23.01.2013FDP

RÖSLER-Interview für das "SWR2 Tagesgespräch"

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab dem "SWR2 Tagesgespräch" heute das folgende Interview. Die Fragen stellte UWE LUEB:

Frage: Bevor wir zu unserem eigentlichen Thema kommen, dem Weltwirtschaftsforum in Davos, ganz kurz noch Mal auf Ihre Partei geschaut, die FDP, deren Vorsitzender Sie sind. Am Montag haben Sie in der Führung Ihrer Partei Klarheit geschaffen und den Machtkampf der FDP für sich entschieden. Das könnte Sie auch als Minister in der Bundesregierung stärken. Was machen Sie denn, wenn die FDP jetzt im Bund trotzdem nicht aus dem Umfragetief herauskommt?

RÖSLER: Also, Rainer Brüderle und ich, wir haben jetzt gemeinsam entschieden, wie die Parteiaufstellung sein soll in Richtung Bundestagswahl. Und jetzt geht es daran, die inhaltlichen Fragen zu klären. Wir stehen für solide Wirtschaftspolitik, deswegen ja auch unser Telefoninterview, aber auch für solide Haushaltspolitik, eines der wesentlichen Themen auf Bundesebene und europaweit. Und darauf werden wir uns jetzt konzentrieren, auf die inhaltlichen Botschaften und dann wird der Erfolg sich auch einstellen. Entscheidend ist dann auch der Herbst 2013.

Frage: In Davos begegnen Sie auch Ihrem Parteikollegen und Kabinettskollegen Dirk Niebel. Der hatte Sie zuletzt kritisiert. Wird es eine Aussprache geben in Davos?

RÖSLER: In Davos, glaube ich, ist es so, dass es zu trubelig ist, dass man sich, wenn überhaupt, kurz über den Weg läuft. Und entscheidend ist, wie gesagt, dass wir jetzt gemeinsam dafür arbeiten, nicht nur die Personalaufstellung nach vorne zu bringen, sondern jetzt, nachdem das geschehen ist, die Inhalte herauszustellen. Und da hat auch Dirk Niebel einige Verdienste. Ich denke nur an die Reformen im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung. Also, insofern glaube ich, kann man sich sehen lassen. Aber entscheidend ist ja nicht alleine die Bilanz, sondern was wollen wir für die Menschen erreichen - und da steht einiges an. Denn die weltwirtschaftliche Lage und die europäische Lage ist ja nicht ganz einfach. Da gibt es einiges zu tun.

Frage: Dann blicken wir mal nach Davos, da geht es um die Weltwirtschaft auf dem Weltwirtschaftsforum. Das halbe Bundeskabinett ist da, von der FDP fast alle Minister außer der Justizministerin. Warum ist denn dieses Forum wirklich so wichtig, oder wird das überschätzt?

RÖSLER: Da kommen alle Wirtschaftspolitiker zusammen aus der ganzen Welt. Gleichzeitig auch viele Unternehmensvertreter. Und darum geht es, dass man in sehr kurzer Zeit sehr viele Gesprächstermine machen kann, man Strategien besprechen kann, dass man vielleicht auch anstehende Probleme löst. Und es ist sehr kompakt und sehr zeiteffizient. Und ich glaube, dass haben viele Politiker aus der ganzen Welt erkannt und deswegen reisen alle so gerne nach Davos.

Frage: Voriges Jahr hat Großbritanniens Premierminister Cameron auf der Tagung in Davos den deutsch-französischen Plan für eine europaweite Finanztransaktionssteuer als, Zitat: "Wahnsinn", abgelehnt. Nun haben elf EU-Länder gestern den Einstieg in eine Finanztransaktionssteuer beschlossen. Was hat Sie denn als deutschen Wirtschaftsminister am Ende überzeugt, dass es doch die richtige Entscheidung ist?

RÖSLER: Wir haben das ja gemeinsam diskutiert, auch in dem Zusammenhang mit dem Fiskalpakt. Und da das die Chance war, den Fiskalpakt insgesamt umzusetzen immerhin in 25 von 27 EU-Staaten, dann war das, glaube ich, richtig. Und Sie dürfen nicht vergessen, Haushaltskonsolidierung ist das Entscheidende. Und durch den Fiskalpakt haben eben diese 25 Staaten sich verpflichtet, eine Schuldenbremse, ähnlich wie der in Deutschland, in ihre Verfassung aufzunehmen, um die Ursache der Eurozonenkrise zu bekämpfen, nämlich die übermäßige Verschuldung. Und ich glaube, das war"s allemal wert.

Frage: Also keine negativen Folgen, die Sie befürchten für die deutsche Wirtschaft?

RÖSLER: Man muss jetzt sehr genau darauf achten. Wir haben auch Bedingungen gestellt, nämlich dass der Mittelstand nicht in Mitleidenschaft gezogen werden darf, also die Realwirtschaft. Und darum wird es jetzt gehen bei der detaillierten Ausgestaltung.

Frage: Das Motto des Weltwirtschaftsforums in diesem Jahr lautet: "Widerstandsfähige Dynamik". Wie widerstandsfähig ist denn die deutsche Wirtschaftsdynamik?

RÖSLER: Also, wir haben eine sehr robuste deutsche Wirtschaft. Trotzdem müssen wir alles dafür tun, um unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern. Das heißt ganz konkret, wir brauchen Bezahlbarkeit von Energie. Wir müssen uns im internationalen Rahmen, zum Beispiel in Davos, für offene Märkte, fairen Wettbewerb einsetzen. Das spielt eine immer größere Rolle, weil wir zunehmend auf Protektionismus in den heranwachsenden Staaten feststellen. Und gerade wir als Exportnation müssen für unseren Mittelstand die Exportmärkte offenhalten.

Frage: Aber der EU insgesamt geht es eher schlecht. In einigen Ländern herrscht eine extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit. In Spanien etwa hat jeder Zweite unter 25 Jahren keinen Job. Sehen Sie denn Licht am Ende des Tunnels?

RÖSLER: Das sehe ich. Die Schwierigkeit ist, es wird noch eine Zeit lang dauern. Und deswegen sind wir auch zu Hilfen bereit. Ganz konkret sind viele deutsche Unternehmen, gerade aus dem Mittelstand, bereit, in Spanien, Portugal, Italien, auch in Griechenland, unternehmerisch tätig zu werden, um so die Realwirtschaft mit zu stärken. Wir von Seiten der Politik versuchen gerade, unser hervorragendes duales Ausbildungssystem dort auch zu implementieren, jeweils übertragen in die Regionen, um dort die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Denn Sie haben vollkommen recht, es ist ein Riesenproblem, nicht nur für die Regionen, sondern für ganz Europa.

Frage: Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Draghi, hat kurz vor Beginn des Davoser Treffens von einer entscheidenden Verbesserung an den Finanzmärkten im Euroraum gesprochen. Ist die Krise vorbei?

RÖSLER: Also, wir sind dort auf gutem Weg. Aber damit sie wirklich eines Tages vorbei ist, dürfen wir jetzt mit den Reformbestrebungen in den Programmstaaten nicht nachlassen. Das heißt, jetzt gab es Reformen, das haben die Finanzmärkte honoriert, übrigens auch die Unternehmen, und das ist das entscheidende. Aber man darf nicht nachlassen, so nach dem Motto, jetzt sind die Zinsen gesunken, jetzt können wir die Reformen auch ein bisschen abschwächen. Das wäre ausdrücklich falsch. Deswegen muss der Reformdruck erhalten bleiben. Aber dass es sich lohnt, das sieht man eben auch an der Stabilisierung des Euros insgesamt.

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