02.03.2015FDPSteuern

SOLMS-Gastbeitrag: Getarnte Vermögensteuer

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied DR. HERMANN OTTO SOLMS schrieb für das „Handelsblatt“ (Montag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Die CDU hat im Wahlkampf jede Steuererhöhung abgelehnt. Dieses Versprechen hat sie nun schon zweimal gebrochen. Steuerlüge Nummer eins: Sie hat die kalte Progression nicht abgebaut. Steuerlüge Nummer zwei: Sie will den auslaufenden Solidaritätszuschlag beibehalten. Jetzt kommt Steuerlüge Nummer drei. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schlägt drastische Erhöhungen bei der Erbschaftsteuer, verbunden mit einer Versteuerung der Privatvermögen, und damit eine getarnte Vermögensteuer vor.

Konkret plant er, das im Betrieb gebundene Vermögen über 20 Millionen Euro drastisch höher zu besteuern. Zudem will Schäuble das Privatvermögen der Erben in eine Bedürfnisprüfung einbeziehen. Und das kommt einer Wiedereinführung der Vermögensteuer für Eigentümer von mittelständischen Unternehmen gleich. Genau das hatte die CDU aber ausdrücklich ausgeschlossen.

Selbst das Bundesverfassungsgericht hat als Obergrenze für eine Bedürfnisprüfung einen Betrag von 100 Millionen Euro vorgeschlagen. Dieser Betrag dürfte aufgrund des Preisindexes inzwischen sogar noch weiter angewachsen sein. Wie man unter diesen Voraussetzungen auf eine Obergrenze von 20 Millionen Euro kommen kann, ist absolut schleierhaft.

Aussagen aus dem Finanzministerium, dass 98 Prozent der Unternehmen von der Bedürfnisprüfung mit einer Obergrenze von 20 Millionen Euro nicht betroffen seien, kann man nur entgegnen: Es kommt nicht auf die Anzahl der Unternehmen an, sondern auf ihren Beitrag an Umsatz, Beschäftigung und Wertschöpfung für die deutsche Volkswirtschaft. Laut Statistischem Bundesamt dürften mehr als 10 000 Unternehmen einen Jahresumsatz von mehr als 38 Millionen Euro erzielen, damit also einen Unternehmenswert von mehr als 20 Millionen Euro aufweisen, und wären von einer Bedürfnisprüfung betroffen.

Steuervergünstigungen will Schäuble künftig nur noch für das „betriebsnotwendige Betriebsvermögen“ geben. Doch wie definiert man dieses? Denn was betriebsnotwendig für das einzelne Unternehmen ist, hängt vom individuellen Geschäftsmodell ab. Und wer legt fest, was betriebsnotwendiges und nicht betriebsnotwendiges Betriebsvermögen ist? Eine so erhebliche Frage darf nicht im Ermessen des einzelnen Finanzbeamten vor Ort liegen. Es sollte bei der heutigen Unterscheidung zwischen produktivem Betriebsvermögen und Verwaltungsvermögen bleiben.

Was wir unter diesen Umständen bräuchten, wäre eine Reinvestitionsklausel, um gegebenenfalls die Mehrbelastungen für große Familienunternehmen abzufedern. Wenn die ermittelte Erbschaftsteuer innerhalb von zwei Jahren nach Übertragung in produktives Betriebsvermögen – also Maschinen, Arbeitsplätze, Forschung und Entwicklung etc. – investiert wird, entfällt die Zahlung an den Fiskus. Dieser Ansatz dient der Sicherung der Arbeitsplätze gerade der großen Familienunternehmen. Sie stehen im internationalen Wettbewerb mit Konzernen, die keiner Erbschaftsteuerbelastung unterliegen. Aber ein solch kreativer Vorschlag, der den spezifischen Bedürfnissen der Familienunternehmen Rechnung trägt, ist aus den Reihen der Großen Koalition nicht zu hören.

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