KUBICKI-Interview: Neugier auf die FDP wächst wieder
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab der „B.Z. am Sonntag“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ULRIKE RUPPEL:
Frage: CDU-Vize Volker Bouffier hat die FDP für 2017 offenbar abgeschrieben.
KUBICKI: Dass er die Bundestagswahl zur Richtungsentscheidung zwischen Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün erklärt, habe ich mit Interesse gelesen. Aber er sollte sich an die Worte der Kanzlerin erinnern, die auf dem CDU-Parteitag sagte, sie rechne mit der FDP und sehe sie als natürlichen Bündnispartner.
Frage: Was meinen Sie: Tritt Frau Merkel 2017 noch einmal an?
KUBICKI: Ich vermute das. Niemand in der Union könnte sie ersetzen. Und es wäre nicht das Schlechteste. Sie macht ihren Job ordentlich, dem Land geht es gut, die Menschen sind zufrieden.
Frage: Ein Hoch auf die GroKo?
KUBICKI: Nein. Denn Schwarz-Rot arbeitet daran, dass sich das alles ändert. Die Rente mit 63, der Mindestlohn, die Arbeitszeitregelung mit der Begrenzung auf 10 Stunden täglich und die vom Zoll kontrollierten Dokumentationspflichten – wenn das 2015 greift, werden Ende des Jahres Hunderttausende Arbeitsplätze verloren sein.
Frage: Trotzdem verharrt die FDP in Umfragen bei zwei Prozent.
KUBICKI: Ich merke aber, dass die Neugier auf die FDP wieder wächst. Überall höre ich: „Eure Ideen sind nicht schlecht. Aber warum habt ihr sie in der Regierung nicht umgesetzt?“ Die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der FDP hallt nach. Und wir haben das mit unserem Gejammer befördert. „Mutti gönnt uns keine Erfolge, die CSU lässt uns keine Luft zum Atmen“: Wenn die Bürger so etwas andauernd hören, bleibt natürlich etwas hängen.
Frage: Warum sollte sich die FDP künftig durchsetzen?
KUBICKI: Dass Christian Lindner und ich uns durchsetzen können, haben wir als Fraktionsvorsitzende in unseren Bundesländern bewiesen. Das Vertrauen in die FDP wird langsam wieder wachsen. Ich weiß von einem großen Unterstützerkreis, der demnächst an die Öffentlichkeit treten wird – mit namhaften Persönlichkeiten.
Frage: Hat der Wechsel von Ex-Entwicklungsminister Dirk Niebel zu einem Rüstungskonzern der FDP geschadet?
KUBICKI: Das war eine private Entscheidung, die ich persönlich so nicht getroffen hätte.
Frage: Am 15. Februar wählt Hamburg, Bremen am 10. Mai. Wie ist Ihre Prognose?
KUBICKI: Acht Prozent in Hamburg wären für mich keine Überraschung. Mit Spitzenkandidatin Katja Suding kamen wir 2011 aus dem Stand auf 6,7 Prozent. In Bremen haben wir die Vorsitzende der Jungen Unternehmer, Lencke Steiner, als Spitzenkandidatin gewonnen. Sie hat das Wahlziel von acht Prozent selbst vorgegeben. Ich zweifle nicht daran, dass dies möglich ist.
Frage: Warum werben Sie mit Katja Suding als „unserem Mann für Hamburg“?
KUBICKI: „Seinen Mann stehen“ ist ein geflügeltes Wort. Und das hat Katja Suding als Fraktionsvorsitzende getan. Außerdem wissen wir alle, dass Werbung Aufmerksamkeit wecken soll. Das ist mit diesem Slogan bundesweit gelungen.
Frage: Wie mit der „Keine Sau braucht die FDP“-Kampagne in Brandenburg. Geht es nur noch mit Ironie?
KUBICKI: Das Suding-Plakat ist nicht ironisch. Und den Brandenburg-Slogan hätte ich nicht plakatiert. Ironie in der Politik ist eine Wanderung auf der Rasierklinge. Wenn sie von allen sofort als solche erkannt wird, kann es funktionieren. Sonst geht es nach hinten los.
Frage: Womit will die FDP denn inhaltlich punkten?
KUBICKI: Liberales Kernthema ist bessere Bildung. Wir brauchen Personal, um die Inklusion in den Schulen umzusetzen. Wir müssen Exzellenzen fördern, was wir bislang viel zu wenig getan haben, weil es als sozial schädlich gilt. Ganz wichtig für den Standort Deutschland sind die Themen Mobilität, Integration und der Ausbau der Handelsbeziehungen, etwa durch die geplanten Abkommen mit Kanada und den USA.
Frage: Fürchten Sie die AfD?
KUBICKI: Nein. Wir haben mit der AfD so gut wie keine Berührungspunkte, auch bei der Wählerschaft. Wer homophobe Politik betreibt, wer ausländerfeindlich ist und aus Europa herauswill, kann kein Liberaler sein.
Frage: Was erwarten Sie vom Dreikönigstreffen?
KUBICKI: Christian Lindner wird eine glasklare Standortbestimmung vornehmen. Da wir weder im Bundestag noch in einer Landesregierung vertreten sind, müssen wir schärfer argumentieren. Die Sprechblasen, die wir von Parteitagen kennen, wird es nicht mehr geben.
Frage: Sie sind verwandt mit dem Lebenspartner von Klaus Wowereit. Halten Sie Kontakt?
KUBICKI: Jörn ist der Enkel des Bruders meines Großvaters, wie ich von meiner Mutter erfahren habe. Als ich Klaus Wowereit neulich auf einer Veranstaltung traf, haben wir ein Treffen vereinbart. 2015 besuche ich Jörn und Wowi bei sich zu Hause und wir führen die Familie zusammen. Das geht jetzt ganz entspannt, weil er nicht mehr im Amt ist. Früher wäre das gleich ein Politikum gewesen.
Frage: Sie kennen Jörn Kubicki noch gar nicht persönlich?
KUBICKI: Nein. Ich höre nur, dass er ein typischer Kubicki ist. Er scheint gern zu frotzeln, wie ich auch. Es gibt aber noch eine zweite Verabredung: Klaus Wowereit hat mich zum Golfen ins Berliner Umland eingeladen. Er spielt sehr gut, wie man mir sagte.
Frage: Wie ist Ihr Handicap?
Mein Handicap ist 20,4. Das von Klaus Wowereit ist in etwa gleich schlecht (lacht).
Frage: Warum spielen eigentlich alle erfolgreichen Männer ab einem gewissen Alter Golf?
KUBICKI: Golf ist keine Frage des Alters. Man ist mehrere Stunden in der Natur, ist in Bewegung, spielt nur gegen sich selbst und schaltet einfach ab.