FDPGastbeitrag

Politische Freiheit steigt im Kurs

Marco BuschmannMarco Buschmann
13.01.2016

Die politische Gemengelage – national wie international – ist hochkomplex. FDP-Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann reflektiert über Freiheit und Sicherheit. Im Gastbeitrag für "Die Welt" verdeutlicht er: "Die großen Autoritäten und Institutionen halten nicht das Versprechen, dass der Mensch die Verantwortung für sein Leben bei ihnen bequem parken kann. Sie ist dort eben nicht 'in Sicherheit'."

Die Menschen fragten "heute mehr und mehr, wer ihnen Schutz vor mächtigen Institutionen gewährt, wenn diese heute versagen", führt der FDP-Bundesgeschäftsführer aus. "Die Sicherheit vor den Mächtigen aber ist nichts anderes als das, was die politischen Philosophen 'negative Freiheit' nennen – die Freiheit vom Staat, der zu viel politische Macht an sich reißt."

Diese Denktradition führe allerdings auch zur marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik. Viele Sicherheiten, die sich die Menschen wünschten, seien eigentlich Freiheiten, erläutert der Freidemokrat. "Wer aber den Wertewandel in der Bevölkerung jenseits alter Begriffe durchdringt, der wird erkennen, dass die Zukunft auf einen modernen Liberalismus wartet."

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Die Demoskopen berichten von der Renaissance der „German Angst“. Haben die Freien Demokraten in einem solchen Meinungsklima überhaupt eine Chance, wenn sich doch offenbar so viele Menschen wohl eher nach mehr „Sicherheit“ als nach Freiheit sehnen? Die Antwort ist einfach wie verblüffend – nämlich ein klares „Ja“. Den Weg zu dieser Antwort hat der Bundesvorsitzende Christian Lindner gewiesen: „Sicherheit ist heute Selbstsicherheit.“ Das war einer der klaren Kernsätze seiner Einstimmung der Liberalen auf das Jahr 2016 anlässlich der Dreikönigskundgebung. Das ist kein Trotz. Das ist schlicht die Wirklichkeit. Die Trendforscher Peter Wippermann und Jens Krüger kommen in ihrem Werte- Index 2016 zum gleichen Befund: „Die Deutschen sind in einem neuen Sicherheitsverständnis angekommen, das ohne die stabilisierende Autorität der Eliten und Institutionen auskommt. Denn Sicherheit braucht vor allem Selbstwirksamkeit: das Gefühl, Einfluss auf den Lauf der Dinge zu haben und selbst einen Unterschied zu bewirken.“

„Leben Sie. Wir kümmern uns um die Details“, versprach vor ein paar Jahren eine große Bank. Ihr Name ist längst verschwunden. Volkswagen präsentierte sich vor Kurzem als die Institution, die weltweit für „Das Auto“ stehe. Heute muss der Konzern einen harten Kampf um seine Reputation kämpfen. Eine Bundeskanzlerin, die in den Augen der Bevölkerung lange für Bedächtigkeit und Gewissenhaftigkeit stand, muss sich jeden Tag mehr die Frage stellen lassen, ob sie weiß, was sie eigentlich tut. Kurz: Die großen Autoritäten und Institutionen halten nicht das Versprechen, dass der Mensch die Verantwortung für sein Leben bei ihnen bequem parken kann. Sie ist dort eben nicht „in Sicherheit“. Daher ist es auch nicht paradox, dass der Wert der politischen Freiheit gleichzeitig an Bedeutung gewinnt – und zwar so sehr, dass die Forscher feststellen, die Bevölkerung sei „in puncto Freiheit repolitisiert“.

Früher dachte man, Sicherheit und Freiheit stünden immer im Verhältnis von Bizeps und Trizeps, Beuger und Strecker, also den Antagonisten auf der Werteskala. Aber dieser alte Begriff der Sicherheit, der der Feind der Freiheit war, ist heute eben überholt. Es war die Sicherheit der Kontrollfreaks – also der Menschen, die in Konzernen die Formularwirtschaft so lange vorantreiben, bis auf jeden Euro in der Produktion mindestens ein Euro Kosten der Verwaltung entstehen, und die in Staat und Verwaltung nicht eher ruhen, bis die Kontrolle von Bürgern und Betrieben alle Flexibilität und Freiheit raubt. Die Menschen fragen daher heute mehr und mehr, wer ihnen Schutz vor mächtigen Institutionen gewährt, wenn diese heute versagen. Die Sicherheit vor den Mächtigen aber ist nichts anderes als das, was die politischen Philosophen „negative Freiheit“ nennen – die Freiheit vom Staat, der zu viel politische Macht an sich reißt. Aber dieselbe Denktradition führt auch zur marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik – nämlich zur Freiheit von Kartellen und Monopolen, die zu viel wirtschaftliche Macht konzentrieren.

Die Sicherheit davor, dass mir der Staat zu viel von den Früchten meiner Arbeit nimmt, ist der Sache nach nichts anderes als die Freiheit des Eigentums. Die Sicherheit davor, dass mir der Staat nicht den Mund verbieten kann und dass mediale Konzentrationen nicht zu den gleichen Effekten wie staatliche Zensur führen, ist der Sache nach nichts anderes als die Freiheit der Meinung und der Medien. Walter Eucken, der geistige Vater der sozialen Marktwirtschaft, hat in seinen bahnbrechenden Grundsätzen der Wirtschaftspolitik vor „veralteten Begriffen und Gegensätzen“ gewarnt. Vielmehr sei „es geboten, sich zu den Dingen selbst zu wenden“. Wer aber den Wertewandel in der Bevölkerung jenseits alter Begriffe durchdringt, der wird erkennen, dass die Zukunft auf einen modernen Liberalismus wartet.

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