FDP-FraktionFinanzpolitik

Runder Tisch zur Zukunft des Ratingsektors

Rainer BrüderleRainer Brüderle
22.04.2013

Erstmals haben internationale Experten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung am Montag aktuelle Fragen und Herausforderungen des Ratingsektors im Berliner Reichstag diskutiert. Dabei ging es um die praktische Erfahrung mit zahlreichen internationalen Regulierungsansätzen, die Erwartungen an die Qualität von Ratings seitens der Kunden und Investoren sowie die Entwicklung der Nachfrage und des Wettbewerbs im Ratingsektor insgesamt.

Initiiert wurde die Konferenz von Björn Sänger, dem für Fragen der Finanzmarktregulierung einschließlich Ratingagenturen zuständigen Finanzexperten der FDP-Fraktion.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Liberalen es sich seit Regierungsantritt zum übergeordneten Ziel gemacht hätten, den Finanzsektor in Deutschland und Europa dauerhaft krisenresistent und international wettbewerbsfähig zu machen.

Brüderle: Dauerlösungen für die Sanierung der Finanzmärkte

Das Thema Ratings und die Rolle der Agenturen, die jene Bewertungen als Dienstleistung für potentielle Investoren anbieten, sei mit Blick auf die Finanzkrise und der europäischen Schuldenkrise „brandaktuell“, unterstrich der FDP-Fraktionsvorsitzende. Vor dem Hintergrund der Auswirkungen, die Ratings inzwischen auf die Finanzmärkte haben können, müsse auch das Thema der Haftung für Fehlbewertungen oder bewusste Manipulation diskutiert werden. Es könne nicht sein, dass letztlich nur die Steuerzahler für Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten gerade stünden, stellte Brüderle klar.

Wissing: Mehr Wettbewerb kann nicht herbeireguliert werden

„Beim Rating geht es um die verlässliche Lagebewertung“, fügte FDP-Fraktionsvize und Sprecher für Finanzpolitik, Dr. Volker Wissing, dem hinzu. Genau dies sei aber in den Krisen der vergangenen Jahre nicht geleistet worden. Für Wissing ist der Mangel an Wettbewerb in der Branche - drei angelsächsische Agenturen dominieren etwa 90 Prozent des Marktes - eines der Hauptdefizite in dem Sektor. Mehr Ratingagenturen müsste der Marktzugang ermöglicht werden, forderte er. Die FDP-Fraktion sei bereit, „dicke Bretter zu bohren“. Klar sei aber auch, dass „mehr Wettbewerb nicht herbeireguliert werden“ könne, so der FDP-Finanzpolitiker. Deswegen erwarte er gespannt auf Konzepte und Initiativen zu mehr Wettbewerb seitens der Branchenvertreter und an Ratings interessierten Unternehmen, die so zahlreich für den Runden Tisch nach Berlin gekommen seien.

In der anschließenden vierstündigen Diskussion, die vom Ratingexperten und Berater Oliver Everling sowie Björn Sänger geleitet wurde, behandelten die Experten die Themenblöcke „Auswirkung von Regulierung“ und „Qualität externer Ratings“ eingehend. Hierbei kamen zunächst Experten aus der Finanzwirtschaft und Politik mit Impulsreferaten zu Wort. Insbesondere auch die Teilnehmer von Agenturen aus China, Indien, Russland, den USA, Spanien, Italien und UK sorgten für einen internationalen Blickwinkel.

Hainsworth: Andere Länder, andere Ratings

Die Idee zum „Berlin International Rating Roundtable“, so Richard Hainsworth von RUS-Rating in seinem Impulsreferat, sei ihm und Sänger gekommen, weil es zwar in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Player in der Rating-Branche auf den internationalen Märkten, jedoch bislang noch kein Forum für den Austausch miteinander gebe. Diesen Dialog gelte es zu fördern, denn Rating sei keine Wissenschaft, sondern ein Prozess zur Auswertung von Statistiken und der darauf basierenden Definition von Risiken, die auf viele unterschiedliche Wege interpretiert werden könnten. Internationale Märkte erforderten auch bei Ratingfragen eine internationale Abstimmung, auch zwischen den Regulierern und den zuständigen Aufsichtsbehörden. Mehr Wettbewerb durch global aufgestellte, nicht von bestimmten Staaten abhängige Wettwerber wäre wichtig.

Klinz: Die Politik musste handeln

Dr. Wolf Klinz, FDP-Wirtschafts- und Finanzexperte der FDP im Europaparlament, bedauerte es, dass die Schaffung einer unabhängigen Europäischen Ratingstiftung aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten bislang noch nicht gelungen sei.

Er machte deutlich, dass die großen Ratingagenturen in den Krisen der vergangenen Jahre eine „verhängnisvolle Rolle“ gespielt hätten und ein bedeutender Machtfaktor in der Finanzwelt geworden seien. Deshalb habe die Politik handeln müssen und Regulierungen auf den Weg gebracht. Im Wettbewerb komme es auf Qualität und Kompetenz an, nicht auf die Größe der Anbieter. Hier verdienten auch kleinere Anbieter eine Chance.

Santella: Mit Transparenz Manipulation verhindern

aolo Santella von der European Securities and Markets Authority (ESMA) berichtete von der praktischen Umsetzung der EU-Regulierung von Ratings. Die unabhängige Institution hat sich vor allem die Schaffung von mehr Transparenz in der Rating-Analyse zur Aufgabe gemacht, um Manipulation zu verhindern. Hierzu seien auch zwei Internetplattformen geplant, die Investoren zum einen mit Fakten versorgen, zum anderen einen Vergleich von unterschiedlichen Rating-Urteilen bieten sollen.

Gäste aus aller Welt brachten ihre Expertise ein Nachdem Thomas Missong von Europea Association of Credit Rating Agencies (EACRA) über die Probleme der inzwischen 19 europäischen Ratingagenturen am Markt berichtet hatte, begann eine angeregte Diskussion über die Ausweitung des Wettbewerbs zwischen Ratingagenturen, die Wirkung der politischen Maßnahmen, die Aufsicht von Ratingagenturen, internationale Kooperationen, die Qualität von Ratingmethoden und deren Vergleichbarkeit.

Mit den Reden des Parlamentarischen Staatssekretären Hans-Joachim Otto (FDP) und Hartmut Koschyk (CSU) rundeten das Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium die Diskussion ab.

Ergebnisse des 1. Berlin International Rating Roundtable

Björn Sänger fasste die wichtigsten Punkte abschließend in 15 Thesen zusammen. Die Diskussion und die zahlreichen weit gereisten Teilnehmer und Branchenvertreter wertete Sänger als Zeichen dafür, dass das Interesse an einer Fortführung des „Berlin International Rating Roundtable“ besteht. Der FDP-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass dieses Forum auch im kommenden Jahr wieder stattfinden werde.

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