FDP, FraktionenEU-Gipfel in Tallinn

Geldumverteilung wird Unterschiede in der Eurozone eher erhalten

29.09.2017

Frankreichs Präsident hat große Pläne für den Euro und die EU, die derzeit beim EU-Gipfel in Tallinn diskutiert werden. Für die Freien Demokraten gibt es bei der Finanz- und Haushaltspolitik Grenzen. "Klar ist: Europa wird nicht dadurch stärker, dass wir weitere Geldtöpfe aufmachen oder eine gemeinsame Einlagensicherung einrichten, die die Anreize für solide Haushaltspolitik und die Bereinigung von Bankbilanzen schmälern“, sagt der frisch in den Bundestag gewählte Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff. "Geldumverteilung allein wird noch keine Arbeitsplätze schaffen", sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Florian Toncar.

Der frisch wiedergewählte FDP-Bundestagsabgeordnete Florian Toncar unterstreicht im Interview mit dem Deutschlandfunk zunächst die Gemeinsamkeiten mit Macron: "Die FDP ist eine proeuropäische Partei, vollkommen klar, und wir wollen gestalten, wie er im Übrigen auch. Die Grundhaltung der Reformen, das teilen wir mit ihm." Es gebe viele Bereiche, "in denen wir sehr ähnlich denken", in der Sicherheitspolitik, seine Vorschläge auch im Bereich Asyl, Grenzschutz, Verteidigung, digitaler Binnenmarkt.  Der Hauptunterschied liege hingege in der Zukunft der Eurozone. Die Freien Demokraten sind dagegen, dass es einen automatischen Umverteilungsmechanismus in Europa gibt.

Wer handelt, der haftet auch dafür

"Uns geht es darum, dass Handeln und Haftung wieder in einer Hand liegen. Dass der, der investiert, auch ein Risiko trägt, dass auch Staaten, die mehr Geld ausgeben, Verantwortung dafür tragen, dass sie sich finanziell nicht übernehmen", so Toncar. Kurz gesagt: "Wer handelt, der haftet auch dafür." Seiner Ansicht nach muss man darüber reden, wie Europa auch wirtschaftlich wettbewerbsfähiger werden kann. Eine Geldumverteilung werde "doch alleine noch keine Arbeitsplätze schaffen". Die werde die Unterschiede in der Eurozone eher erhalten, eher vertiefen, eher zementieren, als dass sie sie kleiner werden lasse. Er strebt eine Lösung für die Eurozone an, "die vernünftig ist, die funktioniert."

Toncar verweist in diesem Zusammenhang auf eine der Trendwenden, die die Freien Demokraten auf ihrem Bundesparteitag beschlossen haben. Die besagt, dass "wir in der Eurozone das Prinzip Handeln und Haften, das Prinzip auch, dass wir einen Insolvenzmechanismus für Staaten brauchen, dass wir Schlupflöcher in der Bankenabwicklung schließen müssen. Das haben wir beschlossen, das ist uns auch ernst."

Digitalisierung der wichtigste Punkt in der Macron-Rede

Die Freien Demokraten möchten viel lieber über das Thema digitaler Binnenmarkt sprechen. Über "eine klare Regulierung auch der Internetwirtschaft, einer der Vorschläge von Herrn Macron, die interessant sind und die auch Wachstum schaffen können in Zukunft", drängt Toncar auf substanzielle Fortschritte bei der Digitalisierung in Europa. "Für die Liberalen war die Betonung der Digitalisierung der wichtigste Punkt in der Macron-Rede zur Zukunft Europas", sagt auch der Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff. Für ihn ist Tallinn der beste Ort für einen Gipfel zu diesem Thema, schließlich sei Estland das digitale Musterland der EU und wird seit Jahren von Liberalen regiert. "E-Government, rechtliche Barrieren abbauen und endlich zum europäischen digitalen Binnenmarkt vorstoßen, das sollten die Ergebnisse dieses Gipfels sein“, betonte Lambsdorff.

Hintergrund

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte Anfang der Woche seine Ideen für einen weitreichenden Umbau der EU erläutert. Er will tief ins Gefüge der alten EU eingreifen, die er als langsam und ineffizient beschrieb. Am weitesten gehen seine Vorschläge zur Finanz- und Währungspolitik: Macron will ein milliardenschweres Budget für die Eurozone, das sich aus gemeinsamen Steuern speisen könnte. Auch die gemeinsame Aufnahme von Schulden brachte er ins Gespräch.

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