01.11.2012FDP

DÖRING-Interview für die "Neue Westfälische"

Berlin. Der FDP-Generalsekretär und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, PATRICK DÖRING, gab der "Neuen Westfälischen" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte ALEXANDRA JACOBSON:

Frage: Herr Döring, die FDP möchte bereits 2014 eine schwarze Null im Bundeshaushalt erreichen. Wie soll das gehen?

DÖRING: Wir sind gut beraten, die stabile Konjunktur und die Rekordeinnahmen bei den Steuern klug zu nutzen. Viele Menschen erwarten, dass wir die Lehren aus der Staatsschuldenkrise ziehen. Also keine Politik mehr auf Pump und in Europa mit gutem Beispiel vorangehen.

Frage: Aber 2014 sind noch gut 13 Milliarden Euro als Neuverschuldung eingeplant. Wie wollen sie diese Summe einsparen?

DÖRING: Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir uns in der Koalition darauf verständigten, dass wir alle Steuermehreinnahmen zur Konsolidierung einsetzen und die Ausgaben nicht weiter wachsen. Wir sind aber auch der Ansicht, dass es in einem Bundeshaushalt von über 350 Milliarden Euro bei steigenden Einnahmen möglich sein muss, auf eine Neuverschuldung von13 Milliarden Euro zu verzichten. Wie wir das erreichen können, darüber werden wir mit CDU und CSU verhandeln. Aber es wäre sinnvoll, bestimmte Ausgabenblöcke gemeinsam auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Frage: Die schwarz-gelbe Koalition wollte doch mal den Mehrwertsteuer-Dschungel lichten. Wird es dazu in dieser Legislaturperiode noch dazu kommen?

DÖRING: Das ist schon deshalb illusorisch, weil sich Rot-Grün im Bundesrat darauf verlegt hat, alle Entlastungen und Vereinfachungen zu blockieren. Es ist mir unbegreiflich, warum SPD und Grüne bei der arbeitnehmerfreundlichen Absenkung der kalten Progression nicht mitmachen. Glänzende Augen bekommen die nur beim Stichwort Steuererhöhungen.

Frage: CDU und CSU zögern mit der Abschaffung der Praxisgebühr, die Ihnen so wichtig ist. Gönnt Ihnen die Kanzlerin zu wenig Erfolge?

DÖRING: In Koalitionen geht es nicht darum, ob man sich etwas gönnt. Die FDP macht kluge Politik für die Menschen. Die Abschaffung der Praxisgebühr ist sehr gut begründet: Sie führt nicht zu weniger Arztbesuchen, sondern zu einer gewaltigen Bürokratie, und sie stört das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Die Gesundheitspolitik von Philipp Rösler und Daniel Bahr hat zu einem erfreulichen Milliardenüberschuss in den Gesundheitskassen geführt. Deshalb können wir jetzt auf dieses Instrument verzichten, ohne den Haushalt zu belasten. Die Abschaffung hätte übrigens eine völlig andere Wirkung als eine minimale Senkung des Beitragssatzes.

Frage: Die Beitragssenkung hat Fraktionschef Rainer Brüderle in Aussicht gestellt.

DÖRING: Gefordert hat die Beitragssenkung die CSU. In der Abwägung halten wir die Abschaffung der Praxisgebühr aus besagten Gründen für die bessere Alternative. Damit erreichen wir eine spürbare Entlastung für die Menschen. Deshalb ist und bleibt sie unsere Kernforderung. Da sind wir uns in der FDP einig.

Frage: CDU und CSU planen eine Besserstellung von Geringverdienern bei der Rente. Gehen Sie da mit?

DÖRING: CDU und CSU haben sich bisher noch nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen können. Für uns ist klar, dass sich die gesetzliche Rente nach den eingezahlten Beiträgen richten muss. Da darf es keine Umverteilung geben. Vielmehr muss sich private Vorsorge für alle lohnen. Die jungen Gruppen von Union und FDP haben ein gutes Konzept vorgelegt, das diejenigen besserstellt, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind und privat vorgesorgt haben. Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt von zentraler Bedeutung, aber sie allein kann Altersarmut nicht vorbeugen. Es müssen private und betriebliche Vorsorge hinzukommen. Die SPD macht einen weiteren Schritt rückwärts wenn sie behauptet, dass das aktuelle Rentenniveau auf wundersame Art und Weise gehalten werden kann.

Frage: Umfragen belegen, dass die FDP in der Koalition als Störenfried wahrgenommen wird. Haben Sie dafür eine Erklärung?

DÖRING: In den aktuellen Krisenzeiten wünschen sich die Menschen, dass die Regierung das Staatsschiff ruhig durch schwere See lenkt. Darauf kommt es an. Wir alle sind angehalten, und damit meine ich auch alle, die Erfolge und Gemeinsamkeiten stärker herauszustellen als die Unterschiede. Vor allem, wenn man die Alternative Rot-Grün betrachtet, die auf breiter Front Steuern erhöhen und in Europa eine wie auch immer geartete Vergemeinschaftung der Schulden will. CDU, CSU und FDP besitzen ein gemeinsames Wertefundament. Das wird am Sonntag im Koalitionsausschuss auch sichtbar werden.

Frage: Was halten Sie eigentlich von einer Koalition zwischen SPD, Grünen und FDP?

DÖRING: Bei allen Unterschieden, die es in jeder Koalition notwendigerweise gibt, ist Schwarz-Gelb in den Grundzügen einer Meinung: Wir wollen eine stabile Währung, sind gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden und wollen alles vermeiden, was dem Wachstum und der Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land schadet. Die SPD hingegen hat einen Kanzlerkandidaten aufs Schild gehoben, der zum Teil erkennbar andere Positionen vertritt als seine Partei. Außerdem versichern SPD und Grüne doch andauernd, dass sie mit den Positionen der FDP nichts anfangen können. Nein, wir kämpfen für eine starke FDP und eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb.

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