StiftungTürkei-Bulletin

Istanbul steht unter Schock

Skyline von IstanbulSkyline von Istanbul
04.01.2017

In der Türkei haben die Hoffnungen für ein friedliches neues Jahr 2017 keine zwei Stunden gehalten. Bei einem Angriff auf einen Nachtclub in Istanbul wurden 39 Menschen getötet und viele verletzt. Der Attentäter ist noch auf der Flucht, allerdings hat sich der IS zur Tat bekannt. Die Stiftungsexperten Hans-Georg Fleck und Aret Demirci berichten von der aktuellen Situation im Land und den politischen Auswirkungen.

Die offiziellen Beteuerungen nach dem Blutbad glichen denen der vergangenen Wochen und Monate, fassen Fleck und Demirci zusammen. "Die regierungsnahen Medien versuchen unterdessen krampfhaft, die Ohnmacht der türkischen Sicherheitsorgane angesichts der Terrorserie im Land zu kaschieren. Noch die schrägste Verbindung wird von der Regierung und regierungsnahen Journalisten in den Medien konstruiert, um den Zorn der Bevölkerung zu lenken." Der anti-amerikanische Reflex in weiten Teilen der Bevölkerung ermögliche es immer wieder, sehr exotische Verschwörungstheorien zu kreieren, resümieren die Stiftungsexperten.

Angriff auf die säkulare Lebensweise

Der erste Anschlag des neuen Jahres werde von weiten Teilen der Bevölkerung als ein Angriff auf die säkulare Lebensweise schlechthin gewertet – und stelle somit ein Novum in der Serie der Anschläge in der Türkei in den letzten anderthalb Jahren dar, verdeutlichten Fleck und Demirci. "Auch wenn Präsident Erdogan und andere AKP-Politiker immer wieder beteuern, die Regierung respektiere alle Lebensstile, so steht nun der islamisch-konservative Diskurs der Führung in Ankara zur Debatte."

Allerdings sei die Stimmung im Land schon vor dem Silvesteranschlag vergiftet gewesen, geben die Stiftungsexperten zu bedenken. "Konservative Kreise in der Türkei machen seit längerem Stimmung gegen westliche Bräuche wie Weihnachten oder Silvester." Viele Kritiker sähen in dem Anschlag auf den Nachtclub eine Konsequenz der bereits zuvor geschürten Stimmung im Lande und machen hierfür die Regierung verantwortlich. "Empört reagierten sie auch auf die zahlreichen Festnahmen von Demonstranten, die nach dem Anschlag für die Erhaltung des Säkularismus protestiert hatten, während der Terrorist und viele Gleichgesinnte weiterhin auf freiem Fuß bleiben", unterstrichen Fleck und Demirci.

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