24.08.2013FDPDatenschutz

RÖSLER-Interview für die "Nordwest-Zeitung"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab der "Nordwest-Zeitung" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ROLF SEELHEIM: Frage: Bei der Energiewende erleben wir ein Chaos, gerade wurde vor Borkum ein Offshore-Windpark ohne Netzanschluss eingeweiht. Ist es sinnvoll, die Zuständigkeit für so ein wichtiges Projekt auf zwei Ministerien aufzuteilen? RÖSLER: Die Probleme von "Riffgat" liegen nicht in der Gesetzgebung. Wenn Munition aus dem Zweiten Weltkrieg die Arbeiten behindert, kann kein Ministerium daran etwas ändern, auch nicht zwei oder drei. Grundsätzlich sind wir beim Netzausbau ein gutes Stück vorangekommen, die ersten Investitionen fließen. Damit geben wir uns natürlich nicht zufrieden. Wir haben das Ziel, die Bau- und Planungszeiten bei den großen Fernübertragungsleitungen von vier auf zehn Jahre zu senken. Und das liegt in der alleinigen Zuständigkeit meines Ministeriums. Deshalb bin ich guter Dinge, dass wir das auch hinbekommen. Frage: Wo muss nachjustiert werden? RÖSLER: Das Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien ist ein planwirtschaftliches Gesetz. Der Strompreis wird festgelegt durch den Gesetzgeber. Das führt zu so absurden Ergebnissen, dass man für Windräder, die irgendwo gebaut werden und keinen Netzanschluss haben, trotzdem für die nächsten 20 Jahre 95 Prozent der üblichen Vergütung erhält. Die FDP hat ein anderes Modell, das die Integration in die Netze und die Speicherbarkeit der Energie mit einfordert. Jede Bundesregierung wird dieses Thema nach der Wahl angehen müssen. Wir sind allerdings die einzigen, die ein vernünftiges Konzept dafür vorgelegt haben. Frage: Und Sie meinen, das könnten Sie in einer Koalition mit der CDU/CSU durchsetzen? RÖSLER: Wir sehen uns bei diesem Thema als Motor. Die Union will das Gesetz weiterentwickeln - was immer das heißt. Wir wollen eine grundlegende Reform, wir wollen wieder Wettbewerb schaffen. Insofern haben wir gute Argumente, da l wir mit einem ausgereiften Konzept in die Gespräche gehen können. Frage: Das Internet ist offenbar so offen wir eine Postkarte. Jeder kann ausgespäht werden, auch die heimische Wirtschaft. Kann eine Regierung dagegen überhaupt irgendetwas tun, außer zu warnen? RÖSLER: Deutschlands Unternehmen sind sehr innovativ, wir haben mehr als 1500 Weltmarktführer und viele andere leistungsstarke mittelständische Unternehmen. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten bei Wirtschaftsspionen. Deswegen muss man bei allen Entwicklungen den Schutz des geistigen Eigentums immer mit bedenken. Wir stehen da erst am Anfang, denn wir sind bei der IT-Sicherheit von Software und Hardware abhängig, die gar nicht in Deutschland produziert werden. Diese Bereiche der digitalen Wirtschaft müssen wir stärken, zum Nutzen der gesamten Volkswirtschaft. Unser Ziel sollte es sein, vorne mitzuspielen, besonders bei Verschlüsselungstechnologien. Frage: Wie kommt es, dass viele Betriebe das Thema nicht ernst nehmen? Sind wir zu naiv? RÖSLER: Die aktuelle Diskussion erhöht die Sensibilität für das Thema Datensicherheit, insbesondere in den Unternehmen. Wir haben seit mehr als zwei Jahren eine Task Force für IT-Sicherheit. Die hat jetzt einen enormen Zulauf, aber erst seit einem Monat. Bisher haben viele vor allem die Chancen der Digitalisierung gesehen, was ja auch richtig ist. Jetzt sehen wir, dass wir für die Sicherheit mehr tun müssen. Ich wünsche mir auf diesem Gebiet mehr neue Produkte und Dienstleistungen, möglichst auch aus Deutschland. Frage: Die CSU hat eine Autobahn-Maut für ausländische Autofahrer zur Bedingung für eine Wiederauflage der schwarz-gelben Koalition gemacht. Was halten Sie davon? RÖSLER: Der Staat nimmt schon heute mehr Geld im Namen des Verkehrs ein, als er für Infrastruktur ausgibt, etwa über die Mineralölsteuer oder die Lkw-Maut. Dieses Geld sollten wir zunächst einmal für den Zweck ausgeben, für den es gedacht ist, bevor wir über neue Geldquellen nachdenken. Im Übrigen werden in Koalitionsverhandlungen nur solche Themen eine Rolle spielen, die nach europäischem Recht auch umsetzbar sind. Frage: Nach der Wahl wird es vermutlich rasch ein Krisentreffen zum Thema Griechenland geben. Gibt es für Sie rote Linien, die bei der Euro-Rettung nicht überschritten werden dürfen? RÖSLER: Ich glaube nicht, dass es ein Krisentreffen geben muss. Die Reformen in Griechenland beginnen zu greifen, die Lohnstückkosten sinken, die Außenhandelsbilanz steigt, sogar ein ausgeglichener Haushalt rückt in greifbare Nähe - und das unter schwierigsten Bedingungen vor Ort. Zugegeben, es geht langsam voran, aber es geht voran. Frage: Die FDP fordert das pünktliche Auslaufen des Solidaritätszuschlags 2019. Das hören wir nun schon seit vielen Jahren. Was, wenn die Kanzlerin sich weiter taub stellt? RÖSLER: Es geht hier nicht um ein neues Wahlversprechen der FDP, sondern um die Einlösung eines Versprechens von Helmut Kohl. 1991 hat man den Soli eingeführt, um die Wiedervereinigung zu finanzieren, und zwar befristet. Niemand hätte Verständnis dafür, wenn dieses Versprechen jetzt gebrochen würde, zumal bei der aktuellen Haushaltslage. Frage: Machen Sie die Abschaffung zu einer Bedingung für die Fortsetzung der Koalition? RÖSLER: Anders als andere Parteien stellen wir keine Vorbedingungen für Koalitionsverhandlungen. Erst einmal entscheidet der Wähler, ob wir überhaupt Koalitionsverhandlungen führen. Und wenn ja, haben wir eine klare Position, die wir vertreten werden. Frage: Hat der Wähler nicht ein Recht darauf, zu erfahren, welche Positionen für Sie nicht verhandelbar sind? RÖSLER: Wir sagen klar, was wir vorhaben und wofür wir stehen: für solide Haushalte und für Entlastungen statt neuer Belastungen. Und je besser unser Wahlergebnis wird, desto leichter wird es, dies auch durchzusetzen. Frage: Was passiert, wenn es am 22. September für Schwarz-Gelb nicht reicht? Bekommen wir dann eine Große Koalition? RÖSLER: Ich sehe eine viel größere Gefahr. Frage: Und die wäre? RÖSLER: Ein rot-grünes Bündnis, toleriert von der Linkspartei. Frage: Die SPD hat Rot/Rot/Grün klar ausgeschlossen. RÖSLER: Parteichef Sigmar Gabriel muss man leider alles zutrauen. Sollte es eine linke Mehrheit geben, wird er sie nutzen. Und das wäre nicht gut für Deutschland. Frage: Sie könnten das verhindern - mit einer Ampelkoalition. RÖSLER: Das schließen wir aus. Es gibt keine inhaltlichen Übereinstimmungen mit SPD und Grünen. Sie stehen für Belastung, wir für Entlastung. Sie wollen Bevormundung, wir eine freie Gesellschaft. Deutschland geht es so gut wie noch nie: die niedrigste Arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten, solide Haushalte. Rot-Grün steht für das genaue Gegenteil. Wir wollen die Fortsetzung von Schwarz-Gelb.

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