17.03.2014FDPInnen

KUBICKI-Gastbeitrag für „Focus“

Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI schrieb für den „Focus“ (aktuelle Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Das Landgericht München hat Recht gesprochen. Uli Hoeneß soll für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis wegen Steuerhinterziehung in Höhe von mehr als 28 Millionen Euro. Ist das gerecht?

Der Verzicht auf die Revision durch Uli Hoeneß deutet darauf hin, dass er, wohl auch unter großem psychologischem Druck, den Abschluss des Verfahrens will. Er akzeptiert damit die gerichtliche Entscheidung. Schon im Vorfeld diskutierte die Öffentlichkeit den Fall in einem nie dagewesenen Ausmaß, und die Emotionen kochten hoch. Hat so einer das nötig, können Reiche den Hals nicht voll genug bekommen? Sind Steuerhinterzieher Gemeinschaftsschädiger, die nur an sich, nicht an die Gesellschaft denken und deshalb ihrem Umfeld, „den Menschen“, das vorenthalten, was ihnen eigentlich zusteht? Haben Steuerhinterzieher den öffentlichen Pranger nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern haben sie diesen vielmehr verdient?

Wir können froh sein, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in denen Gerichte nach Recht und Gesetz urteilen und nicht nach dem „gesunden Volksempfinden“. Wo der Sachverhalt erforscht und alle für und gegen einen Angeklagten und seine Tat sprechenden Umstände berücksichtigt und abgewogen werden, wo der Verstand das Gefühl in seine Schranken weist. Der Versuch eines Teils der medialen Öffentlichkeit, dies durch TED-Abstimmung zu ersetzen, ist äußerst bedenklich.

Uli Hoeneß hat eine Straftat begangen. Er hat sich durch eine Selbstanzeige offenbart und dadurch seiner Verantwortung gestellt. Wenn diese Anzeige sorgsamer formuliert worden wäre, also auch formal korrekt gewesen wäre, wie es sein Verteidiger Hanns Feigen so unnachahmlich wie unverständlich ausgedrückt hat, wäre er straffrei geblieben, allerdings nur bei vollständiger Schadenswiedergutmachung. Das ist es, was in der Diskussion sehr häufig ausgeblendet wird.

Die Selbstanzeige ist hinsichtlich ihrer strafbefreienden Wirkung misslungen. Aber macht dies Uli Hoeneß zu einem schlechteren Menschen?

Das Gericht hat sein Urteil über die Tat gefällt. Hierbei sollte niemand vergessen, dass wir einem Straftäter den Verbleib in der Gesellschaft – also die „Resozialisierung“ – schulden, wenn die Strafe verbüßt ist. Denn damit ist seine Schuld gegenüber der Gesellschaft getilgt.

Seit seiner Anzeige vor mehr als einem Jahr spricht alles für Uli Hoeneß. Er hat aufgeklärt und nicht geschwiegen. Er hat – neben der Tat – ein untadeliges Leben geführt und ist durch eine öffentliche Hölle gegangen. Es kann ausgeschlossen werden, dass er vergleichbare Taten erneut begeht, und er hat bereits jetzt einen wesentlichen Teil des Steuerschadens wiedergutgemacht.

Dies hätte auch eine Bewährung gerechtfertigt. Aber über das Strafmaß zu befinden, steht ausschließlich dem dazu berufenen Gericht, dem „gesetzlichen Richter“ zu. Dies bewahrt uns alle vor Willkür.

Auch nach dem Urteil muss Uli Hoeneß eine Lebensperspektive verbleiben, denn unser Strafrecht kennt dankenswerterweise keine Rache oder Vergeltung – und das ein Leben lang.

Uli Hoeneß braucht kein Mitleid, aber er hat Anspruch darauf, dass auch ihm Gerechtigkeit widerfährt.

Social Media Button