LAMBSDORFF: Schäubles Wählertäuschung muss ein Ende haben
Zum Treffen der Finanzminister der Eurozone erklärt der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, das FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff:
„Die Bundesregierung steuert sehenden Auges auf einen Wortbruch hin. Finanzminister Schäuble hat im Bundestag seine Zustimmung zu weiteren Hilfsmilliarden für Griechenland davon abhängig gemacht, dass der IWF beim 3. Hilfspaket mit an Bord ist. Zugleich drückt er sich vor der Bundestagswahl um eine klare Aussage zum Schuldenschnitt. Die Union führt die Wählerschaft in die Irre und verschleppt die Krise weiter. Richtig wäre es, für eine nachhaltige Stabilisierung des Euro zu sorgen.
Der IWF ist beim laufenden Hilfspaket noch immer nicht an Bord, auch wenn Wolfgang Schäuble etwas anderes vorspiegeln möchte. Christine Lagarde hat letzte Woche angedeutet, sich unter Umständen mit dem IWF nach Auslaufen des aktuellen Pakets ab 2018 an Maßnahmen zu beteiligen, jedoch nur, wenn zuvor Schäuble zusagt, Griechenland Schuldenerleichterungen innerhalb der Eurozone zu gewähren. Faktisch würde der deutsche Finanzminister damit ein 4. Hilfspaket für Griechenland ins Fenster stellen, um sich die Blamage eines nachgewiesenen Wortbruchs im Bundestag zu ersparen. Diese Form der Trickserei und Wählertäuschung muss ein Ende haben. Die Steuerzahler haben einen Anspruch darauf, die Wahrheit zu erfahren, die so einfach wie unangenehm ist: Innerhalb der Währungsunion kann Griechenland nicht wieder auf die Füße kommen. Der geordnete Austritt aus dem Euro wäre der bessere Weg für alle Beteiligten. Dann wäre auch ein wirtschaftlich zweifelsfrei erforderlicher Schuldenschnitt politisch vertretbar.
Wenn EU-Währungskommissar Moscovici in dieser Gesamtlage nun über verlängerte Rückzahlungsfristen und niedrigere Zinsen für Griechenland spricht, dann ist das nichts anderes als ein Schuldenschnitt innerhalb der Eurozone. Wenn Schäuble dabei mitmacht, würde er die Hand dazu reichen, einmal mehr die finanzpolitischen Schwierigkeiten von heute auf kommende Generationen abzuwälzen. Der Anreiz für solide Haushaltspolitik in der aktuellen Politikergeneration würde weiter abnehmen.
Eine langfristige Stabilisierung des Euro wird nur gelingen, wenn genau dieser Anreiz gestärkt und nicht geschwächt wird. Nach Jahrzehnten der Überschuldung fast aller öffentlicher Haushalte muss jetzt aber die Konsolidierung in allen Mitgliedstaaten der Eurozone im Vordergrund stehen."