10.12.2013FDPLiberalismus

LINDNER-Interview für die „Passauer Neue Presse“

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Für Abweichungen der Druckfassung ist die Redaktion verantwortlich. Die Fragen stellte ANDREAS HERHOLZ:

Frage: Die Übernahme des FDP-Vorsitzes gleicht einem Himmelfahrtskommando. Warum tun Sie sich das an?

LINDNER: Mit der FDP muss es wenigstens eine Partei geben, die zuerst auf die Bürgerinnen und Bürger vertraut und erst dann nach dem Staat ruft. Ich wünsche mir, dass es eine Partei der persönlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortung gibt. Das ist auch meine Lebenseinstellung. Daher gehe ich mit meiner ganzen Leidenschaft an diese Aufgabe.

Frage: Gerade noch hat die FDP mit Kanzlerin Merkel auf der Regierungsbank gesessen, jetzt lassen Sie kein gutes Haar mehr an ihr und ihrer Politik. Müssen die Liberalen da nicht wieder um ihre Glaubwürdigkeit fürchten?

LINDNER: Ich schätze Angela Merkel. Sie hat mit dem schwarz-roten Koalitionsvertrag aber die Richtung ihrer Politik völlig verändert. Wo CDU draufsteht, ist SPD drin. Die Union verabschiedet sich von soliden Finanzen und verzichtet auf den möglichen Schuldenabbau, um sich einen neuen Koalitionspartner zu kaufen. Die CDU bricht ihr Wort, denn es gibt heimliche Steuererhöhungen von 17,5 Milliarden Euro bis 2017, weil das Steuersystem nicht an die Preisentwicklung angepasst wird. Selbst die Jungen in der CDU warnen ja in aller Schärfe vor einem „Verbrechen an den künftigen Generationen“. Die Bürgerinnen und Bürger werden geschröpft, bevormundet und ausspioniert. Die Union hat sich damit leider von den Prinzipien bürgerlicher Politik verabschiedet.

Frage: Wie wollen Sie als außerparlamentarische Opposition im Bund noch Gehör und Aufmerksamkeit finden?

LINDNER: Wenn Union und SPD demnächst im Bundestag mehr Staat beschließen, dann fordert die links-grüne Opposition nur noch mehr Staat. Es fehlt im Parlament eine Stimme, die zu Maß und Mitte anhält. Ich kann mich daher nicht über zu wenig Einladungen und Anfragen beschweren. Das reicht vom CDU-Wirtschaftsrat bis zu den Gewerkschaften. Die Aussicht auf eine Große Koalition des Stillstands löst offenbar nirgendwo Begeisterung aus. Die eigentliche Opposition im Sinne einer anderer politischen Richtung ist daher die FDP. Das gilt auch für die Bürgerrechte. Die FDP wird das Gesetz über die Einführung der Vorratsdatenspeicherung sehr genau prüfen. Ganz ausdrücklich schließe ich nicht aus, Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, um mein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen.  

Frage: Was ist eigentlich noch der Markenkern der FDP?

LINDNER: Jeder muss sein Leben selbstbestimmt führen können, Autor der eigenen Biografie sein dürfen. Dazu müssen die Menschen durch die Möglichkeiten der sozialen Marktwirtschaft und gute Bildung befähigt und vor zu viel Staat und auch vor übermächtigen Privatunternehmen geschützt werden. Die FDP ist jetzt so unabhängig wie nie zuvor. Wir definieren uns nicht über die Nähe oder Ferne zu anderen. Wir setzen auf Soziale Marktwirtschaft, Bürgerrechte und Toleranz.
 

Frage: Wenn die CDU jetzt die Grünen als künftigen Regierungspartner entdeckt wie jetzt in Hessen, wird die FDP nicht mehr gebraucht.

LINDNER: Ganz im Gegenteil. Die Wählerinnen und Wähler der Union können sich doch nur die Augen reiben. Die wollten keinen Politikwechsel in Deutschland, sondern weiterhin bürgerliche Politik. Jetzt bekommen sie aber etwas ganz anderes. Die Große Koalition beugt mit ihrer Macht bereits Parlamentsrechte, bevor der Koalitionsvertrag unterschrieben worden ist. Insbesondere wollen Union und SPD die gesetzlich vorgeschriebene Senkung der Rentenversicherungsbeiträge verhindern, wodurch die Bürger sozusagen enteignet werden. Und das entsprechende Gesetz soll in einem Verfahren durchgepeitscht werden, das Parlamentsrechte mit Füßen tritt. Hier muss der Bundestagspräsident eingreifen. Norbert Lammert  darf nicht zulassen, dass der Bundestag ein Abnickparlament wird.

 

 

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