16.03.2017FDPFDP

LINDNER: Wir gehen lieber in die Opposition, wenn wir unsere Handschrift nicht zeigen können

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Gerhard Voogt:

Frage: Die FDP liegt in einer neuen Forsa-Umfrage bei elf Prozent – woher kommt der Aufschwung?

Lindner: Einzelne Umfragen nehme ich nicht so ernst. Aber immer mehr Menschen teilen unsere Ungeduld, dass unser Land bei der Modernisierung der Wirtschaft, einem besseren Bildungssystem und einem handlungsfähigen Rechtsstaat nicht vorankommt. Dieses ängstliche Festhalten am Status quo nervt. Alles wird bürokratisiert, die Leute zahlen immer mehr an den Staat, aber die Probleme werden nicht gelöst. Stattdessen gibt es die ideologischen Projekte von Rot-Grün, und von der CDU gab es die planlose Flüchtlingspolitik. Statt über Bildung und Digitalisierung für morgen wird nur über Rente gesprochen. Die ungeduldige Mitte sieht uns als Alternative.

Frage: Die FDP wird von Kritikern als „Einmannpartei“ wahrgenommen. Was entgegnen Sie?

Lindner: Es ist die Wahrheit, dass ich mich vor Führungsverantwortung nicht scheue. Aber ich bin nicht allein. Wir sind über 14 000 Liberale in NRW. Es werden übrigens täglich mehr. Und ich habe beispielsweise mit Joachim Stamp und Alexander Lambsdorff starke Stellvertreter. Die Grünen wären froh, sie hätten so ein frisches Team.

Frage: Hat der „Schulz-Effekt“ den „Lindner-Effekt“ verstärkt?

Lindner: Ja. Herr Schulz will zurück nach links, wie François Hollande in Frankreich. Und Frau Merkel hat leider keine Ziele mehr. Das Gegenmodell sind wir. Schulz will mehr Steuerlast für die Mitte – wir wollen den Soli abschaffen und beim Hauskauf Familien steuerlich entlasten. Schulz will die Angst vor Arbeitslosigkeit erträglich machen – wir wollen die Menschen aktiv halten und in Bildung investieren. Schulz will der Wirtschaft die Kommandos erteilen – wir wollen mehr Ideenwettbewerb und Eigenverantwortung entfesseln.

Frage: Sie schließen eine Ampel aus – unter welchen Umständen würde die FDP in eine Koalition mit der Kraft-SPD ihre Identität wahren können?

Lindner: Wir werden vor der Wahl noch unsere Kern-Projekte benennen und eine Ampel-Koalition formal ausschließen. Die Freien Demokraten sind keine Mehrheitsbeschaffer für linke, alte Politik. Eine Mehrheit für SPD und FDP hätte es im Landtag bereits seit 2012 gegeben. Während Frau Löhrmann die Gymnasien geschwächt und mit der Inklusion die Förderqualität gefährdet hat, hat Herr Remmel sich immer Neues einfallen lassen, um den Mittelstand zu drangsalieren und aus dem Land ein industrielles Freilichtmuseum zu machen. Frau Kraft hat sie gewähren lassen. Mir fehlt die Phantasie, dass Frau Kraft nach dem Wahltermin alles ganz anders sieht. Wir sind immer zu Gesprächen bereit. Aber für eine CDU- und eine SPD-geführte Regierung gilt gleichermaßen, dass wir lieber in die Opposition gehen, wenn wir unsere Handschrift in der Regierung nicht zeigen können. Das ist die Lehre aus 2013.

Frage: Bleibt es bei Ihrem geplanten Wechsel nach Berlin – auch wenn in NRW für die FDP die Chance bestünde, Regierungsverantwortung in einem Zweierbündnis zu übernehmen?

Lindner: Selbstverständlich. Auf mein Wort ist Verlass, denn ich will ja noch länger Politik machen. Bei der Landtagswahl wollen wir einen Regierungswechsel in Düsseldorf erreichen und ein Signal nach Berlin senden. Ich kandidiere für beide Parlamente, um die Doppelrolle der NRW-Wahl zu unterstreichen. Ich werde auch in der Prägephase nach der Landtagswahl mein Mandat ausfüllen. In jedem Fall aber will ich nach der Bundestagswahl für Nordrhein-Westfalen von Berlin aus wirken, weil unser Land dort unterrepräsentiert ist.

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