25.10.2018FDPFDP

KUBICKI-Interview: Der SPD fehlen Persönlichkeiten

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab dem „Flensburger Tageblatt“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Dieter Schulz.

Frage: Herr Kubicki – wie sehr freuen Sie sich schon auf die kommende Jamaika-Koalition in Hessen?

Kubicki: Zunächst müssen wir die Wahl am kommenden Sonntag ordentlich absolvieren. Und wenn es dann zu den entsprechenden Ergebnissen kommt, werden meine Parteifreunde dort dafür sorgen, dass Hessen besser regiert wird als bisher.

Frage: Was ist die größere Überraschung: der Negativ-Wert von 26 Prozent für die CDU oder die neun Prozent für die FDP?

Kubicki: Nun sind Umfragewerte immer nur Momentaufnahmen, die bei Wahlen erst noch bestätigt werden müssen. Aber ich finde es spannend, dass die FDP nach der Bundestagswahl deutschlandweit ihre Werte zwischen acht und elf Prozent gehalten hat, während die Regierungsparteien CDU und SPD zusammen um 14 Prozent abgestürzt sind. Das zeigt, dass die Menschen diese erneute Große Koalition unter der Führung von Angela Merkel nicht oder nicht mehr wollen. Hessen wird dafür einen weiteren Beleg liefern, da die Union dort auf einen historischen Tiefststand gefallen ist und die Sozialdemokratie droht, unter 20 Prozent zu rutschen. Das wäre dann der Super-Gau für beide Regierungsparteien in Berlin.

Frage: Kehrt denn nach der Hessenwahl bei der Groko endlich Ruhe ein oder kommt es zum großen Knall?

Kubicki: Ob es zum großen Knall kommt, weiß ich nicht. Aber es kommt auf jeden Fall zum Knall. Andrea Nahles hatte nach der Bundestagswahl versprochen, dass es durch gute Politik mit der Sozialdemokratie wieder aufwärts geht, stattdessen hat sie weitere sieben Prozent verloren. Auch die Union wird sich überlegen müssen, ob es so weitergehen soll. Ich bin mir sicher, dass sich bereits am Wahlabend mahnende Stimmen aus München melden werden. Die CSU musste sich vor 14 Tagen viel Kritik von der CDU anhören, hat aber respektable 37 Prozent erreicht. Wenn jetzt Volker Bouffier 13 Prozent verliert, kann dies ja nicht an der CSU liegen. Das muss andere Gründe haben – und die werden dann mit dem Namen Angela Merkel verbunden werden.

Frage: Weil Sie die Regierungschefin erwähnen. Warum gelingt es Angela Merkel diesmal nicht, nur den jeweiligen Koalitionspartner klein zu machen...

Kubicki: Erstens, weil es die Bundeskanzlerin nicht geschafft hat, die von vielen gewollte – übrigens auch von uns gewollte – Jamaika-Koalition nicht zum Erfolg zu bringen. Zum zweiten hat sie nach der dramatischen Wahlniederlage, dem schlechtesten CDU-Ergebnis seit 50 Jahren, erklärt, sie wisse nicht, was sie anders machen soll. Nach dreizehn Jahren erschöpft sich eben auch die beste Führungskraft. Beispiel Diesel – erst kommt monatelang nichts und jetzt kurz vor der Hessenwahl der Vorstoß, drohende Fahrverbote per Gesetz zu verhindern. Was gar nicht geht und nur dazu führt, dass die Menschen das Vertrauen in die Handlungskompetenz von Frau Merkel weiter verlieren.

Frage: Muss es da nach dem Aufschwung der Grünen nicht der Anspruch der FDP sein, stärker als die SPD zu werden?

Kubicki: Unser Anspruch muss es sein, möglichst stark zu werden – stärker als die SPD zu werden, ist nicht die erste Frage. Ich kann aber Sigmar Gabriel zitieren. Der hat kürzlich zu mir gesagt: Wolfgang, wir sind bald nicht mal mehr in der Lage, das Projekt 18 umzusetzen. Die SPD liegt laut dimap bei 14 Prozent und wir bei elf – wenn der Trend so weitergeht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Kurven kreuzen. Aber das ist nicht entscheidend: Unser Ziel muss es sein, vernünftige Politik zu machen, wenn ich da nur an die Versäumnisse in der Bildungspolitik denke. Abgesehen davon kann ich der SPD nur alles Gute wünschen. Deutschland ist mit einer starken Sozialdemokratie immer gut gefahren, allerdings scheint es ihr zurzeit an starken Persönlichkeiten zu mangeln.

Frage: Apropos starke Persönlichkeiten: Wird Robert Habeck der nächste Bundeskanzler?

Es mag manche Grüne geben, die das glauben. Es waren ja viele entsetzt, dass sich die CSU in Bayern geweigert hat, mit dieser Partei – die sich aufgemacht hat, ganz alleine die Welt zu retten – Koalitionsgespräche zu führen. Nein, ich bin davon überzeugt, dass der Höhenflug der Grünen nicht von Dauer ist. Wir hatten die Grünen bundesweit über 20 Prozent nach Fukushima, wir hatten sie bundesweit bei über 14 Prozent noch vor der letzten Bundestagswahl. Allerdings glaube ich, dass es ihnen zurzeit gelingt, wichtige Themen wie Energiekrise, Klimawandel oder Mobilität anzusprechen und dies mit einem Lebensgefühl zu verbinden. Mit dem Lebensgefühl, wir können mit unserem Verhalten zu einer besseren Welt beitragen – ohne schlechter leben zu müssen.

Frage: Ist Schwarz-Grün als bürgerlicher Block der größte Konkurrent für die FDP?

Kubicki: Alle Parteien sind Konkurrenten für uns. Aber ich glaube, dass die Grünen und wir die Gegenpole im gleichen sozialen Milieu sind. Dazu kommt das Abschmelzen der CDU – wir werden künftig mehrere mittelstarke Parteien erleben. Interessant wird, wie sich das Spannungsfeld zwischen uns und den Grünen, aber auch zwischen der Union und den Grünen entwickelt. Die CDU lässt da viel Raum: Die Menschen wollen gut leben, da bieten wir Liberale unsere Wirtschafts-kompetenz. Die Menschen wollen sich aber auch dabei gut fühlen, da kommen die Grünen mit ihrem Lebensgefühl.

Frage: Freuen Sie sich schon im nächsten Bundestag neben Ralf Stegner zu sitzen?

Kubicki: Zunächst würde ich nicht neben Ralf Stegner sitzen, weil die SPD-Fraktion uns gegenübersitzt und ich ihn quasi anschauen müsste. Aber ich weiß gar nicht, ob er in den Bundestag möchte und wenn, ob er gewählt würde. Meine Lebensfreude würde jedoch nicht darunter leiden, wenn Ralf Stegner nach Berlin kommen würde. Die Lebensfreude einiger seiner Parteifreunde gerade in Schleswig-Holstein würde jedoch steigen, wenn er nicht mehr im Landtag, sondern im Deutschen Bundestag sitzen würde.

Frage: Noch nie sind so viele Norddeutsche auf Bundesebene vertreten und es könnte ja noch mehr gehen: Liegt die Zukunft der Union bei Daniel Günther oder bei Jens Spahn?

Kubicki: Wenn ich einen Lieblingswunsch hätte, dann liegt sie bei Daniel Günther. Aber er muss erst die nächste Landtagswahl gewinnen. Menschlich gesehen, wäre die CDU mit seiner Moderationsfähigkeit gut beraten. Aber ich denke, dass die Union nach der Ära Angela Merkel sich wieder deutlich konservativer aufstellen wird und das macht Jens Spahn zurzeit richtig gut.

Social Media Button