06.04.2017FDPAußenpolitik

LAMBSDORFF-Interview: Eingreifen der USA wäre zu begrüßen

Das FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, gab der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstag Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Tobias Schmidt:

Frage: Kann die Staatengemeinschaft nun noch mit Assad verhandeln?

Lambsdorff: Frieden macht man mit Feinden, nicht Freunden. Wenn Syrien befriedet werden soll, dann geht das wegen der russischen Unterstützung für Assad nicht ohne ihn. Aber am Ende des politischen Prozesses muss eine Zukunft ohne ihn stehen. Russland hat sich in dieser Hinsicht auch schon von Assad distanziert und erklärt, es gehe um Stabilität in Syrien, nicht die persönliche Zukunft von Herrn Assad. Das ist auch das Signal der EU-Außenminister, und das ist auch richtig so.

Frage: Ist ein stärkeres militärisches Engagement notwendig?

Lambsdorff: Ein stärkeres Eingreifen der USA wäre zu begrüßen. Die Amerikaner haben die Fähigkeiten, Assad in den Arm zu fallen, aber nicht den Willen. Deutschland und die Europäer dagegen könnten gar nicht wirksam militärisch aktiv werden, selbst wenn sie es wollten.

Frage: Europa kann also nur zusehen?

Lambsdorff: Nicht ganz. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini sollten Moskau dazu bewegen, auf Assad einzuwirken, damit er diese schrecklichen Kriegsverbrechen stoppt. Beide müssten im Flugzeug sitzen und ständig mit allen Beteiligten reden: Mit Moskau, mit Teheran und Ankara, mit dem Libanon und Israel und natürlich mit den USA. Auch die syrische Opposition muss dazu gebracht werden, ihre Zerstrittenheit zu überwinden.

Frage: Ist Diplomatie ausreichend?

Lambsdorff: Nach 20 Jahren Unterfinanzierung der Bundeswehr könnten wir militärisch gar nichts unternehmen, selbst wenn wir es wollten. Wenn aber vor unserer Haustür so massiv gegen unsere Werte verstoßen wird, sollte das ein Weckruf für Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten der EU sein. Wir müssen zusammen in der Lage sein, solchen Horror in der Zukunft militärisch zu verhindern! Die Bundeswehr muss dazu besser finanziert, die Zusammenarbeit der Streitkräfte in der EU verbessert werden.

Frage: Hat die EU bislang versagt?

Lambsdorff: Die EU hat immerhin auf der Syrien-Konferenz bekannt gemacht, dass nur sechs Prozent der von den nationalen Regierungen vollmundig zugesagten Mittel für das UNHCR von den Staaten überwiesen worden sind. Das ist ein Skandal, hier müssten auch die Medien viel genauer hinschauen. Wenn die Flüchtlinge im Libanon und Jordanien wegen mangelhafter Versorgung dort keine Zukunft sehen, werden sie sich auf den Weg nach Europa machen.

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