27.04.2019FDPFDP

LINDNER-Rede: Dieses Land wächst mit seinen Menschen

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner hielt auf dem 70. Ord. Bundesparteitag der Liberalen in Berlin folgende Rede:

[Zu Beginn spricht Lindner Chinesisch]

Liebe Parteifreundinnen, liebe Parteifreunde, meine Damen und Herren, das heißt vielleicht, die Gesellschaft und die Wirtschaft ändern sich beständig, wir müssen mit den Zeiten Schritt halten. Und nach Lage der Dinge werden unsere Kinder zukünftig nicht nur Englisch, sondern auch Chinesisch lernen müssen. Ich habe einen Selbstversuch gestartet: diese Sprache ist ein Brocken. Und deshalb empfehle ich, dass wir alles dafür tun, dass es sich für die Chinesen weiter lohnt, auch Deutsch und Englisch zu lernen, liebe Freundinnen und Freunde. ((Applaus))

Die liberale Weltordnung verändert sich, die internationalen Wirtschaftsbeziehungen verändern sich. Wertschöpfungsketten erodieren, neue Technologien rollen die Märkte auf. Frühere Entwicklungsländer werden zu Wettbewerbern. Das übrigens ist ein Erfolg der Globalisierung, dass viele Staaten, die früher Hilfe in Anspruch genommen haben, heute auf den Weltmärkten selbst erfolgreich sind. Das trifft vor allen Dingen aber für die Volksrepublik China zu, die dabei ist, ein globaler Hegemon zu werden, und die ihre Regeln auch anderen diktieren will.

China will der Weltmarktführer im Bereich digitaler Technologien sein, von der digitalen Seidenstraße ist die Rede. Ein Drittel aller Unicorns, also der Start-up-Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind, sind in privater chinesischer Hand. Bis 2020 sollen 50 Forschungseinrichtungen für künstliche Intelligenz entstehen. Es gibt datenbasierte Kontrollsysteme für Bürger und für Unternehmen, mit denen Erziehung betrieben werden soll. Die Volksrepublik China hat Deutschland bei den transnationalen Patentanmeldungen inzwischen überholt, vor wenigen Jahren war das anders. Im Januar ist eine chinesische Raumsonde erstmals auf der erdabgewandten Seite des Mondes gelandet. Und die Chinesen verfolgen ihre Interessen strategisch, zielgerichtet und bisweilen auch aggressiv. Ich sage das alles nicht, um Angst vor dem „gelben Mann“ zu machen, ich sage das nicht als Plädoyer für Abschottung. Aber ich sage es, damit wir endlich aus dem Stadium der Bequemlichkeit aufwachen und dass wir die Beobachterposition verlassen. Wenn wir nicht auch beginnen, wieder Wirtschaftspolitik zu machen, dann werden es andere für uns tun, liebe Freundinnen und Freunde. ((Applaus))

Und worüber diskutieren wir? Wir diskutieren über die Ausweitung des Wohlfahrtsstaates. Der Vorsitzende der Grünen schlägt vor, die Steuern um 30 Milliarden Euro zu erhöhen, um das Geld auch denjenigen zu geben, die angebotene Arbeit ablehnen, weil sie sich lieber Freizeitaktivitäten widmen wollen. Wir diskutieren in Deutschland über Klimaschutz. Um das 80-Prozent-Reduktionsziel bis 2050 zu erreichen, sind nach den Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie 1.500 Milliarden Euro Investitionen nötig. Manche wollen auch darüber hinausgehen, wollen 95 Prozent CO2 einsparen, das sind dann 2.300 Milliarden Euro an Investitionen, die notwendig sind.

Wir beobachten in Deutschland den sich beschleunigenden Niedergang einer Schlüsselindustrie, nämlich unserer Automobilbranche. Bei manchen habe ich das Gefühl, es mischt sich da rein sogar eine gewisse Form der Schadenfreude. Wo ist da eigentlich die Empathie geblieben für die hunderttausenden Familien, deren Arbeitsplatz und Auskommen von dieser Industrie abhängig? Wo ist die Empathie für diejenigen, die Wertverlust beim Diesel haben? ((Applaus))

Wer bezahlt dereinst die Steuern, die von dort nicht mehr geleistet werden? Mit was beschäftigen wir uns in dieser Weltlage? Anfang der Woche hab ich bei „Spiegel Online“ gelesen, wie Front gemacht wird gegen den Spargel. Es hieß dort, das sei das „privilegierteste Gemüse“. „Der alte weiße Mann der Kulinarik“, der deutsche Spargelkult müsse enden. Darüber reden wir im Bewusstsein, dass wir die Spargelnation der Welt sind. Aber weit gefehlt, liebe Freundinnen und Freunde: Spargelweltmeister ist China, denn die bauen 60 Mal mehr Spargel an als wir! Und es ist symbolisch, wenn wir nicht den Spargel anbauen, dann werden es andere tun, wie in jeder anderen Technologie auch. ((Applaus))

Liebe Freundinnen und Freunde, die Ziele der Selbstverwirklichung, der Solidarität in einem Sozialstaat, des Klimaschutzes, die stellen wir nicht infrage, ganz im Gegenteil. Aber Selbstverwirklichung und ökologische Sensibilität und soziale Absicherung, die haben Voraussetzung. Die Voraussetzung ist eine starke Wirtschaft, die Arbeitsplätze sichert und den Menschen Unabhängigkeit ermöglicht. Die Voraussetzung ist eine starke Wirtschaft, die die Mittel bereitstellt und die Technologien entwickelt, um Klimaziele zu erreichen. Und es ist eine starke Wirtschaft, die die Pfosten einschlägt, an denen danach das soziale Netz aufgehangen wird. Eine starke Wirtschaft ist nicht Zweck an sich. ((Applaus))

Liebe Freundinnen und Freunde, eine starke Wirtschaft ist nicht Zweck an sich, aber starke Wirtschaft ist Mittel und Weg, damit diese Gesellschaft ihre Ziele erreichen kann, und deshalb wollen wir wieder eine Debatte führen über das ökonomische Fundament unseres Lebens, liebe Freundinnen und Freunde, wenn andere es nicht tun. ((Applaus))

In der vergangenen Woche wurde die Prognose der Bundesregierung für die wirtschaftliche Entwicklung nach unten korrigiert. Waren es im vergangenen Herbst noch prognostiziert 1,8 Prozent Wachstum, so sind es jetzt noch 0,5. Man hört überall in der Wirtschaft, es wird wieder über Kurzarbeit nachgedacht. Die Auftragseingänge gehen zurück. Die DAX-Unternehmen haben mitgeteilt, dass in den nächsten Jahren wegen der geringeren Gewinnaussichten über hunderttausend Arbeitsplätze abgebaut werden. Quer durch alle Unternehmen. Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat durchblicken lassen, dass er für den Fall einer Rezession gegensteuern will. Liebe Freundinnen und Freunde, als Mitglied der Bundesregierung hat Herr Scholz den Eid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abwenden zu wollen. Deshalb dürfen wir nicht warten, bis eine Rezession kommt, wir müssen jetzt handeln, damit der wirtschaftliche Einbruch überhaupt gar nicht so tief geht. ((Applaus))

Ein Teil der Bundesregierung hat ja die Zeichen der Zeit auch erkannt. Peter Altmaier, der Bundeswirtschaftsminister, ... ((leichtes Lachen im Publikum))  Ich habe noch nichts gesagt ... Peter Altmaier, der Bundeswirtschaftsminister, der hat ein Strategiepapier vorgelegt, ein industriepolitisches Papier. Das Problem ist nicht, dass er ein Strategiepapier vorlegt, das Problem ist, was in diesem Strategiepapier drinsteht – und was nicht. Wie kann man denn ein Strategiepapier zur weiteren Entwicklung der deutschen Wirtschaft in der Globalisierung im Zeitalter der Digitalisierung vorlegen, und das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, nämlich die kleinen und mittelständischen Familienbetriebe finden überhaupt nicht statt in diesem Papier? Die werden vergessen. ((Applaus))

Und genau das passiert uns nicht, und deshalb begrüße ich sehr herzlich in unserer Mitte als Gast Mario Ohoven, den Präsidenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft. ((Applaus))

In dem Papier von Herrn Altmaier wimmelt es nur so von Reißbrettplanungen, wie nationale Champions entwickelt werden sollen, und zwar auf politisches Kommando und gerne auch noch im anteiligen Staatsbesitz. Dafür will er einen Fonds schaffen, mit Prozentquoten soll der Wertschöpfungsbeitrag etwa der Industrie festgelegt werden. Als ob man das vom Schreibtisch aus planen könnte! Wäre man in den 2000er Jahren den Empfehlungen gefolgt, dann hätte man überhaupt gar keine industrielle Wertschöpfung mehr gehabt, sondern hätte sich überwiegend auf Finanzdienstleistungen verlassen. Gott sei Dank haben damals nicht Politiker entschieden, sondern aus der Mitte der Gesellschaft heraus hat sich eine Wirtschaftsstruktur im Sinne der sozialen Marktwirtschaft entwickelt. Das, was Herr Altmaier vorgelegt hat, das trägt die Signaturen der Planwirtschaft. ((Applaus))

Früher, liebe Freundinnen und Freunde, früher hat die chinesische Wirtschaft deutsche Produkte kopiert. Heute kopiert die deutsche Wirtschaftspolitik die chinesische Politik. Und das ist die falsche Schlussfolgerung aus der neuen Wettbewerbssituation, die wir haben. Im Gegenteil. ((Applaus))

Wir stehen doch mit der Volksrepublik China in einem ganz besonderen Wettbewerb. Es ist nicht nur ein Wettbewerb auf den Märkten, es ist auch ein Wettbewerb der gesellschaftspolitischen Vorstellungen, ein Wettbewerb der Systeme. Viel des wirtschaftlichen Erfolgs der Volksrepublik China hängt doch damit zusammen, dass es keine Arbeitnehmerrechte, keine Beteiligungsrechte bei Planungsverfahren gibt, dass staatlich gelenkte Investitionsvorhaben vorangetrieben werden, dass staatliche Banken Investitionen finanzieren, wovon bei uns Unternehmensgründer und bestehende Firmen nur träumen können. Die Kehrseite ist aber, dass individuelle Freiheitsrechte, Kreativität und Meinungsfreiheit eben auch geringgeschätzt werden. Und deshalb, liebe Freundinnen und Freunde: Wir kämpfen gegen Uploadfilter als Bürgerrechtspartei einerseits, aber wir kämpfen eben andererseits auch für die Freiheit der wirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb wollen wir chinesische Konzepte nicht kopieren, sondern wir wollen unserer freiheitliches Wirtschaftssystem der sozialen Marktwirtschaft aus sich heraus erneuern. ((Applaus))

Wir wissen aus unserer Tradition, dass wir aus einem ganz anderen Denken kommen. Bei uns zählt nicht nur das Kollektiv. Bei uns zählt nicht der Staat oder die Einheitspartei. In der Gesellschaft des Grundgesetzes in unserer Wirtschaftsordnung, da zählt jede und jeder einzelne Mensch. Und deshalb wollen wir nicht den Staat großmachen, sondern wir wollen jede und jeden Einzelnen stark machen. Ein Land wächst mit seinen Menschen und deshalb investieren wir in genau diese Menschen, damit sie unser Land stark und erfolgreich machen können. ((Applaus))

Das ist unser Unterschied. Und, liebe Freundinnen und Freunde, das ist zuerst, vielleicht sogar überwiegend, eine Frage der inneren Einstellung. Wenn wir die Debatten verfolgen, das ist doch inzwischen alles pessimistisch, geradezu von Panik gekennzeichnet: Heißzeit, Massenarmut, Bevölkerungswachstum, Plastiktod, die dunkle Seite der Digitalisierung und so weiter und so fort. Pessimismus und Panik. Früher war mehr Zuversicht. Wenn wir in die Vergangenheit zurückschauen, 1972 gab es diesen Bericht an den Club of Rome über die angeblichen oder tatsächlichen Grenzen des Wachstums. Heute, bald 50 Jahre später, können wir feststellen: Die angeblichen Grenzen des Wachstums, sie wurden immer wieder überwunden durch Schaffenskraft und Erfindergeist der Menschen. Und deshalb möchte ich, dass wir diesen Pessimismus, diese Panikmache in unserer Gesellschaft überwinden, dass wir wieder Mut zur Zuversicht haben. Dass wir mehr Offenheit für neue Technologie gewinnen. Dass wir mehr Offenheit für überlegene Lösungen finden, und dass wir den einzelnen Menschen wieder vertrauen. Denn es ist die Weisheit der Vielen, die Zukunft schafft und wir müssen sie schützen vor der schlechten Laune und der Einfältigkeit der Wenigen, die keine Kreativität mehr haben, dass das Leben besser werden könnte, als es heute ist. ((Applaus))

Und liebe Freundinnen und Freunde, das hat ganz konkrete praktische politische Konsequenzen. Das erste Thema, das ich ansprechen muss, wenn wir Menschen stärken wollen, das ist das der individuellen Qualifikation der Bildung, der Horizonterweiterung. Wer über einen Horizont verfügt, wer gebildet ist, wer eine berufliche Qualifikation hat, der hat Sicherheit, auch im Wandel. Sie oder er kann unabhängig sein. Unabhängig auch von Unterstützungsleistungen des Staates. Deshalb ist die Bildungspolitik, auch übrigens die Forschung und Innovationspolitik, unsere wichtigste Standortaufgabe, die wir in den nächsten Jahren haben. ((Applaus))

Katja Suding hat es angesprochen eben, wir haben erreicht, dass das Grundgesetz verändert worden ist. Es ist jetzt möglich, dass Bund und Länder zusammenwirken können bei dieser wichtigsten gesellschaftlichen Aufgabe, nämlich der Bildung. Das war ein gutes Zusammenspiel, übrigens auch mit den Mitbewerbern von Bündnis 90/Die Grünen. Katja Suding und Nicola Beer als unsere Fachpolitikerinnen im Bildungsbereich und Marco Buschmann und ich im Vermittlungsausschuss, wir haben diese Veränderung des Grundgesetzes möglich gemacht, die während dieser karibischen Nächte von 2017 von CSU und Herrn Kretschmann verhindert worden war. Das ist aber nur der erste Schritt. Denn wir haben jetzt ja nur die verfassungsmäßigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund sich in der Bildungspolitik dieser Zukunftsfrage engagieren könnte. Jetzt sind Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel vom Haushaltsgesetzgeber. Olaf Scholz gibt überall hin mehr Geld. In jeden Bereich, insbesondere in die Ressorts, die von der SPD geführt werden, zum Beispiel in das von Hubertus Heil. Einen einzigen Bereich nimmt er aber aus: Bis 2023 sollen vier Prozent der Mittel sogar noch gekürzt werden im Haushalt für Bildung und Forschung des Bundes. Wir können überall sparen, liebe Freundinnen und Freude, an einer Sache sollten wir allerdings nie mehr sparen, und das ist die Bildung von Kindern und Jugendlichen und die Investition in Forschung und Entwicklung! ((Applaus))

Wir wollen und wir müssen das korrigieren. Wir haben jetzt die Möglichkeiten, um über das, was die Bundesregierung bisher geplant hatte am Digitalpakt, hinauszugehen. Warum, liebe Freundinnen und Freunde, gibt es etwa eine Exzellenzinitiative für die Hochschulen, die wir begrüßen? Weil auch da wollen wir in die Weltspitze in den Fachbereichen kommen. Warum gibt es aber nicht etwas Vergleichbares für die berufliche Bildung? Denn auch mancher Fachraum in Berufskolleg oder Berufsschule entspricht nicht mehr dem Stand der Zeit. Wenn wir es ernst meinen mit der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung, dann müssen wir nicht die Namen der Berufsabschlüsse zuerst austauschen, wie Frau Karliczek das will, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Berufsschulen auch in dem gleichen Zustand sind wie unsere Spitzeninstitute an den Hochschulen. ((Applaus))

Der zweite Bereich: Wer dem einzelnen vertraut, der gibt den Menschen auch mehr Flexibilität und Entscheidungsspielraum. Der sorgt dafür, dass die bürokratischen Fesseln gelockert werden. Beispielsweise beim Arbeitszeitgesetz, beispielsweise bei der Datenschutzgrundverordnung, die wir begrüßen, kein Missverständnis, wenn es darum geht, wirklich die Apples und Googles und Facebooks, also die großen kommerziellen Datensammler, zu disziplinieren. Aber auf der anderen Seite, dass jeder Mittelständler mit zehn Beschäftigten einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten vorhalten muss, das ist nur teuer, aber ist kein zusätzlicher Beitrag dazu, mit unseren Daten vernünftig umzugehen. ((Applaus))

Also sorgen wir dafür, dass wir breitflächig die bürokratischen Fesseln lösen, damit die Menschen kreativ werden können. Mich hat nachdenklich gemacht, was ein Bremer Unternehmer mit 14 Mitarbeitern dieser Tage gesagt hat, der einen Druckereibetrieb hat. Der will jetzt in die neue Zeit kommen und will seine Produkte und Dienstleistungen auch mit einem Onlineshop vermarkten. Und dafür will der, mit 14 Beschäftigten ist das kein Großbetrieb, will der 25.000 Euro investieren und hat das getan. Und wisst ihr was? Der hat, bevor er gestartet ist mit seinem Onlineshop, das Projekt wieder eingestellt, bevor er einen Euro Umsatz gemacht hat. Er sagt, für ihn lohnt sich das nicht, wegen der ganzen bürokratischen Vorgaben, zum Beispiel den Lizenzierungspflichten bei Füllmaterial und Verpackungen. Was sagt das eigentlich über unseren Staat und seine Bürokratie aus, wenn die kleinen Betriebe daran gehindert werden, die Chancen der Digitalisierung für sich zu ergreifen, und nur die Großen die Möglichkeiten haben? ((Applaus))

Ich war mit einer Delegation der FDP-Bundestagsfraktion jetzt gerade in Estland. Und wir haben uns dort die öffentliche Verwaltung angesehen. Ich muss sagen, mir sind die Tränen in die Augen gekommen, was die da alles haben und was da möglich ist. Ummeldung des Wohnsitzes machen die digital und selbst. Steuererklärung geht ganz rasch und flott. Die konnten gar nicht fassen, dass das bei uns alles noch papierbasiert ist. Aber es ist die Wahrheit. Die haben eine komplett digitalisierte Verwaltung, bis ins Parlament, bis in die Kabinettssitzungen arbeiten die komplett elektronisch mit dem Tablet. Und ich konnte es nicht glauben, aber auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung geantwortet, dass man im Bundeskanzleramt immer noch auf die überlegene Technologie der Rohrpost vertraut. Das ist symptomatisch für unser Land. Wenn die Spitze der Regierung auf Rohrpost setzt, dann darf man sich nicht wundern, wenn unten in der kleinen Behörde ebenfalls noch mit Papier gearbeitet wird. Das muss sich von oben bereits ändern. ((Applaus))

Mein dritter Punkt: Wir brauchen mehr private Investitionen und private Nachfrage, liebe Freundinnen und Freunde, wir haben das aus gesellschaftspolitischen Gründen immer gefordert. Dass es eine Balance von Staat und Privat gibt, dass nicht nur die Vorhaben und Ziele der Politik finanziert werden, sondern dass wir auch Respekt haben müssen vor den Wünschen und Zielen der Menschen selbst, dass wir Vertrauen haben sollen in ihre privaten persönlichen Investitionsentscheidungen, für die sie haften. Dafür brauchen sie die Möglichkeiten. Jetzt ist es nicht nur eine Frage der Ordnungs- und Gesellschaftspolitik, des Verständnisses von dem Verhältnis Bürgerinnen und Bürger einerseits und Staat. In dieser Situation, in der wir jetzt sind, ist es auch konjunkturpolitisch geboten, wie sogar der Internationale Währungsfonds sagt, dass wir private Investitionen und die Binnenkaufkraft in Deutschland stärken. Wir sind inzwischen im OECD-Vergleich weltweit Spitze, nur Belgien ist noch vor uns bei der Belastung der privaten Einkommen. Emmanuel Macron hat gestern angekündigt, dass er nach den Unternehmenssteuerreformen und Senkungen der Belastungen jetzt auch für die Bürgerinnen und Bürger eine Entlastung beschließen wird. Die Volksrepublik China wird in einer Größenordnung von zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr ihre Wirtschaft entlasten und bei uns gibt es keine entsprechenden Maßnahmen und Anstrengungen. Liebe Freundinnen und Freunde, wenn selbst Keynesianer empfehlen, dass wir jetzt die Steuerlast reduzieren müssen, dann müsste es auch in der Bundesregierung ankommen. Und der erste und auch der vom Bundestag am schnellsten zu beschließende Weg wäre zum 1.1.2020 den Solidaritätszuschlag entfallen zu lassen. ((Applaus))

Liebe Freunde, wir wünschen uns einen anderen Sozialstaat, einen Sozialstaat der treffsicher die Menschen, die wirklich bedürftig sind, schützt und der zugleich individuelle Anstrengungen prämiert und belohnt. Das ist ein ganz anderes Bild, als das, das vertreten wird, etwa von den Grünen, die einen Wohlfahrtsstaat wollen, der im Grunde eine Absicherung ohne Gegenleistung verspricht. Das ist nicht unser Modell. Wir wollen den individuellen Aufstieg stärken. Unser heutiger Sozialstaat fungiert hingegen immer noch wie ein Magnet. Gerade die Menschen, die sich im Arbeitslosengeld II befinden, haben doch immer noch die Situation, dass wenn sie mehr arbeiten, sie am Ende des Tages in bestimmten Konstellationen weniger Nettoeinkommen haben. Wir haben immer noch die Situation, dass wenn der Mindestlohn erhöht wird, die Menschen im Minijob überhaupt gar nicht davon profitieren, weil bei denen ja die Grenze von 450 Euro nicht wächst, sondern einfach nur die Arbeitszeit reduziert wird. Vielleicht wollen die aber vorankommen als Studierende, die neben dem Studium arbeiten müssen, als Rentnerinnen und Rentner, die die Rente aufbessern wollen oder als Menschen in der Mitte des Lebens, die vielleicht einen Kredit schneller abzahlen wollen, dem sie nämlich neben dem normalen Job auch noch einen 450-Euro-Job haben. Und um diese Leute bemühen wir uns. Wir wollen auch, dass wer auf Sozialleistungen zeitweise angewiesen ist, dass sie oder er von jeder Stunde individueller Mehrarbeit profitiert. Das ist auch eine Frage des Respekts und der Leistungsgerechtigkeit. ((Applaus))

Die Veränderung bei den Zuverdienstgrenzen, das ist der erste Schritt in Richtung auf unser liberales Bürgergeld, also eine zusammengeführte Sozialleistung, die zunächst Menschen unterstützt und die dann schrittweise übergeht in die Steuerlast. Dieser Gedanke der Leistungsgerechtigkeit, liebe Freundinnen und Freunde, der beseelt uns auch bei der Frage der Rentenpolitik. Die Rentenpolitik ist ja wieder ein Schauplatz der harten politischen Auseinandersetzungen. Sozialdemokraten haben Vorschläge gemacht für eine Respekt- oder Grundrente, die roundabout fünf Milliarden Euro kosten soll, und von der vier Millionen Menschen profitieren sollen. Wir sehen auch das Problem der Altersarmut, liebe Freundinnen und Freunde. Wir sehen das Problem der Altersarmut auch. Aber wir haben ein anderes, und ich glaube, besseres Konzept. Ich werde ja aus der SPD und von manch anderem gelegentlich für meine Kritik an dem Konzept der SPD kritisiert. Weil ich darauf hingewiesen habe, dass auch Menschen, die nicht bedürftig sind, die über Vermögen, vielleicht sogar ein Millionenerbe verfügen, dass die auch von Herrn Heil Geld bekommen sollen. Jedes sechste Rentnerehepaar hat Mieteinnahmen und selbst die gesetzliche Rentenversicherung sagt, es muss geachtet werden auf das Haushaltseinkommen, weil er vielleicht eine kleine Rente, sie aber eine höhere Rente hat, und sie zusammengenommen nicht bedürftig sind. Medien haben errechnet, dass von den vier Millionen Menschen, die von der Respekts- oder Garantierente oder Grundrente von Herrn Heil profitieren, in Wahrheit nur 130.000 wirklich bedürftig sind. Da gibt’s es viele andere Lebenssachverhalte, Haushaltseinkommen, Vermietung, wie auch immer, warum Menschen eben individuell nicht bedürftig sind, jetzt aber von der Sozialdemokratie Geld bekommen sollen. Und da, liebe Freundinnen und Freunde, sage ich, es gibt die Solidarität in dieser Gesellschaft für die Menschen, die bedürftig sind, und denen wir auch im Ruhestand ein würdiges Leben sichern wollen. Es gibt auf der anderen Seite aber auch eine politische Verantwortung für alle diejenigen, die das alles von ihrer Arbeit bezahlen müssen. Und dem Facharbeiter zu erklären, dass von seiner Steuer auf der anderen Seite der Steuerzuschuss an die Rente der Zahnarztgattin bezahlt wird, das hat nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, das ist eine reine Form von Klientelpolitik, die da betrieben wird. Und liebe Freunde, wir haben ein besseres Modell. ((Applaus))

Wir haben ein besseres Modell, das unser Freund Johannes Vogel entwickelt hat: die Basisrente. Menschen, die die Grundsicherung haben, weil sie eine kleine Rente beziehen, die also bedürftig sind, die haben oft aber auch eigene Rentenansprüche erworben. Nicht so hohe, aber sie haben Rentenansprüche. Mancher hat vielleicht sogar mit viel Sparsamkeit über das ganze Leben eine bescheidene private Altersvorsorge angespart. Und das wollen wir ja fördern. Auch bei den Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen, zu sagen: Ja, lege auch etwas für dein eigenes Alter zur Seite. Und unser Vorschlag, der sagt, wir machen 20 Prozent dessen, was die Menschen sich selbst erarbeitet haben, frei von der Anrechnung auf die Grundrente. Das führt bei Bedürftigkeit dazu, dass die Menschen tatsächlich mehr haben als die Grundsicherung, aber es macht dann weiter einen Unterschied: Was hast du im Berufsleben gemacht, und wie sieht später deine Absicherung aus? Und vor allen Dingen überwinden wir ein Problem, nämlich die Spaltung, dass derjenige, der 34 Jahre gearbeitet hat mit kleiner Rente gar nichts bekommen soll und derjenige mit 35 Jahren, der bekommt dann sofort etwas: Auch das ist eine neue Gerechtigkeitslücke, die dort aufgerissen wird, die wir mit unserem Konzept schließen können. ((Applaus))

Und, liebe Freundinnen und Freunde, und das fünfte Feld, dem wir uns widmen müssen, das ist ein anderer Zugang zu den großen Veränderungsprozessen in Wirtschaft und Gesellschaft. Und damit meine ich insbesondere die Menschheitsherausforderung des Klimawandels, der Erderwärmung, also unsere deutsche Klimapolitik. Jetzt vor der Osterpause gab es eine Regierungserklärung der Bundeskanzlerin vor unserem Parlament im Vorfeld eines Europäischen Rats. Und Frau Merkel hat dort erläutert – nun ja, jetzt ging es ja um die europäischen Klimaziele –, und sie hat dann erklärt, da müsse jetzt in jedem Sektor, also Landwirtschaft und Energie und Industrie und Verkehr, müsste man, so war ihr Wort, auf Jahresscheibenbasis genau erreichen und errechnen, wieviel Tonnen CO2 eingespart werden. Das war eine Karikatur von Planwirtschaft, liebe Freundinnen und Freunde. Und so machen wir in unserem Land schon seit Jahren Klimapolitik. Nämlich staatlich geplant, gelenkt, mit Quoten und Subventionen. Im Ergebnis haben wir heute die höchsten privaten und gewerblichen Strompreise in Europa. Nach den Zahlen des Weltwirtschaftsforums sind wir bei der Wirtschaftlichkeit unserer Energieversorgung weltweit auf Platz 90 angekommen. Und wir haben trotzdem bei den CO2-Einsparungen nichts erreicht. Deshalb müssen wir über einen anderen Zugang in der Klimapolitik nachdenken. Diese Debatte wird gegenwärtig geführt. Andere wollen noch mehr Ordnungsrecht, noch mehr Eingriff. Die Grünen wollen sofort am liebsten den Verbrennungsmotor verbieten, wollen Flugreisen kontingentieren, eine Kerosinsteuer einführen. Das führt dazu, dass eine vierköpfige Familie, die in den Herbstferien von Köln nach Mallorca in den Urlaub fliegt, mal eben 800 Euro zusätzlich für ein Flugticket bezahlt. Auf die Debatte auf den Straßen bin ich gespannt, die dann geführt wird. Herr Habeck sagt, er wünscht sich bis 2050 eine Gesellschaft ohne Fleischkonsum. Also wir werden alle Vegetarier und Veganer, wenn es nach denen geht. Das alles, liebe Freundinnen und Freunde, was da diskutiert wird, sind tiefe Eingriffe in Wirtschaft, Gesellschaft, das sind tiefe Eingriffe in die individuelle Freiheit. ((Applaus))

Tiefe Eingriffe in die individuelle Freiheit, die auf ein anderes Gesellschaftsmodell schließen lassen. Der Soziologe Ulrich Beck hat einmal gesagt, und das war nun wirklich kein, ich sage mal, ... also es war ein eher linker Soziologie. Ulrich Beck hat gesagt, er beobachte bei seinen Freunden aus der Umwelt- und Klimabewegung ein liebäugeln mit der Figur der ökologischen Steuerung von oben. Und er selbst, nicht ich, brachte das in einen Zusammenhang mit dem chinesischen Staatskapitalismus, liebe Freundinnen und Freunde, weil darin ein anderes Denken steckt. Ich nenne das nicht chinesischen Staatskapitalismus, aber wenn Verhältnismäßigkeit keine Rolle mehr spielt, wenn es nicht mehr eine Rolle spielt, auch Ziele wie Wohlstand und individuelle Lebensführung zu sichern, dann ist das eine Form des ökologischen Autoritatismus, der zu einer liberalen Gesellschaftsordnung eben nicht passt. ((Applaus))

Und, liebe Freundinnen und Freunde, da frag ich mal: Wo sind eigentlich in der Frage unsere Bürgerrechtler in diesem Land? Wo sind in der Frage die Bürgerrechtler? Wenn es um den Eingriff des Sicherheitsstaates in die individuelle Freiheitssphäre geht, durch Datenspeicherung oder durch Polizeigesetze wie in Bayern. Dann sind viele Bürgerrechtler auf der Zinne. Wenn es aber auf der anderen Seite darum geht, Fragen der Verhältnismäßigkeit und der individuellen Freiheitsrechte in ökologischer Hinsicht zu verteidigen, dann verstummen diese Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler. Wir nicht. ((Applaus))

Wir wollen, dass ökologische Ziele mit demokratischer Legitimation und vor allen Dingen auch mit den Verhältnismäßigkeitsabwägungen unseres Rechtsstaats umgesetzt werden. Dann gibt es mildere und bessere Wege, zum Beispiel CO2-Einsparziele zu erreichen als Flugverbote oder Rationierung von Flugreisen. Der neue Airbus-Chef spricht von Wasserstoffflugzeugen und der Brennstoffzelle auch im Flugverkehr. Dann gibt es mildere Mittel, statt des Verbots von Fleisch, der veganen und vegetarischen Gesellschaft. Nämlich zum Beispiel negative CO2-Emissionen durch den Schutz von Regenwald oder den Ankauf von CO2-Zertifikaten dafür. Dann gibt es mildere Mittel, die eine freiheitliche Lebensführung vereinbar machen mit einem CO2-neutralen Wachstum, mit CO2-neutralem Wirtschaften. Und genau diesen Ansatz wählen wir.

Das ist ein Ansatz, der aus unserer ordnungspolitischen Tradition kommt. Das ist nichts Fremdes. Wir waren die ersten, die einmal einen Umweltminister in Deutschland gestellt haben. Aus dem Gedanken nämlich, starken Rahmen zu setzen und dann innerhalb des Rahmens zu schauen, wie kann die Kreativität der mündigen Verbraucherinnen und Verbraucher, der Ingenieurinnen und Ingenieure, wie können die einen besseren Weg finden als Politikerinnen und Politiker. Und ich weiß, die Klimapolitik ist ein Feld für profilierte Auseinandersetzungen. Aber ich halte daran fest, ich habe das vielfach schon erzählt und muss das noch mal in Erinnerung rufen vor dem Hintergrund einer aktuellen Debatte, als wir bei diesen Gesprächen zur Sondierung zusammensaßen, Herr Dobrindt, Frau Göring-Eckardt und ich. Ihr kennt das, wir saßen zusammen und haben diskutiert über Antriebstechnologien. Wir haben nicht diskutiert über CO2-Einsparziele in der Fahrzeugflotte, wir haben diskutiert über Antriebstechniken. Ich als Politologe, Herr Dobrindt als Soziologe, Frau Göring-Eckardt als Theologin – alles ehrenwerte Studienfächer. Aber von uns Dreien konnte vermutlich niemand erklären, was eine Brennstoffzelle genau ist. Aber trotzdem wurde um diese technischen Fragen gerungen, gestritten und entschieden. Und da genau, liebe Freundinnen und Freunde, liegt das Problem. Wir brauchen die demokratische Auseinandersetzung über Ziele. Das können Politologen, Soziologen, Theologen machen, Ökonomen und Juristen, Schülerinnen und Schüler, aber wenn es darum geht, den besten technischen Weg der Umsetzung zu wählen, sollten wir wirklich wieder denen vertrauen, die wirklich Ahnung davon haben. ((Applaus))

Und, liebe Freundinnen und Freunde, das hat eine ganz praktische Relevanz. Nehmen wir nur noch mal die Automobilbranche, weil die unter besonderem Druck steht. In der Automobilbranche gibt’s jetzt Flotteneinsparziele beim CO2. Die sind enorm ambitioniert. Aber gut. Diese CO2-Einsparziele können aber nicht erreicht werden durch alternative Antriebe, zum Beispiel grünen Treibstoff, sogenannte E-Fuels, synthetische Kraftstoffe im regulären Verbrennungsmotor. Denn die werden nicht angerechnet auf den CO2-Flottenverbrauch. Das hat die deutsche Bundesregierung in Brüssel mitbeschlossen. Und damit werden wir jetzt einseitig aufgrund politischer Entscheidungen auf den Weg der Elektromobilität geführt. Ich wage gar nicht, mich in die Debatte zu begeben, ob die wirklich ökologischer ist oder nicht, man liest in den Zeitungen gegenwärtig ja eine harte Auseinandersetzung darüber. Aber zumindest wird politisch einseitig entschieden, dieser Entwicklungspfad soll es sein, andere technologische Optionen werden ja nicht auf den CO2-Flottenverbrauch angerechnet. Die Ergebnisse, da weist unser Freund Oliver Luksic regelmäßig drauf hin, die werden von den Bürgerinnen und Bürgern jetzt schon bald zu spüren sein, weil nämlich kleine Fahrzeuge, wie der Opel Adam oder der VW up! nicht mehr produziert werden, die sind nicht nämlich nicht elektrifizierbar, da ist die Batterie zu schwer. Und wie viel besser wäre es, wir würden meinetwegen die harten CO2-Flottenziele beibehalten, aber wir würden beim Weg wieder die Offenheit haben, dass jeder Antrieb, der CO2-neutral ist, auch angerechnet wird auf den Flottenverbrauch. ((Applaus))

Wir haben eine Spitzentechnologie beim Verbrennungsmotor, übrigens auch beim Diesel. Da hat die Politik gesagt: Wir wollen, dass ihr Diesel macht. Das ist subventioniert worden bei der Kraftfahrzeugsteuer. Die Politik wollte den Diesel. Dann haben Ingenieurinnen und Ingenieure den Diesel entwickelt. Da sind Milliarden investiert worden, damit wir weltweit führend werden bei dieser ökologisch verantwortbaren Technologie. Und dann heißt es jetzt plötzlich: April, April! Alles an Investitionen, an Patenten, an Kreativität, an Investitionen spielt keine Rolle mehr. Wir möchten diese Technologie nicht mehr. Das ist auch eine Respektlosigkeit im Umgang mit dem intellektuellen Kapital und dem geistigen Eigentum in unserem Land. Und vor allen Dingen schaden wir damit vorsätzlich Hunderttausenden von Arbeitsplätzen, ohne dass wir tatsächlich einen ökologischen Nutzen haben. ((Applaus))

Und deshalb, auch wenn ich der Letzte bin: Es ist eine Realität, wir leben nicht alle in Berlin-Mitte, sondern wir leben auch im Hochschwarzwald, im Münsterland, in Mecklenburg-Vorpommern und da gibt es Menschen, die brauchen ein Auto und denen kann man nicht sagen: Mit dem Diesel kommst du nicht mehr in die Stadt. Kauf dir gefälligst ein Elektroauto! Es gibt Menschen, die können sich nicht alle paar Jahre ein neues Auto kaufen, für die ist das die größte private Investition, die sie in jedem Jahrzehnt vornehmen und wo ist die Empathie für diese Menschen und das knappe Geld, das sie haben und einsetzen müssen? ((Applaus))

Liebe Freundinnen und Freunde, ich empfehle sehr den Antrag zur Klimapolitik. Den haben Lukas Köhler und Stefan Birkner erarbeitet, der Bundesfachausschuss Wirtschaft, Andreas Reichel und Michael von Bauer, haben noch Ergänzungen, die sinnvollerweise da reinpassen. Ich empfehle uns wirklich sehr, dass wir in dieser Debatte unsere Position vertiefen, denn wir haben etwas anzubieten, einen besseren Weg, um Klimaziele zu erreichen. Nämlichindem wir die Menge an CO2, die wir noch emittieren dürfen, einfach in ein Budget fassen und dann kann jeder, der CO2 für das Fleisch, den Flug, das Auto sich sein Recht am CO2-Ausstoß kaufen. Das ist ein marktwirtschaftliches System, das dazu führt, dass an der effizientesten, an der günstigsten Stelle, CO2 eingespart wird und nicht dort, wo es bestimmte ideologische Vorfestlegungen gibt. Es ist ein Weg, mit dem wir die Situation überwinden, dass wir in Deutschland heute die höchsten CO2-Vermeidungskosten weltweit haben. Das ist die Folge von jahrzehntelangen, mindestens jahrelangen planwirtschaftlichen Strukturen in diesem Bereich, die wir überwinden können. Und ich füge eins hinzu, liebe Freundinnen und Freunde: Das Geld, das der Staat über diesen Prozess einnimmt, das darf nicht irgendwo versickern oder als Subvention an wenige gehen. Der Weg in eine CO2-neutrale Gesellschaft wird manches verteuern. Und deshalb ist es nur fair, gerecht und billig, dass das Geld, das der Staat einnimmt, wenn er dem CO2 einen Preis gibt, dass er das sofort und am besten auch Pro-Kopf an die Bürgerinnen und Bürger zurückgibt, damit eine Familie eben weiter selbstbestimmt leben kann. ((Applaus))

Wir wollen eben nicht, dass die Urlaubsreise, die Mobilität oder das Schnitzel ein Luxus für nur Wenige wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, liebe Freundinnen und Freunde, dass diese Klimadebatte hoch energetisch ist. Und das haben wir öfter in Deutschland gehabt in den letzten Jahren. Ich erinnere mal an Fukushima. Da gab es ganz viele Gefühle in unserem Land und es gab viele, auch hypermoralische Erwägungen, die dann zu Entscheidungen geführt haben, hinter denen wir bis heute hinterherregieren. Paradoxerweise, wenn ich mit Aktivisten von „Fridays for Future“ spreche, dann gibt’s manche, die plädieren für die Kernenergie. ((Applaus))

Ich weiß nicht, wie ich den Beifall verstehen darf, ich glaube, die Messe ist gelesen. ((Applaus))

Mir geht’s ja um den Punkt dieser besonderen Emotionalität. Wir hatten noch einen zweiten Punkt, wo es so emotional zuging. Im Sommer 2015, eine Refugees-Welcome-Kampagne mit dem Gefühl, es sei unsere besondere moralische Pflicht, eine geradezu grenzenlose Aufnahmebereitschaft zu haben. Erst danach haben wir erkannt, was mit dem Verlust auf Kontrolle und dem Verzicht auf ein geordnetes Einwanderungsmanagement verbunden ist. Jetzt arbeiten wir in Deutschland, in Europa, in den Ländern – Joachim Stamp! –, diese hochemotionale Phase auf. Weil die einer neuen Nüchternheit gewichen ist. Und genauso ist es jetzt wieder bei dieser Debatte über die Fridays-for-Future-Bewegung und ihre konkreten Vorschläge in der Sache. Hypermoralisch und enorm energetisch. Ich möchte aber an einem vernünftigen, sachlichen und nüchternen Austausch festhalten. ((Applaus))

Ich wundere mich im Gegenteil, dass diejenigen, gegen die protestiert wird in besonderer Weise auch das Engagement würdigen. Ich halte das für ein bisschen opportunistisch, um ehrlich zu sein. ((Applaus))

Denn wenn man eine jugendliche Protestbewegung wirklich ernst nimmt, dann sagt man nicht: Och, wie süß, dass ihr euch engagiert und demonstriert. Oh, das ist aber niedlich, ja, fein. So geht man nicht mit denen um, wer junge Menschen wirklich ernst nimmt, der beschäftigt sich mit ihren Anliegen, der beschäftigt sich mit ihren konkreten Forderungen und der mutet ihnen in der Demokratie gegebenenfalls auch fachlichen Widerspruch zu. Weil sonst nimmt man nicht ernst, sondern redet nach dem Mund. ((Applaus))

Das mache ich nicht! ((Applaus))

Ich kann sagen, ich hab mich schon drei Mal mit Aktivisten von „Fridays for Future“ getroffen und diskutiert. Einmal war sogar David Hasselhoff dabei. ((Lachen))

Streicht das aus dem Protokoll. Und natürlich kann man diskutieren, es gibt gemeinsame Ansichten, auch innerhalb dieser Bewegung unterschiedliche Positionen, aber ich wage zu sagen, 180 Euro pro Tonne CO2, die von dort gefordert werden, bedeutet für eine vierköpfige Familie im Jahr gut 8.000 Euro zusätzliche Belastung aus dem Nettoeinkommen. Die Grünen schweigen dazu. CDU/CSU schweigen dazu. SPD sagt gar nichts dazu. Nehmen die die Schülerinnen und Schüler ernst oder wir, die wir sagen, 8.000 Euro für eine vierköpfige Familie, die Belastung ist zu hoch und sie ist im Übrigen auch unnötig, wenn wir die CO2-Einsparziele erreichen wollen. ((Applaus))

Ich muss sagen, mir macht der Dialog mit den jungen Leuten auch Spaß. Ich habe den Jungen Liberalen schon vor einigen Wochen bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Präsidium der FDP angeboten, wenn die Julis mal einladen zu einem großen Kongress Klimapolitik, ich würde gerne kommen, um mit einem ganzen Saal über diese Fragen zu diskutieren – wenn es am Freitagnachmittag stattfindet. ((Lachen)) ((Applaus))

Liebe Freundinnen und Freunde, ich muss noch einen letzten kurzen Punkt ansprechen mit Blick auf unser Parteitagsmotto China. Viele reagieren ja auf die chinesische Herausforderung damit, dass abgeschottet werden soll. Auch die deutsche Außenwirtschaftspolitik setzt darauf, dass Investitionen bei uns erschwert werden. Ich halte das für den völlig falschen Weg, liebe Freundinnen und Freunde. Wir wollen doch auch selbst in China investieren. China ist ein Wettbewerber, ich hab das ausgeführt, aber die Volksrepublik China ist zugleich auch unser wichtigster Handelspartner außerhalb der Europäischen Union. Also dürfen wir uns da nicht abschotten. Wir profitieren von chinesischen Investitionen bei uns, weil da Arbeitsplätze gesichert werden. Wir profitieren, wenn wir dort unsere Produkte verkaufen, deshalb kann das Ziel nicht Abschottung sein, sondern unser Ziel muss sein, zu einem freien und fairen Welthandel zurückzukehren. Und wo sind in dieser Frage die deutschen Initiativen? Wir schaffen es noch nicht einmal, ceterum censeo, das Freihandelsabkommen mit Kanada im Deutschen Bundestag zu ratifizieren. Wo ist der Außenminister, wo ist der Wirtschaftsminister unterwegs, um ... in Seoul, in Australien, bei den like-minded Staaten zu werben, dass wir gemeinsame Initiativen ergreifen, um im Welthandel aufzutreten? Machen wir uns eins klar, im Jahr 2030 wird kein einzelnes Mitgliedsland der Europäischen Union noch in der G7 sein, würde man sie dann neu gründen. So entwickeln sich die Schwellenländer. Aber die Europäische Union, die wäre weiter Mitglied der G7 und deshalb ist die Auseinandersetzung, die wir haben, um die Systeme, und die Suche nach freien und fairen Regeln für den Welthandel. Das ist zugleich eine Frage, die wir mit einem Wort zu Anfang beantworten können, nämlich mit dem Wort: Europa. In diesen Fragen müssen wir auf europäische Wege setzen. ((Applaus))

In Deutschland gibt’s ja die AfD, die allen Ernstes vom Deuxit sprechen. Also vom Ausscheiden Deutschlands aus der Europäischen Union. Ich stelle mir das gerade bildlich vor, angenommen mal, die bekämen in Deutschland die absolute Mehrheit, Gott bewahre, wie dann Bundeswirtschaftsminister Alexander Gauland in Peking über Handelsfragen verhandelt. Also selbst das starke Deutschland ist im Vergleich zu großen Akteuren wie der Volksrepublik China, Indien und auch den USA viel zu klein. Die Europäische Union und das gemeinsame Arbeiten an den großen Fragen im europäischen Kontext, das ist geradezu unsere Versicherung für Wohlstand und unseren Lebensstil in der Welt. Die Europäische Union ist nicht perfekt, wird immer gesagt, aber sie ist besser als alles andere, was wir haben. Und deshalb wollen wir Europas Chancen nutzen in diesem Jahr. ((Applaus))

Der Brexit ist eine Chance, so schlimm er auch ist, dass wir uns besinnen auf das, was uns Europäer zusammenhält. Das sind die gemeinsamen Interessen, unser way of life. Aber es sind eben auch ganz besondere Grundwerte: Rechtstaatlichkeit, Demokratie, individuelle Freiheit, ja und auch marktwirtschaftliche Ordnung. Bei dieser Europawahl geht’s deshalb nicht nur um technische Fragen, liebe Freundinnen und Freunde. Nicola Beer, unsere Spitzenkandidatin, hat das oft genug betont, es geht bei der Europawahl auch um Wertfragen. Es geht darum, ob wir Europa aus der Mitte heraus erneuern mit den moderaten und liberalen Kräften. Es geht darum, ob Europa seine eigenen Werte, seine eigenen Regeln auch wieder selbst ernstnimmt. Das beginnt in jeder einzelnen Parteienfamilie, liebe Freundinnen und Freunde. Wir haben uns von der liberalen Bewegung in Katalonien getrennt, weil die nicht unsere europäischen Werte teilen. Die FDP hat in Rumänien den Antrag gestellt, dass wir ein formales Verfahren gegenüber unseren dortigen Partnerpartei durchsetzen, weil dort Zweifel bestehen an ihrer weiteren Entwicklung. Seit mehr als zehn Jahren beobachten wir, wie Viktor Orbán europäische Werte mit Füßen tritt. Jetzt zuletzt gibt es noch antisemitisch geprägte Kampagnen gegen den eigenen EVP-Kommissionspräsidenten Juncker und George Soros. Rechnungsprüfer der Europäischen Union können in diesem Land nicht tätig werden, die Wissenschaftsfreiheit wird eingeschränkt, die Presse- und Medienfreiheit, damit die Meinungsfreiheit, wird eingeschränkt. Und was macht die Europäische Volkspartei unter Führung von Herrn Weber? Sie sagen, dass sie die Mitgliedschaft aussetzen, das ist in Wahrheit ein Sieg von Viktor Orbán, liebe Freundinnen und Freunde, schon vor Jahren hätte man ihm den Stuhl vor die Tür stellen müssen, gerade, wenn wir europäische Werte in der Tradition von Adenauer und Kohl verteidigen wollen. (Applaus)). Und deshalb wird die Wahl zum Europäischen Parlament in diesem Sinne eben auch eine Wertefrage sein.

Liebe Parteifreundinnen, liebe Parteifreunde, ein solcher Rechenschaftsbericht ist natürlich Anlass zum Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre hinsichtlich der Entwicklung der FDP. Als wir vor zwei Jahren hier zusammenkamen, im April 2017, da standen die Freien Demokraten in den Umfragen bei sechs Prozent. Und der Einzug in den Bundestag, der war noch nicht sicher. Wir haben dann danach gekämpft und ich glaube, der größte Erfolg in der vergangenen zweijährigen Amtszeit dieses Präsidiums, das war der Wiedereinzug der Freien Demokraten in den Deutschen Bundestag. ((Applaus))

Wir haben als Präsidium für die Gesamtpartei harte und schwierige Entscheidungen treffen müssen bei den Gesprächen über eine mögliche Regierungsbildung. Und es folgte ein hartes Jahr 2018 in der öffentlichen Auseinandersetzung - ist auch jetzt noch nicht einfach. Aber wir können am Ende der Amtszeit nach schweren Entscheidungen und harten Auseinandersetzungen sagen, nach dem Wiedereinzug in den bayerischen Landtag mit Martin Hagen beispielsweise ((Applaus)) oder auch angesichts von Umfragen von 19 Prozent: Wir können sagen, ja, wir sind wieder eine stabile Größe in der politischen Landschaft oder um es in den Worten des heutigen Leitartikels des „Handelsblatts“ zu sagen, „aus dem politischen Start-up Freie Demokraten ist wieder ein funktionierender Mittelständler geworden“ und ich betrachte das als ein Kompliment. ((Applaus))

Das ist kein Grund zur Selbstzufriedenheit, wir haben ein Ziel erreicht damals bei der Kreisvorsitzendenkonferenz Februar 2014 in Erfurt. Auch damals vor einer Wahl haben wir das Ziel ausgegeben: acht Prozent stabile Anhängerschaft in den nächsten Jahren. Das war damals illusorisch. Und jetzt haben wir es geschafft und ich glaube, dass wir uns höhere Ziele setzen können. Es müssen nicht acht Prozent stabile Anhängerschaft sein, wollen wir mal in den nächsten Jahren daran arbeiten, dass wir auch stabil in der Zweistelligkeit sind. Dass wir in alle Landesparlamente einziehen und dass wir Regierungsverantwortung in Bund und Ländern tragen. ((Applaus))

Kein Grund zur Selbstzufriedenheit, wir haben weiter ambitionierte Ziele, wir müssen uns auch weiter verändern, ich sag gleich zwei Punkte. Aber ich glaube, eins sollten wir nicht tun, wir haben ja nach unserer Niederlage 2013 eine für uns historische Lehre gezogen. Wir haben gesagt, wir wollen uns nicht mehr abhängig machen von dem Applaus des Tages, von dem, was sofort gefällt. Wir wollen nicht mehr eine abgeleitete Größe von anderen sein, die nur gerufen werden, wenn es gerade eine Mehrheit für diese oder jene Koalition braucht. Wir haben gesagt, wir wollen nur das vertreten, wovon wir wirklich überzeugt sind, selbst, wenn es einmal Widerstand gibt. Und genau diese Charakterfrage, diese Haltungsfrage, liebe Freundinnen und Freunde, sollten wir nicht verändern. Es ist nicht schlimm, angegriffen zu werden, weil man für etwas steht. Es ist nur schlimm, angegriffen zu werden, wenn man für nichts steht und das sollte uns niemals wieder passieren. ((Applaus))

Wir haben uns in den vergangenen zwei Jahren, insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten, mit Fragen unserer Parteistruktur und Organisation beschäftigt. Ich hatte die Anregung gemacht, dass wir insbesondere die Frage unserer weiblichen Mitglieder, Anhänger und Führungskräfte stellen. Daraufhin hat es eine AG „Chancen durch Vielfalt“ gegeben unter Leitung von Nicola Beer, Maren Jasper-Winter, Nicole Bauer, vielen anderen und Marco Mendorf. Wir haben im Bundesvorstand beschlossen, dass wir über ein Zielsystem verhandeln wollen, um mehr Frauen für die FDP sichtbar zu machen. Aber das ist nur eine Frage unserer eigenen Parteiorganisation. Viel wichtiger ist es, dass wir in unsere politischen Inhalte auch neue Fragen aufnehmen. Und deshalb empfehle ich Ihrer und Eurer Aufmerksamkeit sehr, den Antrag zu Emanzipationsfragen und Vielfalt, den die Arbeitsgruppe erarbeitet hat. Denn Liberalismus, liebe Freundinnen und Freunde, hat kein Geschlecht und es gibt auch so etwas wie einen liberalen Feminismus, das sollten wir nicht allein Linken und Grünen überlassen. ((Applaus))

Und wir haben uns beschäftigt mit den besonderen Chancen der FDP in Ostdeutschland, dazu gab es erstmals ein Strategietreffen: Präsidium, Landesgruppe im Deutschen Bundestag, ostdeutsche Landesverbände werden daran anknüpfen.

Ich will mich herzlich bedanken bei dem Präsidium, mit dem wir alle, mit dem auch ich durch die vergangenen zwei Jahre habe gehen dürfen. Das waren ja wirklich herausfordernde Zeiten mit vielen Versuchen, auch Konflikte in der FDP zu sehen. Ich danke meinem Stellvertreter Wolfgang Kubicki. ((Applaus))

Mit dem saß ich zusammen in den Sondierungsgesprächen, Seite an Seite. Viele Stunden. Wolfgang Kubicki leistet heute eine exzellente Arbeit als Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Und damit meine ich nicht, dass er in der Lage ist, die Sitzung schnell zu leiten, sondern ich meine insbesondere, dass Wolfgang Kubicki, wie ich finde, den richtigen Umgang mit der AfD gefunden hat. Nüchtern in der Sache, unemotional, aber scharf und verletzend, genauso muss man mit denen umgehen. ((Applaus))

Keine Beschimpfung, sondern nüchtern, verletzend. ((Applaus))

Inhaltlich entlarvend. Jetzt gibt es gelegentlich mal unterschiedliche Meinungen, auch zwischen Wolfgang und mir. Und jetzt vor jedem Parteitag gibt’s eine Debatte darüber, wie angegriffen unser Verhältnis ist. Ich gebe hier mal offiziell zu Protokoll, gerade weil wir nicht in jedem Punkt einer Meinung sind, macht ja der Austausch besonders viel Freude, sonst könnte man ja Selbstgespräche führen, und deshalb, lieber Wolfgang, wir sind uns herzlich verbunden und bleiben das auch weiter, egal, was geredet oder geschrieben wird. ((Applaus))

Ich danke meiner Stellvertreterin Katja Suding, die mal 2015 die Grundlage mit einem Wahlerfolg für unser Comeback geschafft hat und die als Vizevorsitzende ... ((Applaus))

... und die als Vizevorsitzende in der Bildungs- und Familienpolitik für uns Akzente leistet. Ich hab schon drauf hingewiesen, liebe Katja, auch dir verdankt sich, dass das Grundgesetz in unserem Sinne endlich geändert worden ist, wir haben es erst innerhalb der FDP mehrheitsfähig gemacht, da gab es auch mal in Frankfurt 2011 andere Beschlüsse und wir haben es danach sogar geschafft, in der Verfassung zu verändern und das ist eine tolle politische Leistung. Wer kann das schon von sich behaupten. ((Applaus))

Ich danke unserem Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms. ((Applaus))

War das gerade Rudi Renschler, der gerufen hat? ((Lachen))

Herr Solms, wenn der Rechnungsprüfer „bravo“ ruft, dann ist das wirklich ein Ritterschlag. Und in der Tat, als Schatzmeister ... ((Applaus))

... und in der Tat, ich will nicht zu viel spoilern, in der Tat als Schatzmeister haben Sie ja auch viele gute Botschaften zu verkünden, das kam nicht immer in der FDP so vor. Michael Theurer ist unser Mann aus dem Südwesten, ist der Mister Mittelstand im Präsidium. Und er hat schon ökoliberale Ideen von Montag bis Freitag vertreten, als es solche Bewegungen noch gar nicht gab, lieber Michael, vielen Dank für die exzellente Zusammenarbeit im Präsidium. ((Applaus))

Ein herzliches Dankeschön an Volker Wissing, stellvertretender Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, der seine praktische Regierungsperspektive in unsere Arbeit einbringt und der in vielen, vielen Sitzungen, auch im europäischen Kontext, sich mit Fragen der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigt hat. Lieber Volker, neben einem hohen Staatsamt und neben dem Landesvorsitz, auch noch auf der europäischen Bühne manchmal schwierige Verhandlungen zu führen, das hat uns allen großen Respekt abgenötigt, vielen Dank für dieses Engagement. ((Applaus))

Frank Sitta aus Sachsen-Anhalt ist Beisitzer im Präsidium und ist unser Experte für Fragen der Infrastrukturentwicklung. Gerade jetzt bei der Versteigerung der 5G-Lizenzen, bei allem, was Straße und Verkehr ist, ist Frank nicht nur im Präsidium, sondern auch im Deutschen Bundestag unser Experte. Lieber Frank, ich glaube, du hast uns in dieser Frage zusammen mit Reinhard Houben in der Bundesnetzagentur profiliert. Denn gerade jetzt zeigt sich ja: Der gegenwärtige Weg, den die Bundesregierung eingeschlagen hat bei der Auktion der 5G-Lizenzen, wiederholt alte Fehler, weil sich zwar der Finanzminister freut, aber am Ende die Funklöcher übrig bleiben. Andersrum wäre besser, der Staat braucht nicht mehr Geld, aber wir brauchen endlich die richtige Netzinfrastruktur. Vielen Dank für dein Engagement in der Frage. ((Applaus))

Ich danke Marco Buschmann für seine Arbeit als Bundesgeschäftsführer der FDP bis kurz nach der Bundestagswahl. Er war ein Architekt des Neuaufbaus der Freien Demokraten und auch unserer erfolgreichen Kampagne zur Bundestagswahl. Ich danke dir für dieses besondere beispielgebende Engagement und ich freu mich, dass wir im Deutschen Bundestag als Erster parlamentarischer Geschäftsführer und Vorsitzender weiter so gut zusammenarbeiten können. ((Applaus))

Seit nach der Bundestagswahl übernimmt die Rolle Marco Mendorf. Auch dir herzlichen Dank für jetzt schon über ein Jahr der Zusammenarbeit, die aktuellen Kampagnen leitest du und an Kreativität sind unsere Bundesparteitage ja genauso anspruchsvoll geblieben wie in der Vergangenheit, also herzlichen Dank. Weiter auf ein gutes Miteinander. ((Applaus))

Und ich danke denjenigen, die qua Amt dem Präsidium angehören, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Joachim Stamp und Heiner Garg, die dafür sorgen, dass wir zwischen Bund und Ländern im Gespräch bleiben. Ich danke Christian Dürr als damaligem Vorsitzenden der Fraktionsvorsitzendenkonferenz und seinem Nachfolger Uli Rülke, dass wir auch die Perspektive der Landesparlamente einbeziehen. Alexander Lambsdorff hat die Delegation der FDP im Europäischen Parlament, im Präsidium vertreten. Danach Wolf Klinz, vielen Dank für die guten Gespräche. Und Karl-Heinz Paqué, dir herzlichen Dank, du vertrittst die Stiftung im Präsidium, und ich darf heute sagen, eine so enge und gute Zusammenarbeit in der liberalen Familie wie heute hat es niemals zuvor gegeben, das motiviert sehr und stärkt und als Familie insgesamt. ((Applaus))

Ich will herzlich danken den beiden, die zumindest in den bisherigen Funktionen jetzt im Präsidium ihre Arbeit nicht unmittelbar fortsetzen. Nicola Beer, dir danke ich für deine langjährige Arbeit als Generalsekretärin mit unendlich vielen Reisen, unendlich langen Sitzungen, wo Antragspapiere und Wahlprogramme bearbeitet wurden, das erfordert echt Stehvermögen und Akribie. Ich danke dir dafür, dass du auch immer deine eigene berufliche Perspektive als ehemalige Kultusministerin, also den professionellen Blick auf das Umsetzbare, eingebracht hast. Und ich danke dir einfach für die Herzlichkeit, mit der du deine politische Arbeit innerhalb der FDP und in der Öffentlichkeit vertreten hast. Du scheidest als Generalsekretärin aus, bleibst uns aber im Präsidium voraussichtlich erhalten. Deshalb herzlichen Dank für die erste Etappe der gemeinsamen Zusammenarbeit. ((Applaus))

Ja, und ich bedanke mich bei dir, liebe Marie-Agnes Strack-Zimmermann. ((lang anhaltender Applaus))

((Musik))

Also ist zu früh, Moment, Moment, ihr seid zu früh, Freunde.

Also zunächst mal, Marie-Agnes, ich glaube, um deine Wahl auf der freien Beisitzerliste für den Bundesvorstand musst du dir wenig Sorgen machen. ((Applaus))

Und eigentlich müsste ich nach den Standing Ovations gar nichts mehr sagen, aber mir ist es trotzdem ein Anliegen. Ich habe dich im Dezember 2013 als stellvertretende Parteivorsitzende vorgeschlagen. Eine Kommunalpolitikerin aus Düsseldorf, die uns die Street Credibility gegeben hat, von jemandem, der nicht schon in der Berufspolitik gewesen ist, als Kommunalpolitikerin die Praxis im Blick hat. Vor allen Dingen hast du in der Zeit der APO, ohne ein Parlamentsmandat in einem Landtag oder einer Bürgerschaft zu haben, im kompletten Ehrenamt in der Spitze der FDP mitgearbeitet und hast dir die Hacken abgelaufen. Und das ist ein ganz besonderes Bespiel dafür, dass die FDP eben nicht irgendein Haufen von Menschen ist, die Politik nur als Beruf sehen, sondern du gehörst zu denjenigen und repräsentierst diejenigen, die in unserer liberalen Grundüberzeugung eine Berufung sehen und das verdient ganz besonderen, unseren allen Respekt und Dank. ((Applaus))

Und jetzt könnte der Film kommen.

((Film)) ((Applaus))

Ja, und liebe Freundinnen und Freunde, ich sage dann auch nach den zwei Jahren persönlich herzlichen Dank Ihnen und euch allen. Otto Graf Lambsdorff hat mal gesagt, der Vorsitzende der FDP ist qua Amt immer umstritten. In der Öffentlichkeit und intern. Das gehört sozusagen zur Stellenbeschreibung, sagte er. Und na klar, zur Führungsaufgabe gehört ja auch, Positionen abzustecken und auch einer Partei Gehör zu verschaffen. In einer vielfältigen individualistischen liberalen Bewegung gibt’s dann auch unterschiedliche Bewertungen. Ich kann nach jetzt fünfeinhalb Jahren bezeugen: Otto Graf Lambsdorff hat Recht. Das, was die Umstrittenheit angeht, hat sich nichts verändert. Aber eine Sache schon, auch wenn wir im harten Meinungskampf stehen, in der harten Auseinandersetzung, eins hat sich verändert: Das ist das Teamwork und die Solidarität in dieser Freien Demokratischen Partei und dafür bedanke ich mich persönlich ganz herzlich, das macht die Arbeit leicht. Und das sorgt dafür, dass die Arbeit Freude macht. Danke schön. ((Applaus))

So, aber jetzt geht’s weiter. Jetzt schauen wir nach vorne. Und wenn Sie, wenn ihr mir das Vertrauen weiter für die nächsten zwei Jahren gebt, dann wollen wir die Partei nach vorne weiterentwickeln. Wir sind nicht fertig mit der Frage Vielfalt und deshalb sollte die AG „Chancen durch Vielfalt“ ihre Arbeit fortsetzen und auch die Parteigliederungen dabei unterstützen, die Vielfalt, die Buntheit der FDP zu verstärken. Wir sind nicht fertigt mit der Digitalisierung unserer Partei. Wir haben uns in den letzten anderthalb Jahren insbesondere mit dem Aufbau der Bundestagsfraktion, der Professionalisierung, der Vertiefung unserer Konzepte beschäftigt. Aber jetzt ist mal wieder die Partei dran. Ich möchte, dass wir nicht nur die Partei sind mit der größten Kompetenz im Bereich der Digitalpolitik, die FDP sollte auch die Partei sein, die die stärksten digitalen Angebote an die eigenen Mitglieder, an die eigenen ehrenamtlich Tätigen machen. Gerade weil wir in einem großen Veränderungsprozess sind, liebe Freundinnen und Freunde. Weil auch die Mitgliedschaft sich verändert. Wir haben sehr viele neue Mitglieder gewonnen in den letzten Jahren, die Mitgliedschaft hat sich sehr weitgehend ausgetauscht. Wir müssen erkennen, dass in vielen Gliederungen, auf Orts- und Kreisebene, es weniger Menschen geben könnte, die ihre größte Erfüllung darin sehen, vor allen Dingen Parteiadministration zu machen. Und deshalb sollten wir die Fragen der Administration der FDP stärker digitalisieren, das soll zumindest ein Ziel sein. ((Applaus))

Und ich wünsche mir bei der Parteireform, dass wir uns fragen, wie können wir das einzelne Mitglied der FDP stärker aktivieren? Wie können wir unsere Parteibasis einbeziehen in unsere politische Arbeit? Ich möchte gerne eine Arbeitsgruppe einrichten aus der breiten Mitte der Partei, die überlegt, ob wir nicht so etwas machen können wie zum Beispiel eine App. Wo wir uns nicht nur informieren können über das, was auf unterschiedlichen Ebenen in der FDP gemacht und gedacht wird, welche Veranstaltungen es gibt, es gibt jeden Tag irgendwelche Umfragen, die in den Medien veröffentlicht werden. Warum schaffen wir nicht die Möglichkeit einer repräsentativen Umfrage unter unseren Mitgliedern in wesentlichen Fragen, meinetwegen wöchentlich, damit wir wissen, was wird in der FDP gedacht. Damit die Parteibasis sich auch einen Eindruck davon machen kann, was aus ihrem Votum in der Parteiführung dann gemacht wird. Also denken wir weiter, denken wir moderner. ((Applaus))

Und damit das gelingt, müssen wir natürlich auch im Hans-Dietrich-Genscher-Haus uns personell komplettieren. Liebe Freundinnen und Freunde, im Fall meiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden möchte ich gern einen neuen Vorschlag machen für die Nachfolge von Nicola Beer. Es gab ja viele Spekulationen in den Medien. Es sind viele Namen genannt worden. Ich will dazu mal eins sagen: Genannt zu werden für das Amt einer Generalsekretärin oder eines Generalsekretärs der FDP ist zum einen schon mal individuell ein Kompliment. Aber dass so viele Namen genannt worden sind, zeigt eins, die FDP hat eine ganz starke personelle Basis, wenn so viele Leute für geeignet gehalten werden, dann kann es wohl nicht so sein, dass nur wenige Gesichter die FDP repräsentieren. Das ist eine gute Botschaft. ((Applaus))

Ich will und ich werde vorschlagen, unsere Brandenburger Bundestagskollegin Linda Teuteberg zur Generalsekretärin zu wählen. ((Applaus))

Und das ist, damit wir uns da auch untereinander klar verstehen, das ist keine Frage der regionalen Herkunft oder des Geschlechts, sondern ist eine Frage der Person. Lina Teuteberg hat, für mich beeindruckend, uns in der Migrations-, in der Flüchtlingspolitik positioniert, genau dort, wo die FDP hingehört. Nämlich zwischen denen, die eine geradezu naive grenzenlose Aufnahmebereitschaft pflegen und den anderen, die mit Ressentiments, mit Abschottung auf Menschen, die aus anderen Ländern in unser Land kommen, reagieren. Genau die Position der Mitte. Eine weltoffene, aber zugleich kontrollierte, geordnete liberale Einwanderungspolitik hast du für uns vertreten und vertieft. Das war die beste Referenz dazu, die FDP als Partei der Mitte insgesamt mit zu repräsentieren. Und darauf freu ich mich, auf die Zusammenarbeit mit dir. ((Applaus))

Und da lese ich heute in einer Zeitung von einem klugen Leitartiker, „Lindners Lindner heißt Teuteberg“. Und der Wettbewerb zwischen Bundesvorsitzendem und Generalsekretär/Generalsekretärin wird dort thematisiert. Also dahinter steckt eine ganz falsche Vorstellung. Dahinter steckt die Unterstellung, dass es in den vergangenen Jahren eine Taktik gewesen sei oder ein Ziel, die FDP auf wenige Gesichter zu verjüngen. Das Gegenteil ist richtig. Wir mussten leider durch eine Phase der außerparlamentarischen Opposition gehen, wo nur wenige Gehör gefunden haben. Wenn sich das aber jetzt Schritt für Schritt ändert und die FDP personell breiter, vielfältiger mit unterschiedlichen Temperamenten, Themen und Talenten sichtbar wird, dann ist das nicht eine Schwächung für einen, sondern ist eine Stärkung und Chance für uns alle, liebe Freundinnen und Freunde. ((Applaus))

Und damit bin ich beim abschließenden Gedanken, denn diesen Zusammenhalt, diese Stärkung und diese Vielfalt in der Aufstellung, die werden wir auch brauchen. Denn was uns bevorsteht bis zur nächsten Bundestagswahl sind große Herausforderungen. Ja, in diesem Jahr mit Lencke Steiner in Bremen die Chance zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die Sozialdemokraten aus der Regierungsverantwortung in Bremen zu vertreiben, Lencke, du kannst in diesem Jahr Geschichte schreiben. Und wir unterstützen dich dabei. ((Applaus))

Bei der Europawahl mit Nicola Beer dafür zu sorgen, dass der Status quo im Europäischen Parlament überwunden wird und wir eine starke liberale Stimme in Brüssel haben. Liberale Werte zur Geltung bringen können, und liebe Nicole, unser Ziel bleibt, wir wollen uns bei der Europawahl mit dir verdreifachen in unserer Präsenz im Europäischen Parlament, denn die Chance besteht, dass wir zweitstärkste Kraft werden und tatsächlich die Geschicke dieses Kontinents mitbestimmen können. Das motiviert uns. ((Applaus))

Wir sind eine gesamtdeutsche Partei und deshalb können wir nicht ertragen, dass wir in Ostdeutschland in den Parlamenten mit Ausnahme vom Land Berlin nicht vertreten sind. Mit Hans-Peter Götz in Brandenburg, mit Thomas Kemmerich in Thüringen und mit Holger Zastrow in Sachsen haben wir in diesem Jahr die besten Chancen, auch in Ostdeutschland wieder parlamentarisch zu sein. Die Partei von Hans-Dietrich Genscher gehört in die ostdeutschen Parlamente, denn dort gab es eine friedliche Freiheitsrevolution, also muss auch eine liberale Partei in den Parlamenten sein. ((Applaus))

Und liebe Freundinnen und Freunde, wir rüsten uns auch für eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung über diese Wahlen hinaus bis zur Bundestagswahl und vielleicht über diese hinaus. Es gibt in unserem Land einen politischen Mainstream der Planung, des Verbots. Und neuerdings auch der Enteignung. In Parlamenten werden Gesetze verabschiedet, Wahlgesetze verabschiedet, die wieder Quoten und Einschränkungen der freien Wahl vorsehen. Es gibt die Vorstellung, man könnte jedes gesellschaftliche und wirtschaftliche Problem von Politikerinnen und Politiker zentral lösen. Und gerade hier in Berlin sehen wir eine scharfe Auseinandersetzung um die Frage, wie garantieren wir eigentlich und garantieren wir es noch, das private Eigentum. Ja, selbstverständlich, auch wir wissen, dass in den Metropolen an vielen Stellen die Mieten steigen. Dass das eine neue soziale Frage ist. Aber zunächst mal ist ja entscheidend nicht nur die Kaltmiete, sondern auch die Warmmiete. Wo sind eigentlich diejenigen, die die Verteuerung des Wohnens kritisieren, wenn es darum geht, die Wohnnebenkosten von der Grundsteuer angefangen bis zu den steigenden Heizungs- und Stromkosten zu thematisieren, das ist der eigentliche Punkt, wo das Leben sich verteuert. ((Applaus))

Und nun gibt’s diese Diskussion um Enteignungen. Die Marktwirtschaft funktioniert perfekt. Wir haben knappes Angebot mit hoher Nachfrage, also steigen die Mieten. Manche sagen jetzt, ja, es seien die Spekulanten, die Investoren, die Immobilienkonzerne, die die Preise treiben würden. In Wahrheit ist es die Knappheit des Angebotes. Merken wir übrigens, was da beabsichtigt ist? So wie früher bei den Heuschrecken geht’s jetzt um anonyme Konzerne, wo es angeblich nur Renditeinteressen gibt. Liebe Freundinnen und Freunde, das ist eine Form der Entmenschlichung. Es wird nicht mehr gesprochen über diejenigen, denen diese Unternehmen gehören oder wer da beschäftigt ist, sondern das werden anonyme Mächte, die sich gegen die Gesellschaft wenden und die man deshalb zum Gegner erklären oder enteignen kann. In Wahrheit aber sind das keine anonymen Mächte. Bei den niedrigen Zinsen, die wir haben, investieren viel Lebensversicherungen, kirchliche Versorgungswerke in Immobilienportfolios, das sind nicht anonyme Millionäre und Spekulanten, es ist oft genug das Altersvorsorgevermögen von Millionen Deutschen, das in den Wohnungsmärkten investiert ist. ((Applaus))

Und die werden jetzt zum Feindbild erklärt und sollen enteignet werden. Das wird mal eben so gesagt, in unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, mal eben so, als würde das das Problem lösen. Als gäbe es kein milderes Mittel. Hier in Berlin an der Spitze der Bewegung stehen Grüne und Linkspartei. Es sind übrigens die Parteien, die in Berlin den Senat stellen und regieren. Da sollen Wohnungen enteignet werden, als ob eine einzige Wohnung zusätzlich dadurch geschaffen würde, es kostet den Staat nur viel Geld, weil man entschädigen muss. Auf der anderen Seite sind es aber genau diese Parteien, Grüne und Linkspartei, die am Westkreuz, der Elisabeth-Aue oder auf dem Tempelhofer Feld den Bau von 11.000 Wohnungen, die gebaut werden könnten, verhindern. Liebe Freundinnen und Freunde, statt zu klauen, sollten die bauen. Sie sollten Dachgeschosse ausbauen. Flächen ausweisen. Baugenehmigungen beschleunigen. ((Applaus))

Ein Machtgleichgewicht zwischen Mieter und Vermieter gibt es nicht, wenn man den Mangel nur anders verwaltet. Das Machtgleichgewicht gibt es nur, wenn jeder Mieter die Chance hat, wenn ihm sein Vermieter nicht passt, ein alternatives Angebot zu finden und deshalb müssen wir schneller, mehr und günstiger bauen. Das ist der marktwirtschaftliche und das ist der bewährte Weg in Deutschland, um die Wohnungsmärkte auch sozial auszugestalten. ((Applaus))

Und das ist genau diese Auseinandersetzung, die wir führen. Wir wissen, in Deutschland gibt es einen Rechtspopulismus, liebe Freundinnen und Freunde. Rechtspopulismus heißt, mit ganz einfachen Antworten keine Probleme zu lösen, und bestimmte Sündenböcke zu suchen. Das ist Rechtspopulismus. Hier in Berlin bei der Enteignungsdebatte lernen wir aber auch was anderes kennen. Mit scheinbar ganz einfach Mitteln kein Problem lösen und auch dort gibt’s dann wenige, die zum Sündenbock erklärt werden. Diese Enteignungskampagne in Berlin nenne ich Linkspopulismus, liebe Freundinnen und Freunde. Und gegen den wehren wir uns genauso. ((Applaus))

Da empfehle ich uns eine ganz klare Position. Wir brauchen in Deutschland 1,9 Millionen zusätzliche Wohnungen. Die kosten 250 Milliarden Euro. Wo soll das Geld denn herkommen, wenn nicht von privaten Investoren? Wir haben in Deutschland viel zu investieren, in die Frage der erneuerbaren Energien beispielsweise. Jetzt wollen die Grünen auch entschädigungslos Kohlekraftwerke abschalten, also auch ins Eigentum eingreifen. Wer soll denn dann noch in neue Energieträgerspeicher investieren, wenn man sich nicht sicher sein kann. In wenigen Jahren wirst du vielleicht enteignet, weil die Politik es sich anders überlegt hat. Liebe Freundinnen und Freunde, der Vertrauensschutz und die Garantie des privaten Eigentums, die der Rechtsstaat ausspricht, das sind Grundpfeiler des wirtschaftlichen Erfolges dieses Landes und die dürfen wir deshalb nicht preisgeben, weil es gerade populär sein könnte. ((Applaus))

Und deshalb, liebe Freundinnen und Freunde, empfehle ich uns eine ganz klare Position dazu. Sebastian Czaja und Christoph Meyer und Marco Buschmann und Michael Theurer haben einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt, mit dem wir als Freie Demokraten die Abschaffung des Artikels 15 des Grundgesetztes fordern. Die Enteignung für Infrastrukturvorhaben ist immer noch möglich nach Artikel 14. Aber Artikel 15 ist ein Spezialfall, der atmet den Geist der Gründerjahre der Republik, als die CDU noch ein Ahlener Programm hatte und vom christlichen Sozialismus träumte. Lange vor dem Godesberger Programm der SPD, als die Idee war, dass man die Montanindustrie an der Ruhr vergemeinschaften müsste, danach kam die soziale Marktwirtschaft, danach kam Ludwig Erhard, danach kam das Wirtschaftswunder. Und deshalb sollten wir dieses Relikt aus der Verfassung streichen, denn es hat nichts mit dem Geist des Grundgesetzes zu tun, wie wir ihn seit Jahrzehnten leben, liebe Freundinnen und Freunde. Das ist die klarste Position. ((Applaus))

Aber damit stehen wir in der politischen Landschaft gegenwärtig noch ziemlich allein. Ich hab diese Forderung dieser Tage noch mal unterstrichen und wie war die politische Reaktion? Aus der CDU, Karl-Josef Laumann nennt das einen blanken Hohn. Der SPD-Politiker Fechner unterstellt mir, ich hätte zu Ostern zu viele schnapsgefüllte Ostereier gegessen. Die Grünen sagen, das sei ein klientelistischer Blick auf das Grundgesetz und so weiter und so fort. Liebe Freundinnen und Freunde, auch wenn wir möglicherweise in dieser Frage allein stehen, wir möchten, dass Deutschland eine Eigentümernation wird. Wir wollen den Menschen es erleichtern, ins Eigentum zu kommen, und wir wollen nicht, dass wenn sie es erworben haben, sie es vom Staat auch wieder abgenommen bekommen können. Es ist eine gesellschaftspolitische Grundfrage. ((Applaus))

Es ist eine gesellschaftspolitische Grundfrage und wenn wir uns in der Frage in den Wind stellen müssen, liebe Freundinnen und Freunde: Lasst es uns tun. Ich bin überzeugt davon, bei vielen Fragen - rationale Klimapolitik, rationaler Umgang mit dem Diesel, vernünftige liberale weltoffene Migrationspolitik. Die Frage, Wohneigentum schaffen, bauen statt klauen, bei ganz vielen dieser Fragen haben wir als Partei der Mitte eine Position, die in Wahrheit in Deutschland mehrheitsfähig ist. Auch wenn viele sich öffentlich nicht artikulieren können, wenn in den sozialen Medien oft die schrillen Töne und die Shitstorms überwiegen: Ein klarer liberaler Kompass, das Vertrauen auf die Kräfte in der Mitte der Gesellschaft, und der Einsatz für die Millionen Menschen, die für ihre Familien praktische Alltagssorgen gelöst sehen wollen, das wird sich am Ende auszahlen und das macht die Stabilität dieses Landes wie der FDP gleichermaßen aus, daran lasst uns weiter arbeiten. Vielen Dank. ((lang anhaltender Applaus))

 

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