12.01.2013FDPEnergiepolitik

Rösler-Interview für die Nordwest-Zeitung

Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Nordwest-Zeitung" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte GUNARS REICHENBACHS:

Frage: Herr Rösler, die Umfragen für die FDP sehen nicht erfreulich aus. Das Dreikönigstreffen sollte die Wende bringen. Warum haben Sie die Chance nicht genutzt?

RÖSLER: Das Dreikönigstreffen hat nicht optimal gezeigt, wofür wir im Wahljahr 2013 stehen. Wenn man so eine Chance nicht nutzt, darf man sich nicht wundern. Umso wichtiger ist es, die nächste Chance, die Niedersachsen-Wahl, zu ergreifen. Da machen uns die Umfragen Mut.

Frage: Wenngleich es eine Zitterpartie bleibt...

RÖSLER: ...aber mit Trend nach oben: Wir liegen jetzt bei fünf Prozent. Noch spannender sieht es bei der Konstellation CDU/FDP gegen Rot/Grün aus mit 45 zu 46 Prozent. So eng war es lange nicht.

Frage: Noch kurz zu Dreikönig: Hat die Parteiregie versagt?

RÖSLER: Wenn alle Redner sich darauf einigen, eine gemeinsame Haltung zu vertreten, dann kann es funktionieren. Wenn nur einer eine andere Botschaft intoniert, dann ist es schwierig. Aber: Entscheidend sind die nächsten Tage und Wochen. Darauf konzentriert sich die Bundespartei.

Frage: Die Wähler goutieren keinen Streit. Wie wollen Sie verhindern, dass bis zur Bundestagswahl dieses Bild haften bleibt?

RÖSLER: In Niedersachsen engagieren wir uns alle im Wahlkampf - und erleben bei den Menschen eine großartige Stimmung. Das wird weiter tragen auch für Bayern und die Bundestagswahl. Denn auch für eine liberale Partei, die vielleicht mehr unterschiedliche Charaktere aufweist als andere, zählt Geschlossenheit.

Frage: Warum haben Sie nicht klar Position bezogen nach dem Auftritt von Dirk Niebel auf Dreikönig?

RÖSLER: Sie haben selbst festgestellt, dass Wähler Streit in Parteien nicht mögen. Da ist ein Parteivorsitzender in einer Wahlkampfphase, wo jeder Fehler doppelt zählt, gut beraten, sich auf Geschlossenheit und Sacharbeit zu konzentrieren. Wir blicken nur auf die Niedersachsen-Wahl.

Frage: Mehr Freude haben Ihnen sicher die Wahlen in NRW und Schleswig-Holstein gemacht...

RÖSLER: Sie haben auch Freude gemacht. Niedersachsen kommt jetzt hinzu!

Frage: Abwarten. Was waren die Gründe für die Erfolge in Düsseldorf und Kiel?

RÖSLER: Ähnlich wie in Niedersachsen deuteten die ersten Umfragen nicht auf das spätere gute Ergebnis. In Schleswig-Holstein ist FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki der bekannteste Politiker. In NRW halfen die Bekanntheit von Christian Lindner und der Kontrast zum Spitzenkandidaten der Union, Norbert Röttgen. Gerade Lindner hat sich in höchstem Maße glaubwürdig gezeigt. Das hat sich ausgezahlt.

Frage: Machen Sie Ihren Verbleib als FDP-Bundesvorsitzender von der Niedersachsenwahl abhängig?

RÖSLER: Wir konzentrieren uns ganz auf den Wahlkampf. Es geht um Niedersachsen, es geht um meine Heimat. Ich möchte, dass hier die CDU/FDP-Regierung fortgesetzt werden kann.

Frage: Warum betreiben Sie nicht intensiver eine Zweitstimmenkampagne bei CDU-Wählern - Motto: Ohne die FDP geht gar nichts?

RÖSLER: Jeder weiß, ohne die FDP gibt es keine Fortsetzung der erfolgreichen Koalition. Wir haben deshalb schon sehr früh Plakate "Zweitstimme für die FDP" gezeigt.

Frage: Werden Sie es noch verstärken auf den letzten Metern?

RÖSLER: Wir werden die Zweitstimmen-Kampagne noch zuspitzen. Es geht konkret um die Regierungsverantwortung. Ohne die FDP mit Stefan Birkner kann Ministerpräsident David McAllister nicht weiterregieren.

Frage: Bei wie viel Prozent sehen Sie die FDP.

RÖSLER: Ich will niemanden langweilen mit Prozentzahlen...

Frage: ...aber für die Bürger ist es schon unterhaltsam!

RÖSLER: Prozentzahlen sind ähnlich wie Umsatzzahlen für Unternehmen. Kein Unternehmen macht mit seinen Umsatzzahlen Werbung, sondern mit seinen Produkten. Für die FDP heißt das: Solide Haushaltsführung, starke Wirtschaftspolitik und Schluss mit Schuldenmacherei.

Frage: Sie haben mal gesagt, mit Mitte 40 ist Schluss mit Politik. Bald werden sie 40 Jahre. Halten Sie Ihr Wort?

RÖSLER: Es ist noch lange hin, bis ich 45 bin. Jetzt freue ich auf den 40. Geburtstag. Da gibt es auch einen Empfang, und Kanzlerin Angela Merkel hat mit als erste ihr Kommen zugesagt.

Frage: In Niedersachsen spielt die Energiewende eine riesige Rolle. Schaffen wir den Atomausstieg wirklich bis 2022 angesichts der vielen Probleme?

RÖSLER: Wir schaffen den Atomausstieg. Wir werden den Netzausbau beschleunigen. Im Februar wird das entsprechende Gesetz beschlossen. Dann ist der Weg frei für Planungen, die nicht mehr zehn Jahre, sondern vier Jahre dauern. Das zeigt, wir haben alle Chancen, das Ziel gut zu erreichen.

Frage: Kann man den Strompreisanstieg nicht deckeln?

RÖSLER: Deckelung sehe ich nicht. Aber man kann den Preisanstieg bremsen. Hauptkostentreiber ist die gesetzliche Förderung der Erneuerbaren Energien. Die müssen wir reformieren.

Frage: Wie sieht das Rösler-EEG aus?

RÖSLER: Wir haben jetzt einen Anteil von 25 Prozent an erneuerbarem Strom. Im Jahr 2050 sollen sogar 80 Prozent sein. Wenn wir in der gleichen Preisgestaltung wie heute bleiben, wird es teuer. Deshalb: Raus aus der Planwirtschaft! Jetzt legt der Gesetzgeber, nicht der Markt, den Preis fest. Das müssen wir ändern. Stromlieferanten sollen entscheiden, welche Energie sie einkaufen: aus Wind, Sonne oder Biogas. Schon gibt es Wettbewerb. Das führt zu Preissenkungen.

Frage: Wie sehr beschädigt das Berliner Flughafen-Desaster eigentlich das Ansehen Deutschlands international?

RÖSLER: Die Politik in Berlin und Brandenburg kann offenbar wirklich keinen Flughafen bauen. Ein Airport ist aber ein Standard-Projekt und keine technologische Herausforderung. Im Gegensatz zu einem hochkomplizierten Tiefwasserhafen. Wie stolz können die Niedersachsen da auf den Jade-Weser-Port blicken. Bis auf eine Verzögerung von ein paar Wochen hat beim Bau alles geklappt. Ein Mega-Projekt, das die CDU/FDP-Regierung hier im Norden erfolgreich umgesetzt hat.

Frage: Aber über den BER lacht man im Ausland?

RÖSLER: Natürlich. Als ich neulich im Ausland gelandet bin, hieß es: So sieht ein Flughafen aus. Und bei der Begrüßung sagte man: Gebaut von türkischen Firmen. Was ist das für ein Bild für das "Made in Germany", wenn wir nicht in der Lage sind, einen Flughafen zu bauen?

Frage: Sollten solche Großprojekte lieber privat gestemmt werden?

RÖSLER: Mein Motto ist bekannt: Privat vor Staat. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit mag zwar ein Partykönig sein, aber im Aufsichtsrat der Berliner Flughafengesellschaft ist er auf dem völlig falschen Posten.

Frage: Vorfahrt für Privat auch für die Küstenautobahn?

RÖSLER: Entscheidend ist, dass das Projekt realisiert wird. Hier sind Land und Bund auf gutem Weg. Wenn man private Partner findet, kann das die Realisierung beschleunigen. Dass der Staat automatisch der bessere Unternehmer ist, haben zwei amtierende SPD-Ministerpräsidenten, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, widerlegt.

Social Media Button