NIEBEL-Interview für den "Evangelischen Pressedienst"
Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Evangelischen Pressedienst" heute das folgende Interview. Die Fragen stellte ANN KATHRIN SOST:
Frage: Warum nehmen die Kirchen bei der Bundesregierung eine Sonderstellung in der Entwicklungszusammenarbeit ein?
NIEBEL: Die beiden Kirchen haben im Gegensatz zu allen anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren eine Art Globalbudget, das über die Zentralstellen für die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit verteilt wird. Die Kirchen ergänzen es allerdings auch sehr umfangreich mit eigenen Mitteln. Weil die Kirchen akzeptiert haben, dass unsere Vergabekriterien zum Beispiel die Mission ausschließen und im Rahmen dieser Kriterien die Projekte sehr eng auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen, und weil sie eine besondere Nähe zur Bevölkerung haben, haben sie dieses besondere Privileg.
Frage: Was können die Kirchen leisten, das Sie mit dem Entwicklungsministerium nicht leisten können?
NIEBEL: Zum Beispiel arbeitet die katholische Kirche in Nordkorea, für die Bundesregierung ist das ausgeschlossen. Während der gesamten Zeit der Sanktionen waren die Kirchen außerdem in Myanmar tätig, als die staatliche Zusammenarbeit auf ein humanitäres Minimum heruntergefahren wurde. Das sind Dinge, wo die staatliche Entwicklungszusammenarbeit an ihre Grenzen stößt. Da ist es dann gut, wenn für die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen auch noch ein Partner zur Verfügung steht, von dem man weiß, dass man sich auf ihn verlassen kann.
Frage: Die Zuwendungen von staatlicher Seite für die beiden großen Kirchen sind bisher regelmäßig gestiegen. Bleibt das so?
NIEBEL: Wir haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft, hier insbesondere den Kirchen und den politischen Stiftungen, gestärkt werden soll. Wir haben seit Übernahme der Regierung stetig den Etat erhöht. 2012 stehen für die Förderung der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit 24 Millionen Euro mehr zur Verfügung als zu Beginn der Legislaturperiode. Dies entspricht einem Aufwuchs von 12,5 Prozent. Wir wollen das gemeinsame Ziel erreichen, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe bereitzustellen, da muss es Aufwüchse geben.