22.11.2012FDP

RÖSLER-Interview für die "Super-Illu"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Super-Illu" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte THILO BOSS:

Frage: Die Strompreise explodieren. Der Staat verdient kräftig mit. Steuern und Abgaben machen inzwischen fast 50 Prozent der Kosten aus. Wann steuert die Regierung gegen?

RÖSLER: Das machen wir bereits. Ein Gesetz zur Entlastung der Mitte liegt längst im Bundesrat. Hier sollten die Länder endlich Farbe bekennen und zustimmen. Gehaltserhöhungen sollen schließlich bei den Menschen im Geldbeutel landen und nicht von der Inflation wieder aufgefressen werden. Zudem schaffen wir die Praxisgebühr endlich ab. Von dieser Entlastung haben die Menschen schon ab 1. Januar 2013 etwas.

Frage: Doch die steigenden Strompreise…

RÖSLER: … werden vor allem durch die Förderung für Erneuerbare Energien in die Höhe getrieben. Beim jetzigen Fördersystem gibt es zu viel Planwirtschaft, da muss mehr Marktwirtschaft rein. Und zwar schnell. Deshalb kämpfe ich ja gegen alle Widerstände für eine zügige Reform. Nur ein Beispiel: Wer heute Strom aus einer Solar- oder Windkraftanlage produziert, bekommt sogar dann Geld, also die so genannte EEG-Vergütung, wenn der in seiner Anlage erzeugte Strom wegen Netzengpässen gar nicht abgenommen werden kann. Die Stromverbraucher zahlen damit also für Strom, der gar nicht fließt. Das ist teuer und nicht effizient.

Frage: Was wollen Sie ändern?

RÖSLER: Bis zum Jahr 2020 wollen wir in Deutschland 35 Prozent unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien decken. Ob dieser Strom aber in Photovoltaik-, Biomasse- oder Windkraftanlagen produziert wird, sollte nicht der Staat entscheiden, sondern der Markt. Wenn nämlich zum Beispiel Solarstrom im echten Wettbewerb mit Windstrom stünde, dann würde das den technischen Fortschritt in diesem Bereich fördern und damit Kosten senken.

Frage: Den Menschen laufen jetzt die Kosten davon.

RÖSLER: Stimmt. Genau deshalb müssen wir ja auch schnell handeln und das teuere Fördersystem für Erneuerbare Energien radikal ändern. Ich werde alles dafür tun, dass wir das noch vor der nächsten Bundestagswahl machen. Die FDP hatte vorgeschlagen, die Stromsteuer kostenneutral für die Menschen zu senken. Diese Lösung verhindert bisher die Union.

Frage: Welche Rolle spielt die Energiewende für die FDP im Bundestagswahlkampf?

RÖSLER: Sie wird wohl eines der zentralen Themen sein. Schließlich braucht jeder von uns täglich Strom, ob nun für die Wohnung zuhause oder für den Betrieb. Der muss zuverlässig und zu bezahlbaren Preisen fließen. Dafür müssen wir kämpfen. Das hilft auch unserer deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb, damit sie Arbeitsplätze sichern und neue schaffen kann.

Frage: Die Grünen kritisieren, zu viele Firmen seien von der EEG-Umlage befreit und dadurch werde der Preis getrieben.

RÖSLER: Selbst wenn alle Betriebe, die derzeit entlastet sind, die Ökostromumlage voll zahlen müssten, wäre der Preis pro Kilowattstunde nur um einen einzigen Cent günstiger. Aber gerade dieser Cent ist es wirklich wert. Es geht hier, allein bei energieintensiven Unternehmen, um über 850.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Diese Branchen, wie Stahl, Aluminium oder Chemische Industrie, sind sehr wichtig, schließlich ist Deutschland ein Industriestandort und eine erfolgreiche Exportnation. Wir brauchen diese Branchen außerdem dringend zur Umsetzung der Energiewende - denn Windräder beispielsweise bestehen nun mal aus Stahl.

Frage: Energiekommissar Günther Oettinger will die Ökostromförderung in der EU harmonisieren. Was halten Sie davon?

RÖSLER: Ich stimme Günther Oettinger zu. Ein europaweit abgestimmtes Handeln im Rahmen der Energiepolitik und der Förderung der Erneuerbaren Energien würde uns weiter bringen. Unser aller Ziel muss es sein, durch stärkere Zusammenarbeit in Europa und zwischen den Mitgliedstaaten mehr Kosteneffizienz zu erreichen. Das gilt auch für Deutschland. Wir haben 16 Bundesländer mit unterschiedlichen Interessen und Ausbauzielen für Erneuerbare Energien. Auch hier brauchen wir eine bessere Zusammenarbeit.

Frage: Stichwort Versorgungssicherheit. Drohen Deutschland flächendeckende Blackouts?

RÖSLER: Wir brauchen einen stabilen Energiemix, also Erneuerbare Energien, genauso wie herkömmlich produzierte Energien. Ich bekenne mich deshalb ausdrücklich auch zu Gas- und Braunkohlekraftwerken. Wir brauchen sie für eine zuverlässige Stromversorgung, für die Sicherung der so genannten Grundlast. Die Versorgungssituation ist angespannt aber beherrschbar. Was wir tun können, haben wir getan. So haben wir gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, um Verbraucher und Unternehmen vor der Gefahr eines Stromausfalls zu schützen.

Frage: Reichen die Netze aus?

RÖSLER: Wir alle wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch der durch Sonne, Wind und Biomasse erzeugte Strom muss auch zum Verbraucher kommen. Deshalb ist der Netzausbau für eine erfolgreiche Energiewende so wichtig. Der Bund macht hier seine Hausaufgaben. Das so genannte Bundesbedarfsplangesetz kommt noch in diesem Jahr. Es ist die Grundlage für die neuen länderübergreifenden Stromautobahnen. Auch die Länder müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. Vor allem bei der Stromtrasse durch Thüringen muss es voran gehen.

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