FDPTürkischer WahlkampfErdogans Übergriffe entschieden zurückweisen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will in Deutschland für seine innenpolitischen Pläne werben07.03.2017Nachdem geplante Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Gaggenau und anderen Städten gestrichen worden sind, hat der türkische Präsident von Nazi-Praktiken in Deutschland gesprochen. "Das ist eine Unverschämtheit", monierte FDP-Chef Christian Lindner. Darauf müsse die Bundesrepublik "cool, aber mit Entschiedenheit" reagieren, unter anderem mit einem Einreiseverbot für Erdogan & Co. Auch Alexander Graf Lambsdorff und Wolfgang Kubicki forderten die Bundesregierung zum Handeln auf.
Im Interview mit der Neuen Westfälischen kritisierte Lindner die Staatspropaganda und Wahlkampfauftritte von türkischen Regierungsmitgliedern in Deutschland als inakzeptabel. "Die Bundesregierung muss mit allen diplomatischen und rechtlichen Mitteln verhindern, dass Deutschland als Plattform genutzt wird, um für die Entdemokratisierung, die Abwicklung eines Rechtsstaats und die Einführung der Todesstrafe zu werben", verdeutlichte er. Erdogan dürfe sich "bei uns nicht auf die Freiheit berufen, um zuhause die Freiheit einzuschränken", fügte Lindner in der Rheinischen Post hinzu.
Kein Visum für Erdogan
Der FDP-Chef verwies darauf, dass bereits Hans-Dietrich Genscher als Außenminister von der Möglichkeit Gebrauch machte, ausländischen Regierungsvertretern die Einreise zu untersagen. "Genau das sollte die Bundesregierung jetzt mit der Türkei machen, damit deutlich wird, wir lassen uns nicht einschüchtern, wir wollen keine innertürkischen Auseinandersetzungen in Deutschland und wir stehen zu Freiheit und Recht, weil das die europäischen Grundwerte sind", unterstrich er. Die Bundesregierung sei auch rechtlich gar nicht dazu verpflichtet, die Verweigerung eines Visums zu begründen, gab Lindner gegenüber der Rheinischen Post zu bedenken. "Das sollte sie auch gar nicht tun, sondern nur einfach cool Einreise ablehnen."
Die laxe Haltung, die die Bundesregierung bislang an den Tag lege, hänge vermutlich mit der Erpressbarkeit Deutschlands wegen der Flüchtlingskrise zusammen, so der FDP-Chef weiter. Lindner zeigte kein Verständnis für diese Strategie. "Wenn wir in der Regierung wären, würden wir dafür sorgen, dass kein türkischer Regierungsvertreter einreisen darf, um Wahlkampagne zu machen", sagte er der Abendzeitung. Insbesondere die Sozialdemokraten dürften "nicht länger darauf spekulieren, dass Erdogan-Sympathisanten in der deutschen Community bei der Bundestagswahl vielleicht SPD wählen", keilte Lindner mit Blick auf die Haltung von SPD-Justizminister Heiko Maas.
Bund und Länder machen erbärmlichen Eindruck
Durch die Verhinderung geplanter Auftritte türkischer Minister hätten der Bürgermeister von Gaggenau und ein Kölner Bezirksamt demonstriert, wie mit der Wahlkampf-Frage umzugehen sei, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki der Heilbronner Stimme. Er lobte das entschlossene Handeln, bemängelte jedoch, dass die Kommunalpolitik eine Aufgabe der zuständigen Landesinnenminister habe übernehmen müssen. Diese hätten selbst die Veranstaltungen untersagen können und müssen, sich aber nicht getraut. Die Politik könne allerdings nicht "in Sonntagsreden Presse- und Meinungsfreiheit anmahnen, aber dann, wenn es darauf ankommt, zögern", rügte er. "Das ist ein erbärmlicher Eindruck." Auch Lindner machte klar: "Die Große Koalition darf die Verantwortung für die Kampagnen der türkischen Regierung nicht auf die Kommunen abladen."
Kubicki bekräftigte die Forderung der Freien Demokraten, Amtsträgern aus der Türkei bis auf Weiteres keine Einreiseerlaubnis für Deutschland zu erteilen. Aus seiner Sicht würden "die Unverschämtheiten, die sich Herr Erdogan und die türkischen Regierungsmitglieder leisten, schon aus Gründen der Selbstachtung" diesen Schritt erforderlich machen. "Die Schwäche der Kanzlerin in dieser Frage müsste eigentlich die Stärke des Bundesaußenministers sein, der durch schlichte Anweisung an die deutsche Botschaft in Ankara, keine Einreisevisa für Deutschland zu erteilen, die notwendige Haltung dokumentieren könnte", gab Kubicki zu bedenken.
Der FDP-Vize vermisste darüber hinaus eine eindeutige Positionierung des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in dieser Frage. "Von ihm dürfte doch eine klare Position zu erwarten sein, die sich nicht in leeren Phrasen erschöpft", unterstrich Kubicki. Das Verhalten der Erdogan-Regierung inklusive Nazi-Vergleichen und Drohungen hat für ihn längst die Grenze des Erträglichen überschritten: "Ein Staatspräsident, der in Deutschland verunglimpft und mit einem Aufstand droht, begibt sich auf die Ebene Krimineller."
Schluss mit den EU-Beitrittsverhandlungen
Die Türkei-Politik der Großen Koalition sei auf ganzer Linie gescheitert, rügte EU-Parlamentsvize Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit der B.Z. am Sonntag. "Ankara beschimpft Berlin, die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt", erläuterte er. Gleichzeitig tue die Bundeskanzlerin immer noch so, als könnte die Türkei vielleicht doch in die EU eintreten. "Das ist unehrlich", kritisierte Lambsdorff mit Blick unter anderem auf die massiven Einschränkungen von Presse und Justiz in der Türkei. Die Beziehungen müssten stattdessen auf eine neue ehrliche Grundlage gestellt werden. Er forderte: "Schluss mit den Beitrittsverhandlungen, pragmatische Zusammenarbeit dort, wo es im beiderseitigen Interesse ist, aber klare Ansagen zu Freiheit und Bürgerrechten."
Erdogans Übergriffe entschieden zurückweisen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will in Deutschland für seine innenpolitischen Pläne werbenNachdem geplante Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Gaggenau und anderen Städten gestrichen worden sind, hat der türkische Präsident von Nazi-Praktiken in Deutschland gesprochen. "Das ist eine Unverschämtheit", monierte FDP-Chef Christian Lindner. Darauf müsse die Bundesrepublik "cool, aber mit Entschiedenheit" reagieren, unter anderem mit einem Einreiseverbot für Erdogan & Co. Auch Alexander Graf Lambsdorff und Wolfgang Kubicki forderten die Bundesregierung zum Handeln auf.
Im Interview mit der Neuen Westfälischen kritisierte Lindner die Staatspropaganda und Wahlkampfauftritte von türkischen Regierungsmitgliedern in Deutschland als inakzeptabel. "Die Bundesregierung muss mit allen diplomatischen und rechtlichen Mitteln verhindern, dass Deutschland als Plattform genutzt wird, um für die Entdemokratisierung, die Abwicklung eines Rechtsstaats und die Einführung der Todesstrafe zu werben", verdeutlichte er. Erdogan dürfe sich "bei uns nicht auf die Freiheit berufen, um zuhause die Freiheit einzuschränken", fügte Lindner in der Rheinischen Post hinzu.
Kein Visum für Erdogan
Der FDP-Chef verwies darauf, dass bereits Hans-Dietrich Genscher als Außenminister von der Möglichkeit Gebrauch machte, ausländischen Regierungsvertretern die Einreise zu untersagen. "Genau das sollte die Bundesregierung jetzt mit der Türkei machen, damit deutlich wird, wir lassen uns nicht einschüchtern, wir wollen keine innertürkischen Auseinandersetzungen in Deutschland und wir stehen zu Freiheit und Recht, weil das die europäischen Grundwerte sind", unterstrich er. Die Bundesregierung sei auch rechtlich gar nicht dazu verpflichtet, die Verweigerung eines Visums zu begründen, gab Lindner gegenüber der Rheinischen Post zu bedenken. "Das sollte sie auch gar nicht tun, sondern nur einfach cool Einreise ablehnen."
Die laxe Haltung, die die Bundesregierung bislang an den Tag lege, hänge vermutlich mit der Erpressbarkeit Deutschlands wegen der Flüchtlingskrise zusammen, so der FDP-Chef weiter. Lindner zeigte kein Verständnis für diese Strategie. "Wenn wir in der Regierung wären, würden wir dafür sorgen, dass kein türkischer Regierungsvertreter einreisen darf, um Wahlkampagne zu machen", sagte er der Abendzeitung. Insbesondere die Sozialdemokraten dürften "nicht länger darauf spekulieren, dass Erdogan-Sympathisanten in der deutschen Community bei der Bundestagswahl vielleicht SPD wählen", keilte Lindner mit Blick auf die Haltung von SPD-Justizminister Heiko Maas.
Bund und Länder machen erbärmlichen Eindruck
Durch die Verhinderung geplanter Auftritte türkischer Minister hätten der Bürgermeister von Gaggenau und ein Kölner Bezirksamt demonstriert, wie mit der Wahlkampf-Frage umzugehen sei, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki der Heilbronner Stimme. Er lobte das entschlossene Handeln, bemängelte jedoch, dass die Kommunalpolitik eine Aufgabe der zuständigen Landesinnenminister habe übernehmen müssen. Diese hätten selbst die Veranstaltungen untersagen können und müssen, sich aber nicht getraut. Die Politik könne allerdings nicht "in Sonntagsreden Presse- und Meinungsfreiheit anmahnen, aber dann, wenn es darauf ankommt, zögern", rügte er. "Das ist ein erbärmlicher Eindruck." Auch Lindner machte klar: "Die Große Koalition darf die Verantwortung für die Kampagnen der türkischen Regierung nicht auf die Kommunen abladen."
Kubicki bekräftigte die Forderung der Freien Demokraten, Amtsträgern aus der Türkei bis auf Weiteres keine Einreiseerlaubnis für Deutschland zu erteilen. Aus seiner Sicht würden "die Unverschämtheiten, die sich Herr Erdogan und die türkischen Regierungsmitglieder leisten, schon aus Gründen der Selbstachtung" diesen Schritt erforderlich machen. "Die Schwäche der Kanzlerin in dieser Frage müsste eigentlich die Stärke des Bundesaußenministers sein, der durch schlichte Anweisung an die deutsche Botschaft in Ankara, keine Einreisevisa für Deutschland zu erteilen, die notwendige Haltung dokumentieren könnte", gab Kubicki zu bedenken.
Der FDP-Vize vermisste darüber hinaus eine eindeutige Positionierung des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in dieser Frage. "Von ihm dürfte doch eine klare Position zu erwarten sein, die sich nicht in leeren Phrasen erschöpft", unterstrich Kubicki. Das Verhalten der Erdogan-Regierung inklusive Nazi-Vergleichen und Drohungen hat für ihn längst die Grenze des Erträglichen überschritten: "Ein Staatspräsident, der in Deutschland verunglimpft und mit einem Aufstand droht, begibt sich auf die Ebene Krimineller."
Schluss mit den EU-Beitrittsverhandlungen
Die Türkei-Politik der Großen Koalition sei auf ganzer Linie gescheitert, rügte EU-Parlamentsvize Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit der B.Z. am Sonntag. "Ankara beschimpft Berlin, die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt", erläuterte er. Gleichzeitig tue die Bundeskanzlerin immer noch so, als könnte die Türkei vielleicht doch in die EU eintreten. "Das ist unehrlich", kritisierte Lambsdorff mit Blick unter anderem auf die massiven Einschränkungen von Presse und Justiz in der Türkei. Die Beziehungen müssten stattdessen auf eine neue ehrliche Grundlage gestellt werden. Er forderte: "Schluss mit den Beitrittsverhandlungen, pragmatische Zusammenarbeit dort, wo es im beiderseitigen Interesse ist, aber klare Ansagen zu Freiheit und Bürgerrechten."