11.04.2013FDP

DÖRING-Interview für die "Passauer Neue Presse"

Berlin. Der FDP-Generalsekretär und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion PATRICK DÖRING gab der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ERNST FUCHS und SEBASTIAN FLEISCHMANN:

Frage: Herr Döring, wie ist es um Ihren Nachtschlaf bestellt? Die FDP liegt in Umfragen weiter nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde und in fünf Monaten sind Bundestagswahlen . . .

DÖRING: Ich schlafe fest und gut! Mein Zutrauen in die Demoskopie ist in den letzten Monaten nicht unbedingt gewachsen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen gesehen, dass insbesondere für die Wahlergebnisse der FDP am Ende eine positive Dynamik entsteht. Deshalb gibt es keinen Grund, nervös zu werden.

Frage: Ob es für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb im Bund reicht, scheint derzeit noch fraglich. Zuletzt haben sich SPD und Grüne gegenseitig vorgeworfen, sich insgeheim für eine Koalition mit der Union anzudienen. Was würden Schwarz-Grün oder eine Große Koalition für Deutschland bedeuten?

DÖRING: Ich bin überzeugt, beides wäre schädlich für Deutschland. Zunächst muss man sich die Große Koalition von 2005 bis 2009 in Erinnerung rufen. Das waren vor allem vier Jahre Stillstand. In der dynamischen Welt, in der wir leben, mit den Herausforderungen, vor denen wir stehen, können wir uns keinen Stillstand erlauben. Die Sozialdemokraten wollen zurück zu einem starken Staat. Sie haben sich gerade für den Wahlkampfslogan "Das Wir entscheidet" entschieden. Aber wo bleibt denn eigentlich der Einzelne, die Familie, der mittelständische Handwerker, wenn dieses "Wir" nur höhere Steuern, höhere Schulden und mehr staatliche Bevormundung bedeutet?

Frage: Und Schwarz-Grün?

DÖRING: Die Grünen sind die neuen Jakobiner. In Wahrheit versuchen sie die Menschen umzuerziehen. Sie fordern etwa fleischlose Tage und Steuern auf Plastiktüten − das mag zunächst alles amüsant klingen. Aber wenn man das aneinanderreiht, ist das eher eine Hausordnung für eine grüne Besserungsanstalt als ein Konzept für eine offene Gesellschaft.

Frage: "Unser Ziel bleibt die Entlastung der arbeitenden Mitte", heißt es im Wahlprogramm der FDP. Der von Philipp Rösler angekündigte mögliche Schuldenabbau ab 2016 funktioniert also auch mit neuen Steuervergünstigungen?

DÖRING: Wir haben schon in dieser Wahlperiode gezeigt, dass die Entlastung der arbeitenden Mitte und die Haushaltskonsolidierung kein Widerspruch sind. Wir haben die Steuerbelastung für den Durchschnittsverdiener um 500 Euro verringert, indem wir die Freibeträge für Kinder und die steuerfreien Pauschalen erhöht haben. Und wir haben gleichzeitig die Chance, 2014 das erste Mal auf neue Schulden zu verzichten − das erste Mal seit 1968! Das gelingt uns, weil wir durch gute Wettbewerbsbedingungen und gute Arbeitsmarklage aus unseren Schulden herauswachsen können.

Frage: Wo wollen Sie für eine weitere Entlastung ansetzen?

DÖRING: Im Mittelpunkt stehen die kalte Progression und der Abbau des Solidaritätszuschlags bis 2019.

Frage: Aber das wird nicht mehr vor der Bundestagswahl stattfinden . . .

DÖRING: Durch die rot-grüne Dauerblockade im Bundesrat haben wir leider keine Mehrheit für die Entlastung der Menschen.

Frage: Auch koalitionsintern stockt es: Über die Homo-Ehe etwa besteht Uneinigkeit, ebenso über eine Rentenreform. Was liefert Schwarz-Gelb vor der Bundestagswahl überhaupt noch konkret?

DÖRING: Wir haben verabredet, einen weiteren Anlauf zu unternehmen, ein Jahressteuergesetz für 2013 zu verabschieden mit steuerlichen Erleichterungen für viele kleine und mittlere Betriebe, auch für Arbeitnehmer. Bei der Rente sprechen wir darüber, wie wir sicherstellen können, dass diejenigen, die 45 Jahre lang beitragspflichtig rentenversichert waren, im Alter eine Rente oberhalb der Grundsicherung bekommen. Wir Liberale sind für eine Lösung noch vor der Bundestagswahl offen. Und bei der Frage der Behandlung der eingetragenen Lebensgemeinschaften im Steuerrecht, erwarte ich alsbald, noch im April, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dann sollte der Deutsche Bundestag umgehend entscheiden.

Frage: Stichwort Euro-Krise: Die Rettung eines kleinen Landes wie Zypern ist das eine -eine Rettung wirtschaftlich relevanterer Länder wie Portugal oder Spanien wäre eine andere Hausnummer. Wann ist die Schmerzgrenze erreicht?

DÖRING: Objektiv hat uns die Euro-Krise noch nichts gekostet. Wir haben gemeinsam ein großes Bürgschaftsvolumen organisiert, das zur Stabilisierung der Anleihemärkte für die betroffenen Länder geführt hat. Grundlage dieser Hilfen war und ist die Bereitschaft der betroffenen Länder zu harten Einschnitten. Zur Zeit sieht es so aus, als ob alle dazu bereit sind. Aber ich sage ganz klar, eine bedingungslose unbegrenzte Haftung Deutschlands wird es mit dieser Koalition und vor allem mit der FDP auf keinen Fall geben.

Frage: Auch in Bayern wird im September gewählt. Die CSU ist stabiler als 2008 und auch die SPD dürfte mit Christian Ude im Schlussspurt noch alles mobilisieren. Wird es eng für die Liberalen im Freistaat?

DÖRING: Martin Zeil und Wolfgang Heubisch sind erfolgreiche Minister, sie stehen für moderne Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik sowie eine zukunftsweisende Wissenschaftspolitik. Die Liberalen und die CSU haben das Land als Koalition unheimlich weit gebracht, Schulden werden abgebaut, die Wettbewerbsfähigkeit ist gut, Bayern wächst nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch an Einwohnern. Ich bin daher zuversichtlich, dass die meisten bayerischen Bürger dieser Konstellation neues Vertrauen schenken.

Frage: Es sieht aber so aus, als könnte die CSU auch wieder nach der Alleinherrschaft greifen . . .

DÖRING: Sie wird sicherlich versucht sein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich inzwischen jedoch den Eindruck, dass die CSU mit der Konstellation ganz gut leben kann. Denn natürlich wird auch manche Minderheitsposition innerhalb dieser großen Volkspartei durch die FDP wieder etwas ausgeglichen. Und die Zeiten absoluter Mehrheiten gehen nach meiner Wahrnehmung in Deutschland zu Ende.

Frage: Welche FDP-Ergebnisse halten Sie in Bayern und im Bund für realistisch?

DÖRING: Ich bin sicher, wir können ein Ergebnis zwischen acht und zehn Prozent erarbeiten − in Bayern und im Bund.

Social Media Button