Christian Lindner stellt die Agenda für die Fleißigen und die Agenda für Selbstbestimmung vor.
09.01.2019
Die Freien Demokraten haben auf ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart das politische Jahr 2019 eröffnet. In seiner Rede sprach sich FDP-Chef Christian Lindner dafür aus, die breite Mitte zu stärken, die jeden Tag Deutschlands Wohlstand erarbeite. Mit einer Agenda für die Fleißigen sollen "diese vielen Millionen Fleißigen" unterstützt und entlastet werden, so Lindner. Anders als Friedrich Merz, der mit einer solchen Agenda im Kampf um den CDU-Parteivorsitz gescheitert ist, forderte Lindner aber auch in der Gesellschaftspolitik einen Aufbruch. "Wir brauchen nicht nur eine Agenda für die Fleißigen, sondern auch eine Agenda für Selbststimmung und Liberalität", so Lindner.
Mit der Agenda für die Fleißigen wollen die Freien Demokraten zum Beispiel die Rentnerinnen und Rentner unterstützen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, aber privat etwas angespart haben. Diese dürften nicht vom Staat für ihre private Vorsorge bestraft werden, indem diese auf ihre Sicherung angerechnet wird. "Das muss sich ändern", forderte Lindner. Gleiches gelte für die Menschen, die in Teilrente sind und daneben noch arbeiten. Auch bei ihnen werde derzeit das Einkommen mit der Rente verrechnet. Die Behörden würden denen sogar noch die Frage mit auf den Weg geben: Warum arbeiten Sie überhaupt, es lohnt sich nicht. "In Zeiten des Fachkräftemangels, die nach Hause zu schicken, die motiviert sind, noch weiter zu arbeiten, kann sich dieses Land nicht erlauben“, kritisierte der FDP-Chef den derzeitigen Zustand.
@c_lindner bei #3K19 über die hohen Abzüge beim Hinzuverdienst von HartzIV-Empfängern: „Unser Sozialstaat ist für viele Menschen zum Hamsterrad geworden, in dem sie sich immer schneller bewegen können, ohne einen Meter voranzukommen“
Sozialstaat ist für viele Menschen zum Hamsterrad geworden
Auch bei Hartz IV-Beziehern wollen die Freien Demokraten die Steine beseitigen, die der Staat denen in den Weg legt, die mehr arbeiten und etwas erreichen wollen. Sie werden durch Abzüge bei den Sozialleistungen bestraft, wenn sie über ein bestimmtes Maß hinzuverdienen möchten. Im Extremfall erhalten sie am Ende des Monats sogar weniger Geld, als wenn sie kürzer gearbeitet hätten. "Das ist die Perversion der Leistungsgerechtigkeit und muss deshalb korrigiert werden“, stellte Lindner klar. Auch die 450-Euro Minijobgrenze engt Mini-Jobber, Studenten und Senioren, die etwas hinzuverdienen möchten, stark ein. Die Freien Demokraten wollen deshalb die Minijobgrenze dynamisieren.
Doch auch für diejenigen, die Vollzeit arbeiten, müsse sich das Arbeiten wieder stärker lohnen. Wobei es bei Geringverdienern weniger die Höhe der Steuern sondern die der Sozialabgaben ist, die den Menschen die Freiräume raubt. Deshalb sei es laut Lindner die Verantwortung der Politik, die Lohnzusatzkosten insgesamt dauerhaft wieder unter 40 Prozent zu bringen. "Es gibt nämlich im Sozialstaat auch eine Verantwortung für diejenigen, die ihn bezahlen müssen“, machte Lindner deutlich.
Mehr arbeiten und weniger Einkommen haben - das ist die Perversion der Leistungsgesellschaft und muss korrigiert werden. Es gibt im Sozialstaat auch eine Verantwortung gegenüber denjenigen, die ihn bezahlen. TL
Der Solidaritätszuschlag muss zum 1.1.2020 entfallen
In diesem Zusammenhang müsse die Politik auch endlich ihre Versprechen beim Solidaritätszuschlag einhalten, sagte Lindner: "Der Solidaritätszuschlag muss zum 1.1.2020 entfallen, weil dann die Finanzierung des Solidarpakts II für Ostdeutschland abgeschlossen ist.“ Man dürfe ganz generell nicht erst auf eine Rezession warten, ehe man Steuerentlastungen realisiert. Deshalb seien entsprechende Ankündigungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach Ansicht Lindners auch vollkommen unverständlich. "Warum“, so Lindner, "warten wir auf eine Rezession?“ Viel sinnvoller sei es, eine Rezession zu verhindern, indem jetzt schon Steuern gesenkt würden.
„Brauchen nicht nur eine Agenda für die Fleißigen. Sondern auch eine Agenda für Selbstbestimmung und Liberalität!“ (@c_lindner). Beispiele: Reproduktionsmedizin unabhängig vom Alter, mehr Rechte für Verantwortungsgemeinschaften, Datensouveränität im digitalen Zeitalter! #3K19pic.twitter.com/UK94C845C8
Neben wirtschaftlichen Reformen braucht Deutschland nach Ansicht Lindners auch gesellschaftspolitisch ein Update. "Die Menschen in unserem Land sind viel informierter, selbstbestimmter, individueller als jemals zuvor", sagte Lindner. Der Staat müsse sich wieder mehr an den Wünschen der Menschen orientieren, nicht die Menschen an den "Schablonen des Staates". Deshalb brauche es neben der Agenda für die Fleißigen auch eine Agenda der Selbstbestimmung und Liberalität.
Ein wichtiger Punkt dabei: Die Streichung von Paragraf 219a Strafgesetzbuch (Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche). Außerdem wirbt Lindner für eine Verantwortungsgemeinschaft für unverheiratete Paare und Senioren in Deutschland. Frankreich soll dabei als Vorbild dienen. Gemeinschaften sollen sich zum Beispiel gegenseitig von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden und so besser füreinander sorgen können.
Beim §219a StGB geht es in Wahrheit nicht um Werbung, sondern um die Kriminalisierung von informierenden Ärztinnen und Ärzten. Er muss abgeschafft werden. TL #3K19
Datenschutz muss Priorität der Innenpolitik in Deutschland werden
Auch Bürgerrechte wie der Datenschutz müssten in Deutschland einen höheren Stellenwert genießen. Es müsse eine "Priorität der Innenpolitik in Deutschland“ werden, Privatleben und geistiges Eigentum vor privaten Hackern oder staatlichen Zugriffen zu schützen, so Lindner. Deshalb spreche sich die FDP ja auch weiter gegen die Vorratsdatenspeicherung aus. Es sollte außerdem ein Recht auf Datensouveränität für Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden, um sie vor "kommerziellen Datensammlern" zu schützen.
Ein liberales Einwanderungsmanagement, verknüpft mit der konsequenten Durchsetzung des Rechts bei der Migration, gehöre ebenso zu einer Agenda der Selbstbestimmung. Außerdem bessere Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Lösungen. Die deutschen Arbeitszeit-Regelungen stammten aus einer Zeit, in der der Staat die Menschen schützen wollte, so Lindner. Heute wirkten diese Bestimmungen "nicht mehr schützend, sondern fesselnd für die Menschen, die ihr Leben selbstbestimmt führen wollen."
Ein weiterer zentraler Punkt: Herkunft oder Geschlecht bestimmen immer noch viel zu sehr Karrierechancen und Einkommen. Deshalb setze sich die FDP als Partei der Leistungsgerechtigkeit unter anderem auch dafür ein, den Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Arbeit abzuschmelzen.
Das gesellschaftliche Schlüsselthema ist die Bildung
Das gesellschaftliche Schlüsselthema der "Agenda für die Selbstbestimmung“ ist laut Lindner die Bildung. Viele in Deutschland würden durch die Digitalisierung um ihren Arbeitsplatz fürchten. Aufgabe der Politik sei es, "die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Zukunftsjobs nicht nur im Silicon Valley, Israel oder den Niederlanden entstehen, sondern auch bei uns". Deshalb müsse sich dringend die Einsicht durchsetzen, dass Bildung nicht mit der ersten Ausbildung zu Ende sei. Lebenslanges Lernen müsse eine Selbstverständlichkeit werden, gefördert durch eine Art Bafög, das in allen Lebensphasen abgerufen werden kann, in denen sich Menschen während einer beruflichen Auszeit weiterbilden wollen.
"Ich habe nicht ganz zufällig von einer Agenda für die Fleißigen und einer Agenda für Liberalität, einer Agenda für Selbstbestimmung zugleich gesprochen", resümierte Lindner. Beide Punkte machten die Freien Demokraten aus. Für sie sei Liberalität nicht nur ein Ordnungsprinzip der Wirtschaft, sondern auch gesellschaftspolitische Leitvorstellung. "Die Freiheit ist und bleibt der Leitwert der FDP“, so der FDP-Vorsitzende. Wer diese Werte teile, sei in der FDP herzlich willkommen.
Für die Fleißigen, für die Selbstbestimmung
Christian Lindner stellt die Agenda für die Fleißigen und die Agenda für Selbstbestimmung vor.Die Freien Demokraten haben auf ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart das politische Jahr 2019 eröffnet. In seiner Rede sprach sich FDP-Chef Christian Lindner dafür aus, die breite Mitte zu stärken, die jeden Tag Deutschlands Wohlstand erarbeite. Mit einer Agenda für die Fleißigen sollen "diese vielen Millionen Fleißigen" unterstützt und entlastet werden, so Lindner. Anders als Friedrich Merz, der mit einer solchen Agenda im Kampf um den CDU-Parteivorsitz gescheitert ist, forderte Lindner aber auch in der Gesellschaftspolitik einen Aufbruch. "Wir brauchen nicht nur eine Agenda für die Fleißigen, sondern auch eine Agenda für Selbststimmung und Liberalität", so Lindner.
Mit der Agenda für die Fleißigen wollen die Freien Demokraten zum Beispiel die Rentnerinnen und Rentner unterstützen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, aber privat etwas angespart haben. Diese dürften nicht vom Staat für ihre private Vorsorge bestraft werden, indem diese auf ihre Sicherung angerechnet wird. "Das muss sich ändern", forderte Lindner. Gleiches gelte für die Menschen, die in Teilrente sind und daneben noch arbeiten. Auch bei ihnen werde derzeit das Einkommen mit der Rente verrechnet. Die Behörden würden denen sogar noch die Frage mit auf den Weg geben: Warum arbeiten Sie überhaupt, es lohnt sich nicht. "In Zeiten des Fachkräftemangels, die nach Hause zu schicken, die motiviert sind, noch weiter zu arbeiten, kann sich dieses Land nicht erlauben“, kritisierte der FDP-Chef den derzeitigen Zustand.
Sozialstaat ist für viele Menschen zum Hamsterrad geworden
Auch bei Hartz IV-Beziehern wollen die Freien Demokraten die Steine beseitigen, die der Staat denen in den Weg legt, die mehr arbeiten und etwas erreichen wollen. Sie werden durch Abzüge bei den Sozialleistungen bestraft, wenn sie über ein bestimmtes Maß hinzuverdienen möchten. Im Extremfall erhalten sie am Ende des Monats sogar weniger Geld, als wenn sie kürzer gearbeitet hätten. "Das ist die Perversion der Leistungsgerechtigkeit und muss deshalb korrigiert werden“, stellte Lindner klar. Auch die 450-Euro Minijobgrenze engt Mini-Jobber, Studenten und Senioren, die etwas hinzuverdienen möchten, stark ein. Die Freien Demokraten wollen deshalb die Minijobgrenze dynamisieren.
Doch auch für diejenigen, die Vollzeit arbeiten, müsse sich das Arbeiten wieder stärker lohnen. Wobei es bei Geringverdienern weniger die Höhe der Steuern sondern die der Sozialabgaben ist, die den Menschen die Freiräume raubt. Deshalb sei es laut Lindner die Verantwortung der Politik, die Lohnzusatzkosten insgesamt dauerhaft wieder unter 40 Prozent zu bringen. "Es gibt nämlich im Sozialstaat auch eine Verantwortung für diejenigen, die ihn bezahlen müssen“, machte Lindner deutlich.
Der Solidaritätszuschlag muss zum 1.1.2020 entfallen
In diesem Zusammenhang müsse die Politik auch endlich ihre Versprechen beim Solidaritätszuschlag einhalten, sagte Lindner: "Der Solidaritätszuschlag muss zum 1.1.2020 entfallen, weil dann die Finanzierung des Solidarpakts II für Ostdeutschland abgeschlossen ist.“ Man dürfe ganz generell nicht erst auf eine Rezession warten, ehe man Steuerentlastungen realisiert. Deshalb seien entsprechende Ankündigungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach Ansicht Lindners auch vollkommen unverständlich. "Warum“, so Lindner, "warten wir auf eine Rezession?“ Viel sinnvoller sei es, eine Rezession zu verhindern, indem jetzt schon Steuern gesenkt würden.
Deutschland braucht auch einen liberalen Aufbruch
Neben wirtschaftlichen Reformen braucht Deutschland nach Ansicht Lindners auch gesellschaftspolitisch ein Update. "Die Menschen in unserem Land sind viel informierter, selbstbestimmter, individueller als jemals zuvor", sagte Lindner. Der Staat müsse sich wieder mehr an den Wünschen der Menschen orientieren, nicht die Menschen an den "Schablonen des Staates". Deshalb brauche es neben der Agenda für die Fleißigen auch eine Agenda der Selbstbestimmung und Liberalität.
Ein wichtiger Punkt dabei: Die Streichung von Paragraf 219a Strafgesetzbuch (Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche). Außerdem wirbt Lindner für eine Verantwortungsgemeinschaft für unverheiratete Paare und Senioren in Deutschland. Frankreich soll dabei als Vorbild dienen. Gemeinschaften sollen sich zum Beispiel gegenseitig von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden und so besser füreinander sorgen können.
Datenschutz muss Priorität der Innenpolitik in Deutschland werden
Auch Bürgerrechte wie der Datenschutz müssten in Deutschland einen höheren Stellenwert genießen. Es müsse eine "Priorität der Innenpolitik in Deutschland“ werden, Privatleben und geistiges Eigentum vor privaten Hackern oder staatlichen Zugriffen zu schützen, so Lindner. Deshalb spreche sich die FDP ja auch weiter gegen die Vorratsdatenspeicherung aus. Es sollte außerdem ein Recht auf Datensouveränität für Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden, um sie vor "kommerziellen Datensammlern" zu schützen.
Ein liberales Einwanderungsmanagement, verknüpft mit der konsequenten Durchsetzung des Rechts bei der Migration, gehöre ebenso zu einer Agenda der Selbstbestimmung. Außerdem bessere Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Lösungen. Die deutschen Arbeitszeit-Regelungen stammten aus einer Zeit, in der der Staat die Menschen schützen wollte, so Lindner. Heute wirkten diese Bestimmungen "nicht mehr schützend, sondern fesselnd für die Menschen, die ihr Leben selbstbestimmt führen wollen."
Ein weiterer zentraler Punkt: Herkunft oder Geschlecht bestimmen immer noch viel zu sehr Karrierechancen und Einkommen. Deshalb setze sich die FDP als Partei der Leistungsgerechtigkeit unter anderem auch dafür ein, den Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Arbeit abzuschmelzen.
Das gesellschaftliche Schlüsselthema ist die Bildung
Das gesellschaftliche Schlüsselthema der "Agenda für die Selbstbestimmung“ ist laut Lindner die Bildung. Viele in Deutschland würden durch die Digitalisierung um ihren Arbeitsplatz fürchten. Aufgabe der Politik sei es, "die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Zukunftsjobs nicht nur im Silicon Valley, Israel oder den Niederlanden entstehen, sondern auch bei uns". Deshalb müsse sich dringend die Einsicht durchsetzen, dass Bildung nicht mit der ersten Ausbildung zu Ende sei. Lebenslanges Lernen müsse eine Selbstverständlichkeit werden, gefördert durch eine Art Bafög, das in allen Lebensphasen abgerufen werden kann, in denen sich Menschen während einer beruflichen Auszeit weiterbilden wollen.
"Ich habe nicht ganz zufällig von einer Agenda für die Fleißigen und einer Agenda für Liberalität, einer Agenda für Selbstbestimmung zugleich gesprochen", resümierte Lindner. Beide Punkte machten die Freien Demokraten aus. Für sie sei Liberalität nicht nur ein Ordnungsprinzip der Wirtschaft, sondern auch gesellschaftspolitische Leitvorstellung. "Die Freiheit ist und bleibt der Leitwert der FDP“, so der FDP-Vorsitzende. Wer diese Werte teile, sei in der FDP herzlich willkommen.