24.12.2012FDP, FDP-FraktionEntwicklungszusammenarbeit

NIEBEL-Interview für die "Schwäbische Zeitung"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab der "Schwäbischen Zeitung" (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte CHRISTOPH PLATE:

Frage: Herr Niebel, die Borena-Regionen, in der die Walelegn Higher Secondary School liegt, die wir gemeinsam mit Menschen für Menschen fördern, ist auch eine Region, in der Ihr Ministerium besonders aktiv ist.

NIEBEL: Wir haben mit Menschen für Menschen im vergangenen Jahr, als die Organisation 30 Jahre alt wurde und mein Ministerium 50, eine Partnerschaft gegründet, um in der Borena-Region ein Modellprojekt durchzuführen. Wir wollten deutlich machen, dass man mit einem ganzheitlichen Ansatz, also über Bildung, die Förderung der ländlichen Entwicklung und Infrastrukturmaßnahmen, zu dauerhaften positiven Entwicklungserfolgen kommen kann.

Frage: Menschen für Menschen ist ja eine Hilfsorganisation, die seit mehr als 30 Jahren aktiv ist. Gibt es eine lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und denen oder ist das eine neue Entwicklung?

NIEBEL: Nein, wir arbeiten schon seit längerer Zeit mit Menschen für Menschen zusammen, und anlässlich der Jubiläen beider Organisationen wollten wir etwas wirklich Sichtbares machen. Hier kommen 80 Jahre entwicklungspolitische Erfahrungen zusammen. Für das Borena-Projekt bringen wir den bisher größten Anteil öffentlicher Gelder ein, den wir jemals bei einem privaten Träger eingesetzt haben, nämlich genau 1.146.402 Euro.

Frage: Sie sind mehrfach in dieser Region in Äthiopien gewesen. Welche Bedeutung hat Bildung dort?

NIEBEL: Bildung ist eine zentrale Voraussetzung nicht nur in dieser Region in Äthiopien, sondern weltweit, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie ertüchtigt die Menschen, eigenständig Entscheidungen treffen zu können und sich aus Abhängigkeit zu befreien.

Frage: Hat das Land einen hohen Stellenwert in den Programmen des Ministeriums oder mit welchem Land kooperieren Sie ähnlich intensiv?

NIEBEL: Äthiopien ist eines unserer großen Kooperationsländer. Das Land hat große Herausforderungen zu bewältigen, ist aber ein wichtiger Stabilitätsfaktor in gesamt Ostafrika. Trotz der Herausforderung, die es manchmal auf Regierungsebene zu bewältigen gibt, ist das Land ein wichtiger Partner für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und hat in vielem Modellcharakter.

Frage: Nun, Äthiopien ist ein regionaler Faktor in Somalia, im Konflikt mit Eritrea, als Sitz der Afrikanischen Union. Da könnten natürlich spendenwillige Leser der Schwäbischen Zeitung sagen: Na ja, die Äthiopier geben sehr viel Geld für Rüstung und andere Dinge aus, die sollen mal selber ihre Schulen finanzieren. Warum soll man einer solchen privaten Initiative Geld geben, um Schulen in einem Land wie Äthiopien aufzubauen?

NIEBEL: Man kann natürlich trefflich bestimmte staatliche Aufgaben gegeneinander ausspielen. Wir haben gerade in Mali gesehen, was es bedeutet, wenn ein Land es so macht, wie es sich Entwicklungspolitiker wünschen, nämlich die gesamten finanziellen Ressourcen in die Entwicklung des Landes und der Bevölkerung zu investieren, dann aber nicht mehr in der Lage zu sein, territoriale Integrität und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Durch die militärischen Aktionen im Norden Malis müssen wir befürchten, dass gute Entwicklungserfolge vieler Jahre schlichtweg verloren gehen. Äthiopien ist in vielen Bereichen ein fruchtbares und reiches Land, aber in der Landwirtschaft von den Kapazitäten, vom Wissen her, noch nicht so weit entwickelt, dass es diese Reichtümer der Natur auch tatsächlich nutzen kann. Hier braucht Äthiopien Unterstützung, und ich kann den Menschen in Deutschland versichern, dass Menschen für Menschen eine Organisation ist mit einem kleinen Verwaltungskostenanteil, aber mit großen Ergebnissen.

Frage: Was mögen Sie persönlich gerne in Äthiopien? Ist es die alte Kultur, ist es die Geschichte, ist es das Njera, das Hirsebrot oder der geröstete Kaffee?

NIEBEL: All das gehört dazu. Und ich mag an Äthiopien, dass es eigentlich alle geologischen Strukturen und alle Klimazonen Afrikas beinhaltet.

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