RÜLKE-Interview: Die FDP ist eine Klimaschutzpartei
FDP-Präsidiumsmitglied und Sprecher der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz Hans-Ulrich Rülke gab dem „Mannheimer Morgen“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Karsten Kammholz und Marco Pecht.
Frage: Herr Rülke, mit wem gehen Sie lieber einen Wein trinken? Mit dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann oder mit seiner Herausforderin Susanne Eisenmann von der CDU?
Rülke: Also ich hätte nichts dagegen, wenn wir uns zu dritt zusammensetzen.
Frage: Präferenzen haben Sie keine?
Rülke: Beim Weintrinken habe ich da keine Präferenzen. Aber Sie möchten natürlich wissen, wen ich lieber als Ministerpräsidenten hätte. Das mache ich nicht an Personen fest. Wir sind alle professionell genug, um gegebenenfalls persönliche Animositäten hinten anzustellen. Wir müssen es an den Inhalten festmachen und darüber vermutlich nach der Wahl reden.
Frage: Wer steht Ihnen denn programmatisch näher?
Rülke: Inhaltlich bin ich näher bei Susanne Eisenmann. Als Ministerin ist sie zurzeit für das Bildungsressort zuständig und da gibt es aus meiner Sicht mehr Überschneidungen zwischen den Vorstellungen der FDP und der CDU.
Frage: Ihr Landesparteichef Michael Theurer sagt aber, dass er sich eine grün-gelbe Koalition nach der Wahl 2021 gut vorstellen kann.
Rülke: Das ist ja kein Widerspruch. Er hat keine Koalitionsaussage gemacht. Er hat deutlich gemacht: Wenn nach der Wahl die politische Lage entsprechend ist, schließen wir Gespräche mit den Grünen auf Basis unseres Programms nicht aus.
Frage: Aber 2016 habe Sie es noch ausgeschlossen. Da wäre ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP möglich gewesen.
Rülke: Wir haben auch 2016 mit den Grünen geredet. Aber Herr Kretschmann hat erklärt, dass eine Partei, die fünf Prozent der Wählerstimmen hat, sich nicht einbilden darf, die Politik zu bestimmen. Da war für mich klar, dass ich keine Koalition mit ihm mache. Inzwischen ist Winfried Kretschmann an diesem Punkt etwas zurückhaltender.
Frage: An welchen Punkten ist eine Zusammenarbeit gescheitert?
Rülke: Damals ging es um die Abschaffung des Bildungszeitgesetzes, eine Milliarde Euro für den Ausbau der Infrastruktur und das Ende der Privilegierung der Gemeinschaftsschule. Heute geht es auch um die von den Grünen forcierte Privilegierung der batterie-elektrischen Mobilität. Diese kostet in Baden-Württemberg Arbeitsplätze, ist umweltfeindlich und schadet der individuellen Mobilität. Das werden wir nicht unterstützen.
Frage: Das heißt, Sie wollen keinen Ausbau der Elektromobilität. Stattdessen was?
Rülke: Wir wollen synthetische Kraftstoffe und die Förderung der Wasserstofftechnologie mit der Brennstoffzelle. Damit können sie die Technologie des Verbrennungsmotors erhalten und der ist umweltfreundlicher als die Batterie und sichert im Südwesten die Arbeitsplätze.
Frage: Die Grünen profitieren massiv von der „Friday for Future“-Bewegung und dem Mega-Thema Klimaschutz. Muss die FDP auch eine Klimaschutzpartei werden?
Rülke: Das sind wir ja. Wenn ich sage, wir setzen bei der Mobilitätswende auf Wasserstoff und nicht auf die Batterie sind wir Liberalen deutlich ökologischer als die Grünen, denn die Batterie ist eine umweltfeindliche Technologie.
Frage: In dieser Woche haben Bundestagsabgeordnete aus Union und FDP ein Papier veröffentlicht, in dem sie die Klimaschutzpläne der Regierung massiv kritisieren. Darin wird eine Abkehr vom Atom- und Kohleausstieg gefordert. Wie stehen Sie dazu?
Rülke: Wir können jetzt nicht den Ausstieg aus der Kernenergie wieder rückgängig machen. Die Dinge sind so weit vorangeschritten, dass wir jetzt nicht einfach sagen könnten: Wir lassen Philippsburg II jetzt wieder hochfahren. Aber wir lügen uns in die Tasche, wenn wir aus der Kernenergie aussteigen, dann aber Atomstrom aus Frankreich importieren. Aus der Kohle auszusteigen und Energie aus polnischen Kohlekraftwerken einzukaufen, ist genauso unglaubwürdig. Damit hilft man dem Klima nicht.
Frage: Der Atomausstieg ist für Sie also ein Faktum. Der Ausstieg aus der Kohleenergie aber nicht?
Rülke: Hinter den Kohleausstieg muss ich ein Fragezeichen machen, weil wir einfach Energie brauchen. Wenn der Ausstieg aus der Kernenergie ein Faktum ist, kann ich nicht sagen: Wir steigen einfach aus der Kohle aus – ohne zu beantworten, wo der Strom herkommt. Und die Antwort aus polnischen Braunkohlekraftwerken ist keine. Und weil es in Baden-Württemberg zu wenig Wind gibt, ist die Windkraft auch keine Lösung. Darum müssen vor dem Kohleausstieg die Fragen zu einer neuen Energiestruktur mit Netzausbau, Energieeffizienz, Speichertechnologien und Wasserstoff als alternativer Energiequelle gelöst werden.