FDPBürgerschaftswahlGeschlossener denn je
FDP-Vize Wolfgang Kubicki redet über die neue Begeisterung der Freien Demokraten.24.04.2015Am 10. Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht im "Weser-Kurier" über die Alleinstellungsmerkmale der Freien Demokraten. "Wir sind die einzige Partei, die die Menschen nicht erziehen, sondern sie befähigen will, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Deshalb muss in der Bildung viel mehr passieren", erklärt er. Spitzenkandidatin Lencke Steiner könne auch authentisch über die erfolgreiche Vereinbarung von Beruf und Familie sowie die Führung eines Unternehmens reden. "Wenn sie über Wirtschaft spricht, redet sie über ihr eigenes Leben und nicht akademisch."
Auch die Stimmung in der Partei macht Kubicki optimistisch: "Die Menschen in der FDP haben nicht nur wieder Mut gefasst, sondern sie sind begeistert. Wir gehen als Partei so geschlossen in Wahlkämpfe, siehe etwa Hamburg, wie ich es vierzig Jahre nicht erlebt habe." Er prognostiziert ein Ergebnis von zwischen sieben und acht Prozent. "Da gehe ich jede Wette ein, und die letzten Wetten habe ich gewonnen."
Interview mit Wolfgang Kubicki im "Weser-Kurier":
Sie gelten als begnadeter Wahlkämpfer und haben bei der Wahl 2012 in Schleswig-Holstein stolze 8,2 Prozent geholt. Was kann die Bremer FDP aus Ihrem damaligen Wahlkampf lernen?
Es ist schwer, Wahlkämpfe eins zu eins zu wiederholen, weil die Bedingungen unterschiedlich sind. Aber man kann zunächst einmal lernen, wie wichtig es ist, eine Übereinstimmung hinzubekommen zwischen dem Wahlprogramm und den Kandidaten, die für die FDP antreten. Für Bremen heißt das, dass Lencke Steiner authentisch darüber reden kann, wie man Beruf und Familie vereinbart und wie man ein Unternehmen führt. Wenn sie über Wirtschaft spricht, redet sie über ihr eigenes Leben und nicht akademisch. Und was die großen Probleme angeht, so sind die in Schleswig-Holstein ähnlich wie in Bremen und bundesweit. Unsere Verkehrsinfrastruktur ist marode. Eine weitere zentrale Herausforderung ist der Bildungsbereich, leider sinken hier die Ausgaben in den Länderhaushalten stetig.
Ist die Bremer FDP gut aufgestellt mit Lencke Steiner, die nicht in der Partei ist?
Lencke Steiner hat gesagt: Wenn ich in die Partei eingetreten und danach Spitzenkandidatin geworden wäre, dann hätte es geheißen: Aha, sie wird Mitglied, um schnell Karriere zu machen. Diese Begründung kann ich gut verstehen. Nach der Wahl kann sie mit einem Erfolg im Rücken in die FDP eintreten, also aus eigener Macht.
An den Bekanntheitsgrad von Ihnen und jüngst der Hamburger FDP-Kandidatin Katja Suding kommt sie aber nicht heran.
Das ist auch nicht zu erwarten, weil sie noch nicht so lange im politischen Geschäft ist. Aber ich bin mir sicher, dass bis zum Wahltag eine Mehrheit der Bremer mit ihrem Namen etwas anfangen kann. Und bei Unternehmern und Handwerkern ist sie bereits bekannt.
Sie sind ein Freund klarer Worte und schonen weder Feind noch Freund. Braucht es mehr solcher Typen wie Sie in der Politik?
Mich das jetzt zu fragen, ist doch etwas vermessen. Aber ich höre und lese immer wieder, dass die Politik darunter leidet, dass kämpferische Typen fehlen, die ihre Meinung sagen, auch wenn es gegen den Mainstream geht. Kontroverse Meinungen werden zu wenig ausgetragen. Demokratie lebt vom Disput.
Philipp Rösler hat im Dezember gesagt: Nach meinem Abgang als FDP-Chef ist nichts besser geworden. Kann man diese Aussage einfach als böses Nachtreten eines Enttäuschten werten?
Da bin ich zurückhaltend, weil unsere Partei Philipp Rösler viel zu verdanken hat. Er hat sich als Bundesvorsitzender zur Verfügung gestellt, als die Partei in einer sehr schwierigen Phase war. Es wäre ungerecht, die Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 ihm anzulasten . . .
. . . aber bei dieser Bewertung waren Sie schon einmal wesentlich deutlicher.
Ich bin vorsichtiger geworden. Machen wir uns nichts vor. Es gibt eine einfache Erklärung für die Niederlage der FDP. Wir haben in einem zentralen Punkt Erwartungen geweckt, die wir nicht erfüllt haben, und zwar eine Steuerreform durchzuführen, die ihren Namen verdient. Es geht dabei gar nicht so sehr um eine Steuersenkung, sondern darum, das System zu entrümpeln.
Hat sich nun etwas verbessert?
Aber sicher. Wenn Philipp Rösler sagt, dass sich nichts verbessert hat, dann muss er sich nicht wundern, dass es aus der Partei keine Reaktion gibt. Denn das Gefühl in der Partei ist ein völlig anderes. Die Menschen in der FDP haben nicht nur wieder Mut gefasst, sondern sie sind begeistert. Sie haben nach der Wahlschlappe gefragt: Was sind die Grundwerte der Partei, was macht die FDP aus? Dieser Prozess ist beendet, und wir gehen als Partei so geschlossen in Wahlkämpfe, siehe etwa Hamburg, wie ich es vierzig Jahre nicht erlebt habe.
War Hamburg eine Trendwende?
Trendwende ist zu viel gesagt, aber Hamburg war ein wesentlicher Baustein. Jeder Erfolg bei einer Landtags- oder Bürgerschaftswahl wird uns stabilisieren. Das hat die ganze Partei begriffen. Hamburg hat die Motivation gesteigert.
Was hat die FDP, was andere Parteien nicht haben?
Wir sind die einzige Partei, die die Menschen nicht erziehen, sondern sie befähigen will, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Deshalb muss in der Bildung viel mehr passieren. Und ich muss akzeptieren, dass Menschen Unikate sind. Es gibt Jugendliche mit gutem handwerklichem Geschick. Diese Fähigkeit muss man dann fördern. Ich darf ihnen nicht sagen: Wenn du jetzt Handwerker wirst, bist du ein Mensch zweiter Klasse, weil du keinen akademischen Abschluss hast. Das wäre doch Irrsinn.
Zentrales Anliegen der FDP ist die ersatzlose Abschaffung des Soli-Zuschlags. Das will nun auch die Union. Das Thema haben Sie nicht mehr alleine.
Bei der Union hört man immer Unterschiedliches. Jetzt heißt es, der Soli soll ab 2020 abgeschmolzen werden. Es ist immer schön zu hören, wenn Entscheidungen in die nächste Wahlperiode verschoben werden. Aber weiß man, ob Wolfgang Schäuble und Angela Merkel dann noch regieren? Nein, wir wollen den Soli deshalb zügig abschaffen, weil er seinen Zweck erfüllt hat. Die rechtliche Grundlage für ihn entfällt.
Mehr Geld für Bildung und Infrastruktur: Woher soll das Geld kommen?
Ich würde zum Beispiel die Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer komplett abschaffen. Ich würde auch an der einen oder anderen Stelle im Steuertarif etwas ändern. Aber die Mehrwertsteuer hat den Vorteil, dass die Menschen bei den Konsumausgaben selbst entscheiden, ob sie eine Reise machen, ein Auto kaufen oder wo sie beim Einkauf auf etwas verzichten. Sie bestimmen also mit.
Letzte Frage: Wo landet die Bremer FDP bei der Wahl am 10. Mai?
Das Ergebnis wird ähnlich wie in Hamburg sein, also irgendwo zwischen sieben und acht Prozent. Da gehe ich jede Wette ein, und die letzten Wetten habe ich gewonnen.
Geschlossener denn je
FDP-Vize Wolfgang Kubicki redet über die neue Begeisterung der Freien Demokraten.Am 10. Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht im "Weser-Kurier" über die Alleinstellungsmerkmale der Freien Demokraten. "Wir sind die einzige Partei, die die Menschen nicht erziehen, sondern sie befähigen will, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Deshalb muss in der Bildung viel mehr passieren", erklärt er. Spitzenkandidatin Lencke Steiner könne auch authentisch über die erfolgreiche Vereinbarung von Beruf und Familie sowie die Führung eines Unternehmens reden. "Wenn sie über Wirtschaft spricht, redet sie über ihr eigenes Leben und nicht akademisch."
Auch die Stimmung in der Partei macht Kubicki optimistisch: "Die Menschen in der FDP haben nicht nur wieder Mut gefasst, sondern sie sind begeistert. Wir gehen als Partei so geschlossen in Wahlkämpfe, siehe etwa Hamburg, wie ich es vierzig Jahre nicht erlebt habe." Er prognostiziert ein Ergebnis von zwischen sieben und acht Prozent. "Da gehe ich jede Wette ein, und die letzten Wetten habe ich gewonnen."
Interview mit Wolfgang Kubicki im "Weser-Kurier":
Sie gelten als begnadeter Wahlkämpfer und haben bei der Wahl 2012 in Schleswig-Holstein stolze 8,2 Prozent geholt. Was kann die Bremer FDP aus Ihrem damaligen Wahlkampf lernen?
Es ist schwer, Wahlkämpfe eins zu eins zu wiederholen, weil die Bedingungen unterschiedlich sind. Aber man kann zunächst einmal lernen, wie wichtig es ist, eine Übereinstimmung hinzubekommen zwischen dem Wahlprogramm und den Kandidaten, die für die FDP antreten. Für Bremen heißt das, dass Lencke Steiner authentisch darüber reden kann, wie man Beruf und Familie vereinbart und wie man ein Unternehmen führt. Wenn sie über Wirtschaft spricht, redet sie über ihr eigenes Leben und nicht akademisch. Und was die großen Probleme angeht, so sind die in Schleswig-Holstein ähnlich wie in Bremen und bundesweit. Unsere Verkehrsinfrastruktur ist marode. Eine weitere zentrale Herausforderung ist der Bildungsbereich, leider sinken hier die Ausgaben in den Länderhaushalten stetig.
Ist die Bremer FDP gut aufgestellt mit Lencke Steiner, die nicht in der Partei ist?
Lencke Steiner hat gesagt: Wenn ich in die Partei eingetreten und danach Spitzenkandidatin geworden wäre, dann hätte es geheißen: Aha, sie wird Mitglied, um schnell Karriere zu machen. Diese Begründung kann ich gut verstehen. Nach der Wahl kann sie mit einem Erfolg im Rücken in die FDP eintreten, also aus eigener Macht.
An den Bekanntheitsgrad von Ihnen und jüngst der Hamburger FDP-Kandidatin Katja Suding kommt sie aber nicht heran.
Das ist auch nicht zu erwarten, weil sie noch nicht so lange im politischen Geschäft ist. Aber ich bin mir sicher, dass bis zum Wahltag eine Mehrheit der Bremer mit ihrem Namen etwas anfangen kann. Und bei Unternehmern und Handwerkern ist sie bereits bekannt.
Sie sind ein Freund klarer Worte und schonen weder Feind noch Freund. Braucht es mehr solcher Typen wie Sie in der Politik?
Mich das jetzt zu fragen, ist doch etwas vermessen. Aber ich höre und lese immer wieder, dass die Politik darunter leidet, dass kämpferische Typen fehlen, die ihre Meinung sagen, auch wenn es gegen den Mainstream geht. Kontroverse Meinungen werden zu wenig ausgetragen. Demokratie lebt vom Disput.
Philipp Rösler hat im Dezember gesagt: Nach meinem Abgang als FDP-Chef ist nichts besser geworden. Kann man diese Aussage einfach als böses Nachtreten eines Enttäuschten werten?
Da bin ich zurückhaltend, weil unsere Partei Philipp Rösler viel zu verdanken hat. Er hat sich als Bundesvorsitzender zur Verfügung gestellt, als die Partei in einer sehr schwierigen Phase war. Es wäre ungerecht, die Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 ihm anzulasten . . .
. . . aber bei dieser Bewertung waren Sie schon einmal wesentlich deutlicher.
Ich bin vorsichtiger geworden. Machen wir uns nichts vor. Es gibt eine einfache Erklärung für die Niederlage der FDP. Wir haben in einem zentralen Punkt Erwartungen geweckt, die wir nicht erfüllt haben, und zwar eine Steuerreform durchzuführen, die ihren Namen verdient. Es geht dabei gar nicht so sehr um eine Steuersenkung, sondern darum, das System zu entrümpeln.
Hat sich nun etwas verbessert?
Aber sicher. Wenn Philipp Rösler sagt, dass sich nichts verbessert hat, dann muss er sich nicht wundern, dass es aus der Partei keine Reaktion gibt. Denn das Gefühl in der Partei ist ein völlig anderes. Die Menschen in der FDP haben nicht nur wieder Mut gefasst, sondern sie sind begeistert. Sie haben nach der Wahlschlappe gefragt: Was sind die Grundwerte der Partei, was macht die FDP aus? Dieser Prozess ist beendet, und wir gehen als Partei so geschlossen in Wahlkämpfe, siehe etwa Hamburg, wie ich es vierzig Jahre nicht erlebt habe.
War Hamburg eine Trendwende?
Trendwende ist zu viel gesagt, aber Hamburg war ein wesentlicher Baustein. Jeder Erfolg bei einer Landtags- oder Bürgerschaftswahl wird uns stabilisieren. Das hat die ganze Partei begriffen. Hamburg hat die Motivation gesteigert.
Was hat die FDP, was andere Parteien nicht haben?
Wir sind die einzige Partei, die die Menschen nicht erziehen, sondern sie befähigen will, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Deshalb muss in der Bildung viel mehr passieren. Und ich muss akzeptieren, dass Menschen Unikate sind. Es gibt Jugendliche mit gutem handwerklichem Geschick. Diese Fähigkeit muss man dann fördern. Ich darf ihnen nicht sagen: Wenn du jetzt Handwerker wirst, bist du ein Mensch zweiter Klasse, weil du keinen akademischen Abschluss hast. Das wäre doch Irrsinn.
Zentrales Anliegen der FDP ist die ersatzlose Abschaffung des Soli-Zuschlags. Das will nun auch die Union. Das Thema haben Sie nicht mehr alleine.
Bei der Union hört man immer Unterschiedliches. Jetzt heißt es, der Soli soll ab 2020 abgeschmolzen werden. Es ist immer schön zu hören, wenn Entscheidungen in die nächste Wahlperiode verschoben werden. Aber weiß man, ob Wolfgang Schäuble und Angela Merkel dann noch regieren? Nein, wir wollen den Soli deshalb zügig abschaffen, weil er seinen Zweck erfüllt hat. Die rechtliche Grundlage für ihn entfällt.
Mehr Geld für Bildung und Infrastruktur: Woher soll das Geld kommen?
Ich würde zum Beispiel die Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer komplett abschaffen. Ich würde auch an der einen oder anderen Stelle im Steuertarif etwas ändern. Aber die Mehrwertsteuer hat den Vorteil, dass die Menschen bei den Konsumausgaben selbst entscheiden, ob sie eine Reise machen, ein Auto kaufen oder wo sie beim Einkauf auf etwas verzichten. Sie bestimmen also mit.
Letzte Frage: Wo landet die Bremer FDP bei der Wahl am 10. Mai?
Das Ergebnis wird ähnlich wie in Hamburg sein, also irgendwo zwischen sieben und acht Prozent. Da gehe ich jede Wette ein, und die letzten Wetten habe ich gewonnen.