29.08.2012FDP

NIEBEL-Interview für "dapd"

Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab der Nachrichtenagentur "dapd" heute das folgende Interview. Die Fragen stellte NICOLE SCHARFSCHWERDT:
Frage: War es die richtige Entscheidung, die deutsch-chinesische Entwicklungskooperation schrittweise zu beenden?

NIEBEL: China ist mittlerweile kein Entwicklungsland mehr, obwohl es dort immer noch viele Arme gibt. China ist Exportweltmeister und hat Deutschland in manchen Bereichen mehrfach überrundet. Es ist keinem deutschen Bürger verständlich zu machen, dass so etwas von uns noch finanziert wird. Beendigung der Entwicklungskooperation bedeutet aber übrigens nicht Beendigung aller Kooperation. Denn China als Partner in der
wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist immer noch spannend für große Bereiche der deutschen Wirtschaft, aber auch der Wissenschaft.

Frage: Viele Entwicklungsprojekte sind an konkrete Zusagen zur Verbesserung von Demokratie und Menschenrechten geknüpft - welche Möglichkeiten der Einflussnahme ergeben sich nach Wegfall der Entwicklungskooperation?

NIEBEL: Beendet bedeutet, dass es keine neuen Maßnahmen gibt, die laufenden
Maßnahmen aber natürlich ordnungsgemäß zu Ende geführt werden. Wir haben daher noch laufende Projekte, die bis 2017 gehen. Darüber hinaus sind Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Außenminister Guido Westerwelle und ich in einem regelmäßigen Dialog, wie wir die auch von uns gewollten Rechtsstaatsdialoge weiter betreiben können, ohne sie im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren.

Frage: Müssten aus Ihrer Sicht Europäische Union und Vereinte Nationen die
Entwicklungskooperation ebenfalls einstellen?

NIEBEL: Jeder Geber ist frei, diese Entscheidung selbst zu treffen. Nicht jedes Land muss in jedem Land tätig sein.

Frage: Ist China für Sie eher Partner oder eher Konkurrent?

NIEBEL: Selbstverständlich gibt es mittlerweile in vielen Branchen eine Konkurrenzsituation. Zum Beispiel bei der Produktion von Solarpanelen, wo chinesische Produkte besser geworden sind, zugleich aber immer noch deutlich günstiger sind als die hervorragenden deutschen. Man merkt bei Ausschreibungen von Energieprojekten, dass hier eine Konkurrenzsituation besteht. Und das ist auch einer der Gründe, warum die Bürger in Deutschland nur ein geringes Maß an Verständnis dafür hätten, wenn wir in der Entwicklungszusammenarbeit noch Geld des Steuerzahlers investieren würden.

Frage: Wie wollen Sie die entsprechenden Länder davon überzeugen, eher mit
Deutschland zu kooperieren als mit China?

NIEBEL: Ich habe überhaupt nicht vor, China als Entwicklungsgeber auszustechen. Die Infrastrukturprojekte, die China etwa in Afrika finanziert, nutzen den Ländern. Und wir sind in vielen Bereichen gar nicht in der Lage, Vergleichbares zu finanzieren. Ein Beispiel: China wird in Ghana im Norden des Landes für ungefähr sechs Milliarden Euro eine Eisenbahnlinie bauen. Das ist der gesamte Jahresetat meines Ministeriums für die
gesamte Welt. Also begebe ich mich in so einen Wettbewerb gar nicht erst. Aber: Als die kommerzielle Förderung von Gas und Öl vor der ghanaischen Küste startete, bat uns die ghanaische Regierung, sie zu beraten, die Geldflüsse transparent zu gestalten. China fragt man nach der Eisenbahn, uns fragt man nach der guten Regierungsführung.

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