FDPLandesvertreterversammlung

Jamaika ist für Grüne ein weiterer Weg als für uns

Wolfgang KubickiWolfgang Kubicki wurde fast einstimmig zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt
23.05.2017

Die Nord-FDP hat am Wochenende klare personelle und politische Weichen gestellt. Sie steuert mit Fraktionschef Wolfgang Kubicki als Spitzenkandidat die Bundestagswahl im September an. Er erhielt auf der Landesvertreterversammlung in Neumünster 197 von 200 Stimmen. Ziel der FDP ist ein zweistelliges Ergebnis und vier Mandate. Kubicki will nach Berlin wechseln, wenn die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag schafft. Dieser sei trotz der jüngsten guten Wahlergebnisse kein Selbstgänger, sagte er. "Wir wollen das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen und anschließend rechtfertigen."

Auf Listenplatz zwei wählte die FDP ihren Landesvize Bernd Buchholz. Der ehemalige Vorstandschef von Gruner + Jahr, der auch als möglicher künftiger Wirtschaftsminister in Kiel im Gespräch ist, erklärte, seine erste Priorität sei der Bundestag. Die soziale Marktwirtschaft brauche wieder eine Stimme im Bundestag, sagte Buchholz. Im Interview mit den Kieler Nachrichten unterstrich Kubicki derweil, dass Bucholz im Jamaika-Fall als Wirtschaftsminister gebraucht werden könnte: "Wir haben in den Gesprächen schon deutlich gemacht, dass wir es nicht zulassen, dass das Wirtschafts- und Verkehrsministerium in andere Hände fällt."

Zuvor haben die Delegierten auf ihr Landtagswahlergebnis geschaut. Die Menschen im Land hätten sich für einen Politikwechsel entschieden, resümierte der Landesvorsitzende Heiner Garg. Seinem SPD-Kollegen Ralf Stegner bescheinigte er "vollkommenen Realitätsverlust", weil er trotz der Wahlniederlage seiner Partei nicht auf die Macht verzichten wolle. Die SPD will am Montag noch mit den Grünen über eine "Ampel"-Koalition reden, die von der FDP klar abgelehnt wird. Es gebe nur noch entweder "Jamaika" oder eine Neuwahl, sagte Kubicki. Die FDP werde mit Sicherheit nicht zum Steigbügelhalter für eine Verlängerung der Politik Stegners, sagte Garg.

"Jamaika"-Bündnis ist im Grunde alternativlos

Ziel sei ein Regierungsbündnis, in dem sich CDU, Grüne und FDP gleichberechtigt und auf Augenhöhe wiederfinden, sagte Garg. "Das kann eine echte Zukunftsperspektive für dieses Land werden." Die sogenannte Jamaika-Koalition sei aber noch nicht in trockenen Tüchern, warnte Kubicki. Er sieht dennoch eine gute Chance für eine "Jamaika"-Koalition. "Sie liegt deutlich über 50 Prozent", sagte er. Ein "Jamaika"-Bündnis sei im Grunde alternativlos. Er gehe davon aus, dass die Verhandlungsführer der Grünen auch ihre Parteibasis davon überzeugen können. "Die Sondierungsgespräche haben ergeben, dass es zwischen unseren drei Parteien keine unüberwindbaren Hindernisse gibt", sagte Kubicki.

Im Interview mit den Kieler Nachrichten monierte er: "Einige Grüne haben noch ein Bild von der FDP, das – freundlich formuliert – verbesserungswürdig ist. Für manche sind die Liberalen und insbesondere ich der Gott-sei-beiuns, also das absolut Böse." Er glaube, das werde sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen ändern. "Die FDP ist keine kalte, hartherzige Partei, deren Ziel es ist, einige Menschen reicher zu machen und die Massen zu verelenden."

Wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt

"Wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt, wie das öffentlich den Anschein hat", betonte der FDP-Verhandlungsführer. "Wir sagen, der Rechtsstaat muss sich bewähren und am Ende durchsetzen. Das heißt etwa in der Frage Afghanistan, dass eine Abschiebung in jedem einzelnen Fall geprüft werden muss." Im Übrigen hätte der grüne Finanzpolitiker Rasmus Andresen "sehr kluge Reden etwa zum Glücksspiel oder zur HSH Nordbank gehalten". Auch das Desaster der Bank sei also keine Knackpunkt bei den Verhandlungen: "Weder die Grünen noch wir sind für das Desaster der Bank verantwortlich. Das waren SPD-Politiker Anfang des Jahrtausends. Und es waren 2009 CDU und SPD mit dem 10-Milliarden-Euro-Rettungsschirm."

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