FDPGastbeitrag

Für echte Einwanderungspolitik statt Hipster-Hass

Johannes Vogel fordert die CDU auf, die echten Herausforderungen der Integrationspolitik anzugehenJohannes Vogel fordert die CDU auf, die echten Herausforderungen der Integrationspolitik anzugehen
29.08.2017

Statt sich um ein Einwanderungsgesetz, die Gestaltung der Digitalisierung oder ein zukunftsfittes Rentensystem zu kümmern, machen CDU-Politiker Schlagzeilen mit Kritik an englisch sprechenden Hipstern. Ein falscher Ansatz, findet FDP-Präsidiumsmitglied Johannes Vogel. Die Behauptung von CDU-Mann Jens Spahn, junge internationale Menschen in deutschen Großstädten würden nur unter sich bleiben und sich dann auch noch auf Englisch verständigen, kann Vogel nicht nachvollziehen. Im Gastbeitrag für die Zeit erwidert er: "Unser Land, unsere Restaurants, unsere Sprache? Echt? Come on, lieber Jens!"

Auch für Konservative wäre es fatal, "ausgerechnet die Weltsprache Englisch zum Gegenstand des kulturpessimistischen Unbehagens zu machen", mahnt Vogel. Weltoffenheit sei keine Bedrohung, sondern eine Chance. "Amsterdam, Kopenhagen, London oder Mailand – für viele Menschen unserer Generation sind das nicht bloß Urlaubsziele, sondern Lebenslaufstationen. Erasmus und Schengen sei Dank." Deutsche Unternehmen hätten Standorte in anderen Ländern, und in Startups hierzulande arbeiteten Menschen aus aller Welt im Team zusammen. "Wenn diese sich auf Englisch unterhalten, weil so alle miteinander kommunizieren können, dann ist das keine 'provinzielle Selbstverzwergung' – sondern gelebte Internationalität. Und wenn es in manchen Restaurants in unseren Metropolen auch mal englischsprachige Kellner gibt – dann eben, weil die Nachfrage dort entsprechend ist."

Fließendes Englisch ersetze nicht die eigene Sprache, sondern ergänze sie bei immer mehr Menschen, hebt Vogel hervor. "Unsere Nachbarn in Skandinavien, den Niederlanden oder auch im Baltikum sind seit Jahren viel weiter– ohne dass dort irgendjemand die eigene Kultur nivelliert sähe oder gar die eigene Sprache weniger genutzt werden würde." Es sei auch vorbildlich, wenn Städte wie Düsseldorf Englisch als zweite Sprache in jenen Teilen der Verwaltung einführten, die im Erstkontakt mit ausländischen Fachkräften stünden. Angesichts des Fachkräftebedarfs müsse Deutschland letztendlich überlegen, wie die Attraktivität des Standortes für hochqualifizierte internationale Talente weiter gesteigert werden könnte. Zu Globalisierungskritik bestehe kein Anlass. "Starbucks bedroht unsere Identität nicht", stellt er klar.

CDU muss sich mit den eigentlichen Problemfeldern beschäftigen

"Bei der Einwanderungspolitik gäbe es für die Regierung noch viel zu tun", betont Vogel. "Klare Regeln inklusive Punktesystem; verständliche Trennung zwischen vorübergehendem humanitären Schutz, Asyl und Einwanderung; Deutsch-Sprachtests flächendeckend bereits in Kitas; ausnahmslose Durchsetzung des Rechts." Diese echten Integrationsfragen hätten jedoch mit dem Verhalten junger Europäer in Großstädten nichts zu tun. "Statt also Nebelkerzen zu werfen, sollte auch die CDU sich lieber mit den eigentlichen Herausforderungen beschäftigen."

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