FDPWirtschaftspolitik Es braucht eine Richtungsentscheidung
Christian Lindner sieht in der Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik einen wesentlichen Faktor für die Wachstumsschwäche.
07.11.2024Finanzminister Christian Lindner fordert eine klare Richtungsentscheidung über Deutschlands wirtschaftliche Zukunft. Aufgrund von Unsicherheit und schlechten Standortbedingungen blieben dringend benötigte private Investitionen aus.
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner fordert eine klare Richtungsentscheidung für Deutschland. „Eine grundlegende Neuaufstellung unseres Landes ist nötig“, sagte Lindner im Interview mit dem „Spiegel“. Deutschland brauche einen wirtschaftlichen Aufbruch, ähnlich einer neuen Gründerzeit und das in eine klare wirtschaftliche Richtung. Der Finanzminister warnt, dass Unsicherheiten in der Wirtschaftspolitik Investitionen abschrecken: „Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass die Unsicherheit über die Grundanlage der Wirtschafts- und Finanzpolitik in den nächsten Jahren selbst ein Faktor für die Wachstumsschwäche ist.“
Dieser Abwärtstrend müsse gestoppt werden, um wieder ein stabiles Umfeld für Unternehmen zu schaffen. „Ich jedenfalls kann mich nicht damit abfinden, dass unser Land vor zehn Jahren auf Platz sechs der globalen Wettbewerbsfähigkeit war und nun auf Platz 24 angekommen ist. Und das wird man nicht reparieren können mit weißer Salbe oder mit ein paar Schulden, sondern da geht es um eine grundlegende Neuaufstellung unseres Landes“, machte Lindner deutlich.
Mehr Staat oder bessere Rahmenbedingungen?
Die zentrale Frage sei, so Lindner auf X, ob der Weg über mehr Staat und Subventionen führen sollte oder über bessere Rahmenbedingungen – weniger Bürokratie, niedrigere Energiekosten und Steuern. Für ihn ist klar: Nur verbesserte Rahmenbedingungen können die dringend nötigen privaten Investitionen ankurbeln. „Wenn ein Standort nicht wettbewerbsfähig ist, bleiben private Investitionen aus.“ Die Freien Demokraten sind überzeugt, dass es ohne privates Kapital nicht geht. 90 Prozent der Investitionen in Deutschland kommen von privaten Akteuren, staatliche Investitionen machen lediglich 10 Prozent aus. Für Lindner ist das ein deutliches Signal: „Der Staat allein kann den Investitionsstau nicht lösen“. Die staatliche Förderung bestimmter Technologien lehnt Lindner ab, zukünftige Wirtschaftsstruktur sollte sich laut Lindner im freien Ideenwettbewerb entwickeln – „Das Modell heißt Soziale Marktwirtschaft.“
Zusätzlich müssen die staatlichen Ausgaben auf den Prüfstand. „Wenn wir nicht so viel Geld ausgeben müssten für Zinsen und wenn unser Sozialstaat treffsicherer ist, also wenn er mehr Menschen aus der Situation der Unterstützung in den Arbeitsmarkt zurückbringen würde, dann würden Milliarden Mittel frei werden, die wir zusätzlich für die Modernisierung unseres Landes einsetzen müssen,“ erläuterte Lindner. Er kritisierte dabei, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland stark konsumgeprägt sind – das heißt, ein großer Teil der staatlichen Mittel fließt in laufende, direkt konsumierte Ausgaben, anstatt in Investitionen, die das Wachstum langfristig fördern könnten. Hohe Sozialausgaben, Zinszahlungen für bestehende Schulden und Gelder für veraltete Strukturen, etwa in der Verwaltung, binden Mittel.
Priorisierung von Ausgaben notwendig
Um Investitionen zu stärken, plädiert Lindner dafür, den Haushalt schrittweise umzuschichten. Der Sozialstaat dürfe keine falschen Anreize setzen. Er müsse denjenigen helfen, die tatsächlich Unterstützung benötigen. Lindner hob zudem die Bedeutung einer geregelten Migration hervor: „Wir brauchen eine gesteuerte Migration, die die Bedürfnisse des Landes berücksichtigt.“ Damit zielt er auf eine Balance zwischen Offenheit und Sicherheit ab: „Wir brauchen mehr Fachkräfte und weniger unkontrollierte Einwanderung.”
Eine Priorisierung der Ausgaben sei dringend erforderlich, auch angesichts sinkender Staatseinnahmen, so Lindner. Schließlich könne die Finanzpolitik kein Geld herbeizaubern. Die Einnahmen seien begrenzt und stünden unter strengen Vorgaben durch die Schuldenbremse, europäische Haushaltsregeln und den Verzicht auf Steuererhöhungen – alles Prinzipien, welche die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands sichern. Der Finanzminister sieht sich zudem in der Verantwortung, die Kosten nicht auf kommende Generationen abzuwälzen, indem der Staat weiter Schulden anhäuft.
Eine Regierung braucht einen Haushalt
Der Moment für grundlegende Entscheidungen zur Ausrichtung der deutschen Wirtschaftspolitik sei nun gekommen. Im November soll der Haushalt verabschiedet werden, einschließlich der Maßnahmen der Wirtschaftsinitiative. „Wird uns das gelingen?“ fragte Lindner und gab selbst die Antwort: „Ja, weil wir keine andere Wahl haben. Eine Regierung braucht einen Haushalt, sonst ist sie keine Regierung mehr.“
Damit ein neuer Aufbruch möglich wird
In einem 18-seitigen Grundsatzpapier, das zunächst nur im engsten Kreis der Bundesregierung beraten werden sollte, fordert Lindner ein völliges Umsteuern in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Herausforderungen wie ein Investitionsstau, eine geringe Produktivität oder ein Sonderweg beim Klimaschutz seien in den vergangenen Jahren von der Politik nicht nur nicht adressiert, sondern zum Teil „vorsätzlich herbeigeführt“ worden, schreibt Lindner in in dem Papier, mit dem er eine alternative Richtungsentscheidung für unser Land vorschlägt. „Deshalb ist eine Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen erforderlich, um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.“
Konkret schlägt der FDP-Chef etwa einen sofortigen Stopp aller neuen Regulierungen vor und einen Abbau von Nachweis- und Berichtspflichten auf ein notwendiges Minimum. Davon erhofft Lindner sich einen stärkeren Bürokratieabbau. Das gelte insbesondere für das Tariftreuegesetz, das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigtendatengesetz und die arbeitgeberfinanzierte Familienstartzeit.
Solidaritätszuschlag abschaffen
„Als Sofortmaßnahmen sollte der Solidaritätszuschlag, der überwiegend von Unternehmern, Selbständigen, Freiberuflern sowie Hochqualifizierten gezahlt wird, entfallen“, fordert er in dem Papier mit dem Titel „Wirtschaftswende Deutschland — Konzept für Wachstum und Generationsgerechtigkeit“ weiter, das er als Finanzminister vorgelegt hat. In einem ersten Schritt sollte der Solidaritätszuschlag 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf drei Prozent gesenkt werden und ab 2027 ganz entfallen. Parallel sollte die Körperschaftssteuer 2025 um zwei Prozentpunkte reduziert und in weiteren Schritten 2027 und 2029 gesenkt werden. er drängt auf ein »sofortiges Moratorium zum Stopp aller Regulierungen« für die nächsten drei Jahre.
Er ist überzeugt: „Deutschland muss sich politischen Lebenslügen stellen, damit ein neuer Aufbruch möglich wird.“ Erfolgreiche „Turn-Around-Stories“ und der Blick auf die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigten: „Es geht.“
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Es braucht eine Richtungsentscheidung
Christian Lindner sieht in der Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik einen wesentlichen Faktor für die Wachstumsschwäche.Finanzminister Christian Lindner fordert eine klare Richtungsentscheidung über Deutschlands wirtschaftliche Zukunft. Aufgrund von Unsicherheit und schlechten Standortbedingungen blieben dringend benötigte private Investitionen aus.
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner fordert eine klare Richtungsentscheidung für Deutschland. „Eine grundlegende Neuaufstellung unseres Landes ist nötig“, sagte Lindner im Interview mit dem „Spiegel“. Deutschland brauche einen wirtschaftlichen Aufbruch, ähnlich einer neuen Gründerzeit und das in eine klare wirtschaftliche Richtung. Der Finanzminister warnt, dass Unsicherheiten in der Wirtschaftspolitik Investitionen abschrecken: „Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass die Unsicherheit über die Grundanlage der Wirtschafts- und Finanzpolitik in den nächsten Jahren selbst ein Faktor für die Wachstumsschwäche ist.“
Dieser Abwärtstrend müsse gestoppt werden, um wieder ein stabiles Umfeld für Unternehmen zu schaffen. „Ich jedenfalls kann mich nicht damit abfinden, dass unser Land vor zehn Jahren auf Platz sechs der globalen Wettbewerbsfähigkeit war und nun auf Platz 24 angekommen ist. Und das wird man nicht reparieren können mit weißer Salbe oder mit ein paar Schulden, sondern da geht es um eine grundlegende Neuaufstellung unseres Landes“, machte Lindner deutlich.
Mehr Staat oder bessere Rahmenbedingungen?
Die zentrale Frage sei, so Lindner auf X, ob der Weg über mehr Staat und Subventionen führen sollte oder über bessere Rahmenbedingungen – weniger Bürokratie, niedrigere Energiekosten und Steuern. Für ihn ist klar: Nur verbesserte Rahmenbedingungen können die dringend nötigen privaten Investitionen ankurbeln. „Wenn ein Standort nicht wettbewerbsfähig ist, bleiben private Investitionen aus.“ Die Freien Demokraten sind überzeugt, dass es ohne privates Kapital nicht geht. 90 Prozent der Investitionen in Deutschland kommen von privaten Akteuren, staatliche Investitionen machen lediglich 10 Prozent aus. Für Lindner ist das ein deutliches Signal: „Der Staat allein kann den Investitionsstau nicht lösen“. Die staatliche Förderung bestimmter Technologien lehnt Lindner ab, zukünftige Wirtschaftsstruktur sollte sich laut Lindner im freien Ideenwettbewerb entwickeln – „Das Modell heißt Soziale Marktwirtschaft.“
Zusätzlich müssen die staatlichen Ausgaben auf den Prüfstand. „Wenn wir nicht so viel Geld ausgeben müssten für Zinsen und wenn unser Sozialstaat treffsicherer ist, also wenn er mehr Menschen aus der Situation der Unterstützung in den Arbeitsmarkt zurückbringen würde, dann würden Milliarden Mittel frei werden, die wir zusätzlich für die Modernisierung unseres Landes einsetzen müssen,“ erläuterte Lindner. Er kritisierte dabei, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland stark konsumgeprägt sind – das heißt, ein großer Teil der staatlichen Mittel fließt in laufende, direkt konsumierte Ausgaben, anstatt in Investitionen, die das Wachstum langfristig fördern könnten. Hohe Sozialausgaben, Zinszahlungen für bestehende Schulden und Gelder für veraltete Strukturen, etwa in der Verwaltung, binden Mittel.
Priorisierung von Ausgaben notwendig
Um Investitionen zu stärken, plädiert Lindner dafür, den Haushalt schrittweise umzuschichten. Der Sozialstaat dürfe keine falschen Anreize setzen. Er müsse denjenigen helfen, die tatsächlich Unterstützung benötigen. Lindner hob zudem die Bedeutung einer geregelten Migration hervor: „Wir brauchen eine gesteuerte Migration, die die Bedürfnisse des Landes berücksichtigt.“ Damit zielt er auf eine Balance zwischen Offenheit und Sicherheit ab: „Wir brauchen mehr Fachkräfte und weniger unkontrollierte Einwanderung.”
Eine Priorisierung der Ausgaben sei dringend erforderlich, auch angesichts sinkender Staatseinnahmen, so Lindner. Schließlich könne die Finanzpolitik kein Geld herbeizaubern. Die Einnahmen seien begrenzt und stünden unter strengen Vorgaben durch die Schuldenbremse, europäische Haushaltsregeln und den Verzicht auf Steuererhöhungen – alles Prinzipien, welche die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands sichern. Der Finanzminister sieht sich zudem in der Verantwortung, die Kosten nicht auf kommende Generationen abzuwälzen, indem der Staat weiter Schulden anhäuft.
Eine Regierung braucht einen Haushalt
Der Moment für grundlegende Entscheidungen zur Ausrichtung der deutschen Wirtschaftspolitik sei nun gekommen. Im November soll der Haushalt verabschiedet werden, einschließlich der Maßnahmen der Wirtschaftsinitiative. „Wird uns das gelingen?“ fragte Lindner und gab selbst die Antwort: „Ja, weil wir keine andere Wahl haben. Eine Regierung braucht einen Haushalt, sonst ist sie keine Regierung mehr.“
Damit ein neuer Aufbruch möglich wird
In einem 18-seitigen Grundsatzpapier, das zunächst nur im engsten Kreis der Bundesregierung beraten werden sollte, fordert Lindner ein völliges Umsteuern in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Herausforderungen wie ein Investitionsstau, eine geringe Produktivität oder ein Sonderweg beim Klimaschutz seien in den vergangenen Jahren von der Politik nicht nur nicht adressiert, sondern zum Teil „vorsätzlich herbeigeführt“ worden, schreibt Lindner in in dem Papier, mit dem er eine alternative Richtungsentscheidung für unser Land vorschlägt. „Deshalb ist eine Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen erforderlich, um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.“
Konkret schlägt der FDP-Chef etwa einen sofortigen Stopp aller neuen Regulierungen vor und einen Abbau von Nachweis- und Berichtspflichten auf ein notwendiges Minimum. Davon erhofft Lindner sich einen stärkeren Bürokratieabbau. Das gelte insbesondere für das Tariftreuegesetz, das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigtendatengesetz und die arbeitgeberfinanzierte Familienstartzeit.
Solidaritätszuschlag abschaffen
„Als Sofortmaßnahmen sollte der Solidaritätszuschlag, der überwiegend von Unternehmern, Selbständigen, Freiberuflern sowie Hochqualifizierten gezahlt wird, entfallen“, fordert er in dem Papier mit dem Titel „Wirtschaftswende Deutschland — Konzept für Wachstum und Generationsgerechtigkeit“ weiter, das er als Finanzminister vorgelegt hat. In einem ersten Schritt sollte der Solidaritätszuschlag 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf drei Prozent gesenkt werden und ab 2027 ganz entfallen. Parallel sollte die Körperschaftssteuer 2025 um zwei Prozentpunkte reduziert und in weiteren Schritten 2027 und 2029 gesenkt werden. er drängt auf ein »sofortiges Moratorium zum Stopp aller Regulierungen« für die nächsten drei Jahre.
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