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Schäubles Reformkonzept ist vertane Chance

Hermann Otto SolmsHermann Otto Solms übt Kritik an der geplanten Reform der Erbschaftsteuer
24.09.2015

Die Erbschaftsteuer wird einer Reform unterzogen. FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms wirft dem CDU-Finanzminister vor, eine sinnvolle Neugestaltung zu verhindern. "Denkt man an die Bedeutung von Familienunternehmen für die Stabilität der deutschen Wirtschaft, dann ist eine Verschonung im Erbgang volkswirtschaftlich geboten. Dem wird die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagene Erbschaftsteuerreform in keiner Weise gerecht", kritisiert Solms im "Handelsblatt"-Gastbeitrag.

Auch innerhalb der eigenen Partei herrscht Streit über Schäubles neues Erbschaftsteuergesetz. Wesentliche Kritikpunkte sind die Frage der Verfassungskonformität sowie der Existenzdruck für Familienunternehmer. Dabei hätte die Politik die Gelegenheit nutzen können, einen der verschiedenen Vorschläge zur innovativen Neugestaltung umzusetzen, gibt Solms zu bedenken.

Zu den möglichen Alternativen zählten unter anderem die Abschaffung der Erbschaftsteuer und an ihrer Stelle eine maßvolle Anhebung der Ertragsteuern. Auch die Umwandlung der Erbschaftsteuer in eine echte Landessteuer stellt Solms als Vorschlag in den Raum. Die Abschaffung aller Ausnahmen zugunsten eines einheitlichen, niedrigen Steuersatzes wäre eine dritte Variante, so der FDP-Finanzexperte. Oder aber auch: "Die Zahlung an den Fiskus entfällt, wenn Unternehmen die ermittelte Erbschaftsteuer in gleichem Volumen in den nächsten Jahren in produktives Betriebsvermögen investieren – etwa in Anlagen. Dieser Ansatz hilft, Arbeitsplätze zu sichern."

Am 24. September diskutiert Solms die Reform der Erbschaftsteuer in Berlin mit zahlreichen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Alle Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.

Nach der gewonnenen Bundestagswahl 2009 nahm die Regierung Sofortmaßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise und für Wachstum und Beschäftigung vor. Dazu gehörte auch, die Unternehmensnachfolge zu erleichtern und zu flexibilisieren. Ziel war: die Beschäftigung über den Erbgang hinweg zu sichern. Das hat dazu beigetragen, dass mittelständische Familienunternehmen selbst in der Krise die Zahl ihrer Arbeitsplätze ausweiten konnten, während sie im gleichen Zeitraum bei Dax-Unternehmen gesunken ist. Damit ist durch die Praxis bestätigt: Die Erleichterung bei der Erbschaftsteuer war eine kluge Entscheidung für die Volkswirtschaft.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht in der Begünstigung des Betriebsvermögens im Erbgang eine Verletzung des Gleichheitsgebots des Grundgesetzes gesehen. Eine Einschätzung, die ich nicht teile, aber zu respektieren habe. Der Gleichheitsgrundsatz sagt: Gleiches soll gleich behandelt werden. Das Betriebsvermögen ist ein im Unternehmen gebundenes Vermögen und deshalb mit anderem Vermögen nicht vergleichbar. Denkt man an die Bedeutung von Familienunternehmen für die Stabilität der deutschen Wirtschaft, dann ist eine Verschonung im Erbgang volkswirtschaftlich geboten. Dem wird die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagene Erbschaftsteuerreform in keiner Weise gerecht.

Mit Schäubles Plan ist es nicht getan

Man hätte die Gelegenheit nutzen und eine Neugestaltung vornehmen können. Dazu gibt es verschiedene, diskutable Vorschläge.

1. Abschaffung der Erbschaftsteuer, stattdessen eine maßvolle Anhebung der Ertragsteuern: Das würde dem Problem gerecht, dass die Erbschaftsteuer extrem verwaltungsaufwendig ist, weil sie mit komplizierten und höchst streitanfälligen Bewertungsfragen bei den einzelnen Vermögensgegenständen verbunden ist. Übrigens würde dann auch der Wettbewerbsnachteil mit Nachbarstaaten, die keine Erbschaftsteuer erheben, entfallen.

2. Umwandlung der Erbschaftsteuer in eine echte Landessteuer: Die Länder als Empfänger des Steueraufkommens erhalten die Gesetzgebungshoheit. Es bleibt jedem Land überlassen, ob und in welcher Höhe es Erbschaftsteuer erhebt. Das würde zu einem nützlichen Steuerwettbewerb unter den Ländern führen.

3. Abschaffung aller Ausnahmen zugunsten eines einheitlichen, niedrigen Steuersatzes: Dies hätte aber den Nachteil, dass die Anforderungen an die Steuerverwaltung stark wachsen würden.

4. Investitionsrücklagen: Die Zahlung an den Fiskus entfällt, wenn Unternehmen die ermittelte Erbschaftsteuer in gleichem Volumen in den nächsten Jahren in produktives Betriebsvermögen investieren - etwa in Anlagen. Dieser Ansatz hilft, Arbeitsplätze zu sichern. Er würde die Einwände des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen, aber zugleich keinen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten. Denn so würden 100 Prozent der ermittelten Steuerschuld investiert werden, während der Staat nur zehn Prozent seiner Steuereinnahmen investiert.

All diese Vorschläge scheitern aber an Schäubles Vorgabe einer minimalinvasiven Änderung. Eine solche Einschränkung durch einen Minister sollte sich ein souveräner Gesetzgeber nicht gefallen lassen.

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