LINDNER/SUDING-Doppelinterview: Es gibt keinen Grund, CDU zu wählen
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER und die FDP-Spitzenkandidatin für die Hamburger Bürgerschaftswahl KATJA SUDING gaben der „Bild Hamburg“ (Montag-Ausgabe) und „Bild.de“ das folgende Doppelinterview. Die Fragen stellte HAGEN MEYER:
Frage: Herr Lindner, die Hamburger FDP kann den Einzug in die Bürgerschaft schaffen. Rettet Frau Suding Ihre Partei?
LINDNER: Hier geht es nicht um die FDP. Es geht um dieses starke und weltoffene Hamburg. Die FDP kann dafür sorgen, dass Hamburg nicht den Grünen ausgeliefert wird. Wenn nur die als Partner von Olaf Scholz in Frage kommen, werden sie die Koalitionsbedingungen diktieren. Wir wollen starke Bildung und faire Bedingungen für vernachlässigte Gymnasien, Wirtschaftskraft durch weniger Bürokratie und Chancen wie Olympia und Elbvertiefung. Das ist das Gegenteil grüner Politik.
Frage: Was ist Ihr Plan?
SUDING: Natürlich erst einmal reinkommen. Und davon gehe ich fest aus. Ich will unser Ergebnis von 6,7 Prozent toppen. Olaf Scholz spricht dann wohl zuerst mit den Grünen. Ich bin mir aber sicher, dass er auch mit uns spricht. Und dann wird man sehen...
Frage: Sie bieten sich für Rot-Gelb an.
SUDING: Wir bieten Gespräche an, das ist doch klar. Die Basis dafür ist da. Wenn sozial-liberal bei der großartigen Tradition unter von Dohnanyi und von Münch in Hamburg nicht möglich ist, wo dann?
Frage: Von wo erwarten Sie noch Stimmen?
SUDING: Die schlechte Situation der CDU ist für uns eine Chance. Ob Dietrich Wersich 22 oder 25 Prozent bekommt, ist doch völlig egal – das bleiben Oppositionsstimmen. CDU-Wähler kommen zu uns und wollen uns ihre Stimme geben. Es gibt in Hamburg keinen Grund, die CDU zu wählen.
LINDNER: Die FDP ist der Hebel gegen Rot-Grün. Die Hamburger entscheiden auch zwischen FDP und AfD. Es würde zu dieser Stadt passen, wenn in diesen Zeiten die Partei der Freiheit stärker wird als die Partei der Wutbürger.
Frage: Was macht Scholz falsch?
SUDING: Wie viel Zeit haben Sie..? (lacht) Im Ernst: Hamburg wird unter Wert regiert. 6000 Wohnungen bauen und die Finanzen etwas in Schuss bringen, das kann es doch nicht sein. Der Betreuungsschlüssel in den Kitas ist schlecht, die Inklusion in den Schulen gescheitert, die Hochschulpolitik liegt am Boden. Dazu Verkehrs-Kollaps und Stillstand im Hafen. Nach vorne geht nichts.
Frage: Welchen Anteil haben das sogenannte „Beingate“ und das Plakat „Unser Mann für Hamburg?“ an ihrem Aufschwung?
LINDNER: Schon mal aufgefallen? Wir haben die Kampagne mit den meisten Inhalten auf den Plakaten. Es geht um Politik und nicht um Beine. Was mich freut: Die Leute wollen Inhalte. Die bekommen sie bei uns.
Frage: Und was würde ein Erfolg in Hamburg nun für ihre FDP bedeuten?
LINDNER: Natürlich viel. Wir haben jetzt ein Jahr fast ausschließlich über unsere Traditionen und Werte gesprochen und uns neu aufgestellt. Die Erneuerung der FDP war notwendig. Die Partei war ängstlich und hatte Orientierung verloren. Wie unter einer Eisdecke waren wir. Hier in Hamburg knackt das Eis, man kann es richtig hören. Man darf nicht vergessen: Wenige tausend Hamburger haben es in der Hand, die politische Stimmung in ganz Deutschland zu ändern. Es wäre der Aufbruch für die FDP und damit das Signal an die Große Koalition im Bund: Schluss mit der zukunftsfeindlichen Politik!
Frage: Haben Sie Kontakt zu Guido Westerwelle, ihrem Vor-Vorgänger?
LINDNER: Ja. Er hat sich große Verdienste um die FDP erworben, er hat immer vor zu wenig Reformbereitschaft und zu viel Gefälligkeitspolitik gewarnt. Das ist aktueller denn je. Ich hoffe, dass er bald wieder bei uns sein kann.