SOLMS-Gastbeitrag: Her mit dem Klimakonsens
Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Hermann Otto Solms schrieb für die „Wetzlarer Neue Zeitung“ (Montag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Es ist ein Jahr her, dass die Klima-Aktivistin Greta Thunberg erstmals zum Schulstreik aufrief und vor dem schwedischen Parlament demonstrierte. Inzwischen ist durch die von ihr inspirierte, international aktive „Fridays For Future“-Bewegung eine ungeheure Dynamik in die Diskussion um den Klimaschutz geraten, und der Druck, endlich zu handeln, ist groß.
Es gibt zahlreiche Vorschläge, wie das Klima zu retten ist. Viele sind leider praxisfremd, widersprüchlich und auch immer wieder von Partei- und Partikularinteressen geleitet. Doch wie können wir den gordischen Knoten durchschlagen? Wir brauchen ein glaubwürdigeres Gesamtkonzept. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp- Karrenbauer hat jüngst einen nationalen Klimakonsens gefordert und dazu alle Parteien eingeladen, die Regierungsverantwortung in Bund oder Ländern tragen. Diesem Vorschlag hat Christian Lindner für die FDP bereits zugestimmt.
Auch ich halte dies für richtig. Die Politik muss schnell gemeinsame Positionen finden, damit wir uns wieder anderen Fragen widmen können. Denn solange bei diesem Megathema keine Einigung besteht, bleiben Wirtschaft, Bürokratieabbau und Bildungspolitik auf der Strecke. Wichtige Voraussetzung für einen nationalen Klimakonsens ist allerdings, dass alle Beteiligten ihre einseitigen Interessen hintanstellen. Wir dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Wir müssen raus aus dem Kleinklein in der Klimadebatte. Hier eine Steuer, da eine Subvention: In Deutschland gibt es lauter Förderprogramme für ein Sammelsurium an Einzelmaßnahmen, und trotzdem erreichen wir damit nicht unser Ziel, den Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) zu verringern.
Ein Beispiel hierfür ist die nun geforderte Steuer auf Flugbenzin. Wir haben bereits eine Flugverkehrsabgabe, die aber umweltpolitisch nichts gebracht hat. Glaubwürdige Ergebnisse, kluge Kompromisse müssen her. Keine reine Verbots- und Verzichtspolitik, sondern klare Ziele und Ablaufpläne, vor allem aber Lösungsansätze, die unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung von Experten aus den einschlägigen Fachbereichen ausgearbeitet werden müssen.
Aus dem nationalen Klimakonsens darf kein „simpler“ runder Tisch werden, der Handeln vortäuscht und nur der medialen Aufmerksamkeit dient. Was bedeutet das gerade für uns Politiker? Wir brauchen weniger ideologische Grabenkämpfe als problemorientierte und innovative Lösungen. Daran mangelt es aktuell. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern beweisen, dass wir ernsthaft bereit sind, Lösungen für die Probleme der Zukunft zu finden; dass wir die unterschiedlichen Sorgen und Nöten der Menschen ernst nehmen, ihnen auf Augenhöhe begegnen und ihnen Orientierung geben; dass wir lebendig, lebensnah und auch kontrovers debattieren, aus den Differenzen aber keine Unversöhnlichkeit entsteht.
Egal, was man von der Inszenierung von Greta Thunberg hält, man muss neidlos anerkennen, dass die Schülerin allein mit ihrer ernsthaften, aufrichtigen Beharrlichkeit vieles erreicht hat. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Eine Zukunft wird es nur geben, wenn wir so viele Menschen wie möglich dabei mitnehmen, das Klima zu schützen. Auch diejenigen, deren Ängste ganz andere, deswegen aber nicht weniger real sind.