FDPInterview

Die Große Koalition muss aufwachen

Christian LindnerFDP-Chef Christian Lindner warnt die Große Koalition davor, Deutschlands Stärke zu verspielen.
11.11.2014

Die Konjunktur schwächelt, das Investitionsklima verschlechtert sich. Für FDP-Chef Christian Lindner ist klar: Die Krisenanfälligkeit Deutschlands ist durch die Große Koalition deutlich erhöht worden. Im "Handelsblatt"-Interview zeigte er sich von den aktuellen Entwicklungen im Bund empört und forderte Berlin auf, den Wohlstand der kommenden Generationen zu sichern. "Wir müssen unser Wissen und Kapital klug investieren, die Wettbewerbsfähigkeit ausbauen und einen neuen Gründergeist fördern", so Lindner.

Stattdessen würden die Errungenschaften der Vergangenheit abgewickelt und Deutschlands gegenwärtige Stärke verspielt. "Die Koalition lebt im Status quo", konstatierte Lindner. Mit Blick auf das schwarz-rote Rentenpaket unterstrich er: "Bei allem Respekt vor der Lebensleistung der Älteren: Wer nur Interessen und Ängste der Rentner bedient, versündigt sich an deren Enkeln." Das Rentenpaket sei nichts anderes als ein Frühverrentungsprogramm. "Modern wäre, die Selbstbestimmung zu stärken und längeres Arbeiten attraktiv zu machen."

Statt die Anpassungsfähigkeit für innovative Lösungen zu stärken, setze die Große Koalition auf Preiskontrollen bei Löhnen und Mieten, kritisierte der FDP-Chef. Beispielsweise in der Energiepolitik verfolge Schwarz-Rot eine planwirtschaftliche Strategie, die den Fortschritt bremse, weil Dauersubventionen keine Wettbewerbsanreize setzten.

Auch beim Mindestlohn sieht Lindner die Große Koalition auf einem Irrweg. "Die Taxifahrer, die jetzt 8,50 Euro von Frau Nahles bekommen sollen, verfluchen die Arbeitsministerin, weil sie ihren Arbeitsplatz verlieren oder in prekäre Scheinselbständigkeit gezwungen werden", stellte er klar. Schwarz-Rot tue Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen keinen Gefallen, indem sie ihnen die Einstiegsjobs nehme. Besser wäre aus liberaler Sicht eine Qualifizierungsoffensive, statt für die Bürokratiekosten des Mindestlohns 16 Milliarden Euro auszugeben.

Im Bundestag fehlt eine starke Opposition

Lindner nahm den aktuellen Zustand der innerparlamentarischen Debattenkultur unter die Lupe und stellte fest: Der Deutsche Bundestag sei zur "Vollversammlung der Sozialdemokratie" geworden. Das Fatale daran: Wenn die FDP nicht zurückkehrt in den Bundestag, werde es keinen konzeptionellen Politikwechsel mehr geben. "Denn egal ob Schwarz-Rot, Schwarz-Grün, Rot-Grün oder Rot-Rot-Grün - das ist eine Soße, nämlich im Kern sozialdemokratische Politik", unterstrich er.

Den Rechtsstaat schützen

Lindner warf außerdem einen Blick auf die wachsende Bedrohung durch den islamistischen Extremismus in Deutschland und bemängelte, dass im Umgang mit radikalisierten Salafisten die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft würden. Er forderte ein entschlossenes Vorgehen der Sicherheitsbehörden und stellte klar: "Wenn in Bonn auf den Rheinwiesen Grillfeste gemacht werden, die nur dazu dienen, Gotteskrieger zu rekrutieren, ist das nicht zu tolerieren." Deutschland sei eine offene Gesellschaft mit einem liberalen Rechtsstaat – zu diesem Anspruch passe aber nicht, "wenn in Wuppertal die Scharia-Polizei patrouilliert oder in Köln rechte Schläger marschieren".

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