundesverfassungsgericht hat darauf verzichtet, das Vermögensteuergesetz für nichtig zu erklären. Es hat dem Gesetzgeber eine Frist gesetzt, die Vermögensteuer verfassungskonform zu regeln. Diese Frist war am 31. Dezember 1996 abgelaufen. Bis heute allerdings wurde das Vermögensteuergesetz nicht formell aufgehoben.
Die Erträge aus der Vermögensteuer standen, verfassungsrechtlich abgesichert, den Ländern zu. Sie brachte zuletzt ein Aufkommen von rund 9 Milliarden Mark Zur Kompensation der Steuermindereinnahmen für die Länder wurden zum 1. Januar 1997 die Erbschaftsteuer um rund 2,1 Milliarden Mark, die Grunderwerbsteuer um rund 5,3 Milliarden Mark und andere Steuern um rund 1 Milliarden Mark erhöht.
Nachdem der Spitzensteuersatz auf 48,5 Prozent gesunken ist und im Jahr 2004 bis auf 47 Prozent zurückgehen kann, wird die Wiedereinführung der Vermögensteuer gefordert. Vorgeblich wird diese Forderung mit auszugleichenden Steuerausfällen für die Länder und Verteilungsgesichtspunkten begründet. Dabei ist der Vorwand, die Vermögensteuer schöpfe nur eine erhöhte steuerliche Leistungsfähigkeit ab, schlichtweg unzutreffend. Die oberen 50 Prozent der Steuerpflichtigen tragen bereits 91 Prozent zum Aufkommen der Einkommensteuer bei, von den oberen 10 Prozent wird über deutlich die Hälfte erbracht. Die Abschaffung der Vermögensteuer führte auch keineswegs zu Steuerausfällen für die Länder, da deren Mindereinnahmen kompensiert wurden. Eine Wiedereinführung ist eine Steuererhöhung und trägt zur weiteren Verkomplizierung des deutschen Steuerrechts bei.
Für die Bürger hätte die Wiedereinführung der Vermögensteuer schwerwiegende Folgen:
- Die Vermögensteuer erschwert die private Ersparnisbildung. Sie ist eine Strafsteuer, da sie auf schon einmal versteuertes Einkommen erhoben wird. Damit wird die private Altersvorsorge einschließlich der Riester-Rente erheblich belastet. Ihre Wiedereinführung würde die Kapitalmärkte erneut verunsichern und zur weiteren Kapitalflucht beitragen.
- Die Belastung des Einkommens, auch die des aus Grund- oder Kapitalvermögens, muss "in der Nähe" einer hälftigen Teilung liegen. Bei einem unterstellten Ertrag von 5 Prozent nimmt ein Vermögensteuersatz von 1 Prozent bereits 20 Prozent der Erträge in Anspruch. Dazu kommt noch die Versteuerung dieser Kapitalerträge mit dem individuellen Einkommensteuersatz. Der Halbteilungsgrundsatz, der zur Aussetzung der Vermögensteuer führte, wird noch immer weit verfehlt.
- Das Immobilienvermögen muss zeitnäher und realistischer bewertet werden. Dann würden auch durchschnittliche Einfamilienhäuser von der Vermögensteuer betroffen sein. Die von der SPD angekündigte Befreiung kleinerer Vermögen wäre eine erneute Täuschung.
- Die Erhebung der Vermögensteuer auf Privatvermögen lässt sich nicht gleichmäßig gestalten. Die Finanzbehörden sind, jedenfalls mit verhältnismäßigen Mitteln, nicht in der Lage, für eine gleichmäßige Vermögenserfassung des Privatvermögens zu sorgen: So können etwa die in der Privatsphäre aufbewahrten Wertsachen nur bei strafrechtlichen Durchsuchungen erfasst werden. Die Verschaffung von Vermögen ins Ausland bleibt weithin möglich. Die Finanzgerichte werden nicht bereit sein, eine solch ungleichmäßige Besteuerung hinzunehmen. Die Vorlage des Bundesfinanzhofes an das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Spekulationssteuer hat das eindrucksvoll gezeigt.
Für die Unternehmen wird die Refinanzierung ihrer betrieblichen Investitionen weiter erschwert, insbesondere mittelständische Betriebe und junge Unternehmen werden erheblich geschwächt:
- Die Vermögensteuer ist eine Substanzsteuer, die die Eigenkapitalbasis der Unternehmen belastet. Sie ist auch dann zu zahlen, wenn Betriebe Verluste machen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist aber gerade diese Situation verfassungswidrig, weil die Vermögensteuer als Soll-Ertragsteuer konzipiert ist und damit aus den Erträgen des Vermögens aufzubringen sein muss.
- Eine Vermögensteuer auf Betriebsvermögen ist nicht sachgerecht, da die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens sich nur am Gewinn oder Ist-Ertrag messen lässt und nicht am Betriebsvermögen. Eine Vermögensteuer auf Unternehmensvermögen als Soll-Ertragsteuer verfehlt die wirkliche Leistungsfähigkeit umso mehr, je mehr der Soll-Ertrag vom Ist-Ertrag abweicht. Eine Soll-Ertragsteuer mag zur Planwirtschaft passen, zur Marktwirtschaft passt sie nicht. Eine Vermögensteuer auf das Betriebsvermögen von Kapitalgesellschaften führt zu einer Doppelbelastung durch die Besteuerung beim Unternehmen sowie beim Anteilseigner.
- Die Vermögensteuer nach deutschem Zuschnitt stellt eine Ausnahme im internationalen Vergleich dar. Soweit in den wichtigen Industrieländern überhaupt eine Vermögensteuer erhoben wird, ist die Belastung wegen sehr hoher Freibeträge, niedriger Sätze oder der Befreiung bestimmter Vermögensarten, insbesondere von Betriebsvermögen deutlich niedriger. Für die deutschen Unternehmen wäre die Wiedereinführung der Vermögensteuer ein weiterer beschwerender Faktor im internationalen Wettbewerb.
- Die Erhebungskosten der Vermögensteuer stehen in keinem Verhältnis zu ihrem Ertrag. Bereits in den letzten Jahren der Erhebung betrugen diese bis zu 33 Prozent der Einnahmen (zum Vergleich: die Vollzugskosten der Lohnsteuer betrugen 6,2 Prozent, die der Einkommensteuer ca. 9 Prozent und die der Körperschaftsteuer ca. 4,2 Prozent). Die zukünftigen Erhebungskosten sind noch höher zu veranschlagen, wenn eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende, realitätsnähere Bewertung des Grundbesitzes erfolgen würde. In den neuen Bundesländern müssten mit immensem Aufwand zunächst umfassend Einheitswerte festgestellt werden. Eine Vermögensteuer, die Betriebsvermögen ausnimmt und ausschließlich sehr große private Vermögen betrifft, wird kaum zu nennenswerten Netto-Erträgen führen.
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