KURTH: DDR-Arzneimitteltests belegen menschenverachtende Praxis in der DDR
BERLIN. Zu den Berichten über geheime Pharmatests an DDR-Bürgern erklärt der Berichterstatter für die Aufarbeitung des SED-Unrechts der FDP-Bundestagsfraktion Patrick KURTH:
Die jetzt aufgedeckten geheimen Pharmatests an DDR-Bürgern sind eine besonders perfide Facette des SED-Unrechts. Das erinnert eher an Nordkorea als an ein mitteleuropäisches Land. Schwer kranken Menschen wurde offenbar eine echte Therapie vorenthalten, um sie als Versuchskaninchen für Arzneimittel zu missbrauchen. Den Medienbeiträgen zufolge sollen die Experimente auch Todesopfer nach sich gezogen haben. Der Verkauf der Gesundheit unschuldiger Bürger durch die SED-Verantwortlichen belegt einmal mehr die Grausamkeit des Sozialismus. Auf menschenverachtende Weise hat hier die wirtschaftliche Unterlegenheit des DDR-Sozialismus erfinderisch gemacht.
Genau wie in Sachen Zwangsarbeit, unter der viele politische Häftlinge in der DDR litten, stellt sich bei den aktuellen Enthüllungen die Frage nach der Verantwortung des Westens. Es wäre unerträglich, wenn West-Firmen die DDR systematisch als Versuchslabor für nicht zugelassene Medikamente missbraucht und dabei noch um die Preise gefeilscht hätten. Die betroffenen Unternehmen müssen sich ihrer Verantwortung schleunigst stellen. Die weitere schonungslose Aufdeckung der Hintergründe ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zwangsarbeit und geheime Arzneimittelversuchstests müssen auch bei der politischen Linken jetzt zur konsequenten Ablehnung verklärender und romantisierender Sichtweisen auf die DDR führen.
Die aktuelle Debatte zeigt einmal mehr: Die DDR, ihre Führungspartei sowie die Stasi sind keine rein ostdeutschen Themen. Die DDR-Aufarbeitung ist und bleibt eine gesamtdeutsche Herausforderung. Auch die Frage nach der Mitverantwortung des Westens gehört stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.