GERHARDT: Kirchen tragen zu einer Kultur in der Demokratie bei
BERLIN. In einem Gastbeitrag für den Rheinischen Merkur zum Thema "Sollen sich die Kirchen stärker in die Politik einmischen, insbesondere bei den Sozialreformen?" schreibt der FDP-Fraktionsvorsitzende, Dr. Wolfgang GERHARDT:
Es ist richtig, die Kirchen sollen sich in die Politik einmischen. Die Kirchen in Deutschland vertreten weit mehr Bürger als viele Organisationen, die stets lautstark in der Debatte vertreten sind. Die Kirchen sind die gesellschaftliche große Kraft in Deutschland. Ich wünsche mir auch für die Zukunft eine kritische und konstruktive Begleitung der Politik durch die Kirchen.
Es muss aber um die Sache gehen, und bei mancher Kritik wäre ein Abgleich mit der gesellschaftlichen Realität in unserem Lande hilfreich. Es gab Zeiten, da haben gemeinsam mit anderen die Kirchen vor dem Untergang der gesellschaftlichen Stabilität in unserem Lande gewarnt. Der Grund waren auch, von der FDP vorgeschlagene Sozialstaatsreformen. Nun, nachdem diese Reformen verhindert oder zurückgedreht wurden, ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, noch mehr Menschen haben Angst um ihren Job. Die wirtschaftliche und soziale Lage ist nur durch die Bereitschaft zu klaren Veränderungen zu bessern. Reicht es aus nur zu mahnen und Bedenken zu äußern? Es gibt doch nicht nur Krisen sondern auch Chancen.
Wichtig ist eine parteipolitische Unabhängigkeit der Kirchen. Die war in der Vergangenheit nicht immer klar erkennbar. Für Liberale sind nie Hirtenbriefe von Kanzeln verlesen worden. Wir wissen, dass wir es auch den Kirchen nicht immer leicht gemacht haben. Kritische Begleitung ist richtig und wichtig, Parteinahme für Parteien entspricht dem aber nicht. Und: Wer kritisiert, muss auch Kritik einstecken können. Oft sind aber leider gerade die größten Kritiker am empfindlichsten was sie selbst betrifft. Vertreter der Kirchen gehören auch dazu.
In der Irakfrage haben die Kirchen sehr deutlich Stellung bezogen. Das ist ihr gutes Recht. Wer aber Handeln aus Gesinnungsethik fordert, darf Handeln aus Verantwortungsethik nicht mit Pauschalkritik überziehen. Gegen US-Präsident George Bush wurde lautstark polemisiert, auch von manchem Vertreter der Kirche, nun herrscht Sprachlosigkeit über die Massengräber Saddam Husseins. Vielleicht wäre nun die Zeit auch etwas zu sagen.
Die Kirchen bieten für Menschen gute und überzeugende Werte an. Sie tragen zu einer Kultur in einer Demokratie bei, die eine Demokratie braucht. Wir suchen als FDP den Dialog mit ihnen, er ist unverzichtbar, wenn auch kontrovers, dort wo es aus unserer Sicht notwendig erscheint.
Isabella Pfaff - Telefon [030] 227-52388 - pressestelle@fdp-bundestag.de