20.04.2016FDPRente

LINDNER-Gastbeitrag: Flexibles Rentensystem für eine bunte Arbeitswelt

Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER schrieb für die „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Schon zu Beginn dieser Legislaturperiode ist die große Koalition über die Rentenkasse hergefallen wie ausgehungerte Raubtiere über ihre wehrlose Beute. Wenn sich Sigmar Gabriel und Horst Seehofer jetzt erneut ein Wettrennen um die nächste Rentenerhöhung liefern, müssen wir ihnen entgegnen: Jeder Euro, der zusätzlich ausgegeben wird, muss erwirtschaftet werden. Und auch die Generation der Enkel hat Fairness verdient.

Alterssicherung muss gerecht und verlässlich sein, aber auch solide finanziert. Auch im Alter muss mindestens das Existenzminimum gesichert sein – in diesem Sinn ist Solidarität für uns selbstverständlich. Aber ebenso gilt für uns Freie Demokraten: Ein faires Steuer- und Abgabensystem muss der aktiven Erwerbsgeneration Freiraum für eigene Altersvorsorge lassen. Und: Wer mehr vorgesorgt hat, muss im Alter auch höhere Leistungen bekommen.

Es läuft viel schief im heutigen Rentensystem. Wir sollten es besser machen, statt neue Probleme zu schaffen. Fünf Vorschläge:

Erstens: Die Arbeitswelt der Zukunft wird bunter und verlangt mehr Flexibilität im Sinne eines individuellen Baukastens. Dazu gehören Elemente verpflichtender und freiwilliger Vorsorge. So wie sich heute die beruflichen Situationen der Menschen häufiger verändern, soll auch ein problemloser Wechsel der alterssichernden Elemente ermöglicht werden.

Zweitens: Voraussetzung ist, dass die gesetzliche Rente effizienter organisiert wird und für die private Vorsorge rentablere Anlageformen möglich werden. Die Europäische Zentralbank muss endlich Schluss machen mit ihrer Niedrigzinspolitik. Und den Versicherungen sollte ermöglicht werden, direkt in Unternehmen zu investieren.

Drittens: Wir wollen das starre Rentensystem überwinden und einen flexiblen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen. Die Menschen sollen ab dem 60. Lebensjahr selbst entscheiden, ob und wann sie Rente beziehen möchten. Das schafft Freiräume für einen gleitenden Übergang, so wie es sich viele Menschen auch wünschen. Wer seine Rente früher bezieht, erhält eine geringere Rente, wer länger arbeiten möchte, eine höhere.

Viertens: Altersvorsorge ist auch eine Frage der Transparenz. Wir schlagen vor, in einem eGovernment-Bürgerportal jedem die Einrichtung eines individuellen Vorsorgekontos anzubieten. Ob gesetzliche, private oder betriebliche Altersvorsorge – auf der Online-Plattform wird die bisher erreichte Summe der eigenen Ansprüche abgebildet. Das verschafft Übersicht und deckt Versorgungslücken frühzeitig auf.

Fünftens: Menschen, die keine existenzsichernden Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben, sollen künftig nicht mehr vom Sozialamt abhängig sein. Wir schlagen vor, die ergänzende Grundsicherung im Alter unter einem Dach mit der gesetzlichen Rentenversicherung zusammenzuführen. Rentnerinnen und Rentner mit unzureichendem Einkommen erhalten dann Rente und Grundsicherung aus einer Hand. Und damit sich Altersvorsorge für alle immer lohnt, sollen in der Rentenphase Einkünfte aus der freiwilligen Altersvorsorge nur teilweise auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Mit diesen Vorschlägen wollen wir die Altersvorsorge modernisieren. Wir wollen mehr Flexibilität und mehr Freiraum für eigene Entscheidungen.

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