21.02.2003FDP-FraktionHaushaltspolitik

REXRODT: Eichel fährt Kurs des politischen Harakiri

BERLIN. Zum Abschluss der Beratungen über den Haushaltsentwurf 2003 erklärt der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Günter REXRODT:

Der Haushalt 2003 ist ein Muster ohne Wert. Er zeichnet sich durch absolute Realitätsferne aus. Offenbar vorsichtig geworden durch seine Informationspolitik des vorigen Jahres, sagt Herr Eichel selbst: "Wenn nur eine Voraussetzung entfällt, verletzen wir in 2003 die Kriterien von Maastricht." In der Realität werden aber mehr als nur eine Voraussetzung entfallen: Das Wachstum kann nicht erreicht werden, das Steuervergünstigungsabbaugesetz wird so nicht verabschiedet, die Steuereinnahmen aufgrund von Kapitalrückflüssen sind zu optimistisch angesetzt. Das Zahlenwerk wird einzig und allein vom Prinzip Hoffnung getragen. Mit dem Haushalt 2003 stellt Hans Eichel erneut unter Beweis, dass er mit seiner Haushaltspolitik gescheitert ist. Gestützt auf unrealistische Haushalts- und Finanzplanungsansätze wird der Haushalt 2003 wie eine Seifenblase zerplatzen. Der Nachtragshaushalt 2002 lässt grüßen. Das Parlament mit einem solchen Zahlenwerk zu konfrontieren birgt die Gefahr des politischen Harakiris.
Im Einzelnen:
1. Die unterstellten 1% Wirtschaftswachstum sind angesichts einer darniederliegenden Wirtschaft und eines drohenden Krieges illusorisch.
2. Die veranschlagten 203,3 Milliarden Euro Steuereinnahmen sind zu hoch, da der Einbruch bei den Steuern im Vorjahr mit 192 Milliarden Euro als negativer Basiseffekt auf das Einnahmenniveau des Jahres 2003 durchschlagen wird.
3. Die zu Grunde gelegten 4,14 Millionen bei der Arbeitslosigkeit werden angesichts von 4,6 Millionen Arbeitslosen im Januar und einer wirtschaftlichen Entwicklung am Rande einer Rezession nicht zu halten sein.
Daher ist es unredlich, bei den Arbeitsmarktausgaben die Mittel für die Arbeitslosenhilfe mit vergleichsweise zu geringen 13 Milliarden Euro zu veranschlagen und den Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit ganz zu streichen. Sollte sich die Arbeitslosenzahl um 200.000 erhöhen, hätte dies eine Verschlechterung auf der Ausgaben- und Einnahmenseite von mehr als 4 Milliarden Euro zur Folge.
Wie notleidend der Haushalt ist, zeigt die jahrelang von der SPD als "Amnestie für die Reichen" gegeißelte Steueramnestie. Auf diesem Wege werden dem Haushalt kurzerhand 2 Milliarden Euro zugeführt. Doch auch dieser steuerpolitische Husarenritt wird den Haushalt ebenso nicht retten können wie das sog. Steuervergünstigungsabbau-Gesetz, durch das weitere 1,6 Milliarden Euro in die Kassen gespült werden soll. Ob dieses Geld überhaupt jemals auf der Habenseite verbucht werden kann, bleibt hinsichtlich der ausstehenden Beratung im Bundesrat zu bezweifeln. Die Steuerpolitik von Rot-Grün folgt weder strukturellen Überlegungen noch wachstumspolitischen Zielen. Sie kennt keine Prinzipien und ist fiskalpolitisch motiviert.
Der Finanzminister steht mit diesem Haushalt vor den Trümmern seiner Finanzpolitik. Bundesfinanzminister Eichel wird im dritten Jahr in Folge die Defizitziele des deutschen Stabilitätsprogramms verfehlen. Die gemeldeten 2,75 % Staatsdefizit sind angesichts der fortbestehenden desolaten Finanzsituation in den öffentlichen Haushalten und basierend auf einem bisher nicht im Stabilitätsprogramm revidierten Wirtschaftswachstum von 1,5 % bereits heute nichts anderes als Wunschdenken.
Auf der Ausgabenseite gibt es weiterhin kein in sich stimmiges Konzept. Seitdem SPD und Grüne in der Regierungsverantwortung sind, werden die konsumtiven Ausgaben sukzessive erhöht und die investiven Ausgaben in den Keller gefahren. Zwar stehen mit 26,7 Milliarden Euro insgesamt 1,7 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr zur Verfügung, doch ist dies allein auf den Flutopferfonds "Aufbauhilfe" zurückzuführen. Rechnet man diese einmalig etatisierten 2,5 Milliarden Euro heraus, liegt die Investitionsquote bei nur 9,8 %. Damit geht der Investitionsverfall gemessen an der Investitionsquote weiter. SPD und Grüne verkennen offensichtlich, dass Investitionen wichtige Schlüsselfaktoren für die konjunkturelle Entwicklung und die Arbeitsmarktsituation sowie die private Wirtschaftstätigkeit sind.
In der Rentenpolitik leistet die Bundesregierung ihren Offenbarungseid. Trotz bereits eingeplanter zusätzlicher Einnahmen aus der 5. Stufe der Ökosteuer steigt der Rentenbeitragssatz von 19,1 % auf 19,5 %. Die aus der Ökosteuer erzielten Einnahmen von 19,2 Milliarden Euro fließen jedoch nicht vollständig in die Rente. Nur 17,2 Milliarden Euro werden den Rentenkassen zugeführt, der Rest von 2 Milliarden Euro dient überwiegend zum "Stopfen" von Haushaltslöchern.
Gleichzeitig wird die Schwankungsreserve im Mittel auf 0,63 Monatsausgaben abgesenkt. Damit nimmt die Bundesregierung bewusst in Kauf, dass es zur Illiquidität im Jahresverlauf kommen könnte und ein zusätzlicher Bundeszuschuss erfolgen müsste.
Eines wird mit diesem Haushalt deutlich: Das Kurieren an Symptomen, das Verschieben von Ausgabenlasten in die Haushalte von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen stößt an ihre Grenzen. Ohne eine auf Wachstum ausgerichtete Politik wird es nicht gelingen, die Haushalte zu konsolidieren und die Staatsfinanzen ins Lot zu bringen.

Holger Schlienkamp - Telefon [030] 227-59461 - pressestelle@fdp-bundestag.de

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