FDPFinanzkrise

Ein klarer Schnitt für Griechenland

Christian LindnerChristian Lindner
26.05.2016

Griechenland bekommt neue Milliardenhilfen. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte im Interview mit "Passauer Neue Presse" diesen Schritt: "Die Transfer-Union ist jetzt Realität. Griechenland erhält Geschenke ohne klare Gegenleistung." Der Internationale Währungsfonds glaube nicht an die Schuldentragfähigkeit des Landes und habe seine Beteiligung an den neuen Hilfen noch nicht zugesagt, mahnte Lindner. Er plädierte für "einen klaren Schnitt" und die Fortsetzung des griechischen Konsolidierungskurses außerhalb des Euro.

Die Euro-Gruppe habe sich einmal mehr Zeit gekauft und einen faulen Kompromiss zusammengeflickt, um sich über anstehende Wahlen und das britische Brexit-Referendum zu retten, führte Lindner aus. Er forderte: "Wir sollten uns endlich den Realitäten stellen und einen ehrlichen Weg wählen." Mit der Einführung einer eigenen Währung könnte Griechenland Teil der Europäischen Union bleiben und weiterhin Unterstützung erhalten, verdeutlichte Lindner. "Anders als in der Vergangenheit droht nach einem Grexit keine Ansteckungsgefahr mehr und keine Kernschmelze der Banken in Europa."

Mit Blick auf das britische Referendum über einen EU-Austritt erläuterte der FDP-Chef: "Dieser faule Zauber der neuen Griechenland-Hilfen und des Schuldenerlasses erweckt in London nicht den Eindruck, dass die EU auf einem guten Weg und die Krise gelöst ist." Der griechische Finanzdeal bestätige die Euro-Skeptiker und Brexit-Befürworter. Lindner stellte klar: "Ein Brexit, das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union, wäre sehr viel schlimmer für uns und die EU als ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion."

Lesen Sie hier das vollständige Interview.

Frage: Wie bewerten Sie die Brüsseler Einigung?

LINDNER: In Europa sind Hütchenspieler-Tricks salonfähig geworden. Die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds an diesem Hilfspaket steht in den Sternen. Der IWF glaubt nicht mehr an die Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Die Details der Schuldenerleichterungen sollen erst nach der Bundestagswahl geklärt werden. Die Euro-Gruppe hat sich einmal mehr Zeit gekauft und einen faulen Kompromiss zusammengeflickt, um sich über anstehende Wahlen und das britische Brexit-Referendum zu retten. Die Transfer-Union ist jetzt Realität. Griechenland erhält Geschenke ohne klare Gegenleistung. Dabei hat IWF-Chefin Lagarde bereits im letzten Sommer Zweifel daran geäußert, dass die Griechen es schaffen.

Frage: Welche Alternative gäbe es?

LINDNER: Wir sollten uns endlich den Realitäten stellen und einen ehrlichen Weg wählen. Es ist Zeit für einen klaren Schnitt: Athen braucht Schuldenerleichterungen, muss dafür aber aus dem Euro ausscheiden und mit einer neuen Währung weitermachen. Dennoch könnte Griechenland in der Europäischen Union bleiben und auch weiterhin Unterstützung aus Brüssel erhalten. Anders als in der Vergangenheit droht nach einem Grexit keine Ansteckungsgefahr mehr und keine Kernschmelze der Banken in Europa.

Frage: Ein Scheitern der Griechenlandhilfe hätte den Brexit-Befürwortern sicher Rückenwind gegeben, oder?

LINDNER: Dieser faule Zauber der neuen Griechenland-Hilfen und des Schuldenerlasses erweckt in London nicht den Eindruck, dass die EU auf einem guten Weg und die Krise gelöst ist. Die Euro-Skeptiker und Brexit-Befürworter auf der Insel werden durch diesen Deal eher bestätigt. Das ist extrem gefährlich. Ein Brexit, das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union, wäre sehr viel schlimmer für uns und die EU als ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion.

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