FDPPanama Papers

Die Kleinen werden gehängt, die Banken lässt man laufen

Michael TheurerMichael Theurer
08.04.2016

Die Enthüllungen der Panama Papers haben in der EU hohe Wellen geschlagen. FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer plädiert für eine gründliche Prüfung – ohne blinden Aktionismus. Für "Focus Online" legt er dar, wie sich das EU-Parlament in diese Debatte einbringen kann. "Unterbelichtet ist nach meinem Dafürhalten bisher aber auch die Rolle der Banken", konstatierte Theurer.

Die ohnehin schon bestehende Legitimationskrise westlicher Demokratien würde verstärkt werden, wenn nicht entschieden gehandelt werde, unterstrich der Freidemokrat. Die Abgeordneten seien gefordert, die Missstände und politischen Verantwortlichkeiten aufzuklären und zu prüfen, ob die Rechtsinstrumente ausreichten. "Als Sonderberichterstatter des Europäischen Parlaments für die Aufarbeitung der LuxLeaks-Enthüllungen um aggressive Steuerplanung von Großkonzernen arbeite ich seit mehr als einem Jahr intensiv an konkreten Vorschlägen, wie diese Fehlentwicklungen korrigiert werden können. Die Dimension der Methoden aggressiver Steuerplanung hatte sogar mich als Volkswirt überrascht", erklärte Theurer.

Auf europäischer Ebene sei das EU-Parlament dabei, diese Schlupflöcher zu schließen, um einen fairen Steuerwettbewerb zu gewährleisten, "der über die Sätze und nicht die Steuerbasis von EU-Partnerländern abläuft und nicht länger vor allem kleine und mittlere Unternehmen benachteiligt – wobei ich mit dem bislang Erreichten noch nicht zufrieden bin".

Banken müssen in die Pflicht genommen werden

Laut den Veröffentlichungen solle eine ganze Reihe von Banken solche Modelle aktiv beworben und verkauft haben – "gelinde gesagt ein dubioses Geschäftsmodell", konstatierte Theurer. Er forderte, dass die Aufmerksamkeit sich auf jene richten sollte, "die offenbar tatkräftig beim Transfer von möglicherweise unversteuertem Vermögen und Gewinnen geholfen haben und daran kräftig verdienen".

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Die Zahlen hinter dem Datenleck „Panama Papers“ sind gigantisch: 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen in Steueroasen, von denen wohl die wenigsten dem Ziel dienen dürften, ausländische Handelsschiffe unter panamaischer Flagge fahren zu lassen.

Natürlich sind bei potenzieller Steuerhinterziehung, Betrug, Schmuggel oder Geldwäsche erstmal die strafrechtlichen Ermittler gefragt. Kann sich die Politik deshalb zurücklehnen und die Hände in den Schoß legen? Gegenfrage: Wollen wir den Populisten das Feld überlassen, die Hass und Ängste, mindestens aber Politikverdrossenheit schüren?

Von mir als Freiem Demokraten, der für die Stärkung der politischen Mitte kämpft: Klares Nein! Wir haben es hier mit einem der größten Datenlecks aller Zeiten zu tun, aufgearbeitet von hunderten Top-Journalisten, das bereits zu einer Regierungskrise in Europa, zu Großdemonstrationen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geführt hat.

Und gerade weil Panamas Briefkastenfirmen bereits als problematisch bekannt waren, ist auch die Politik gefragt. Denn warum haben denn Regierungen und Gesetzgeber bislang nichts Ausreichendes unternommen? Weil sie nicht können, weil sie nicht wollen? Es wäre verheerend, wenn sich der Eindruck erhärten würde, dass dies deshalb so ist, weil nicht nur globale Eliten aus Wirtschaft, Sport und Gesellschaft selbst beteiligt sind, sondern auch ranghohe Politiker profitieren.

Zwangsläufig würde die ohnehin schon bestehende Legitimationskrise westlicher Demokratien verstärkt werden, wenn nicht entschieden gehandelt wird. Als Abgeordnete sind wir aufgerufen, die Missstände und politischen Verantwortlichkeiten aufzuklären und zu prüfen, ob unsere Rechtsinstrumente reichen – natürlich ohne in blinden Aktionismus zu verfallen.

Als Sonderberichterstatter des Europäischen Parlaments für die Aufarbeitung der LuxLeaks-Enthüllungen um aggressive Steuerplanung von Großkonzernen arbeite ich seit mehr als einem Jahr intensiv an konkreten Vorschlägen, wie diese Fehlentwicklungen korrigiert werden können. Die Dimension der Methoden aggressiver Steuerplanung hatte sogar mich als Volkswirt überrascht.

Wir sind auf europäischer Ebene dabei, diese Schlupflöcher zu schließen, um zu fairem Steuerwettbewerb zu kommen, der über die Sätze und nicht die Steuerbasis von EU-Partnerländern abläuft und nicht länger vor allem kleine und mittlere Unternehmen benachteiligt – wobei ich mit dem bislang Erreichten noch nicht zufrieden bin.

Die ersten Erkenntnisse aus den Panama Papers gehen noch weiter insofern, als es auch um potenziell kriminelle Tatbestände wie Geldwäsche geht. Außerdem werden konkrete Namen von führenden Politikern, Top-Managern und Spitzensportlern genannt – von denen die Menschen besonders vorbildliches Verhalten erwarten.

Deshalb habe ich als erstes Mitglied des Steuer-Sonderausschusses gefordert, das Panama-Datenleck auf die Agenda zu nehmen, den Ausschuss zu verlängern und Mossack Fonseca vorzuladen. Denn die Rolle der Steueroasen konnten wir bislang aus Zeitgründen nicht ausreichend beleuchten.

Unterbelichtet ist nach meinem Dafürhalten bisher aber auch die Rolle der Banken. Laut den Veröffentlichungen soll eine ganze Reihe von Banken solche Modelle aktiv beworben und verkauft haben – gelinde gesagt ein dubioses Geschäftsmodell. Für jeden Normalbürger ergibt sich eine nicht mehr zu rechtfertigende Diskrepanz: Diebstahl, Betrug und Hehlerei wird zum Teil schwer bestraft.

Was aber ist mit aggressiver Steuervermeidung oder gar -hinterziehung großen Stils? Und welche Rolle spielen dabei Geldhäuser, Vermögensberater und -verwalter? Die Kleinen werden gehängt, die Großen lässt man laufen? Das dürfen wir nicht zulassen.

Der Blick sollte sich jetzt vor allem auf jene richten, die offenbar tatkräftig beim Transfer von möglicherweise unversteuertem Vermögen und Gewinnen geholfen haben und daran kräftig verdienen. Denn alle vorliegenden Informationen deuten darauf hin, dass kaum jemand die juristisch hochkomplexen Konstruktionen und Transaktionen ohne intensive Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen realisieren kann.

In den Panama Papers werden große Geldinstitute wie Deutsche Bank, Commerzbank genauso genannt wie die Landesbanken LBBW und Bayern LB sowie Privatbanken wie Berenberg. Generalverdacht nein – aber auch bereits getätigte Strafzahlungen etwa durch Commerzbank, HSH Nordbank und die Hypovereinsbank bestätigen, dass wir hier genauer hinschauen müssen.

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