FraktionenFall Sami A.

Die Exekutive hat sich nichts vorzuwerfen

FlugzeugSeit Tagen wird über die Abschiebung des ehemaligen Leibwächters von Osama Bin Laden diskutiert
17.07.2018

Der als salafistischer Gefährder eingestufte Ex-Leibwächter von Osama Bin Laden wurde mit Einverständnis des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen aus Deutschland nach Tunesien abgeschoben. Eine andere Kammer des Gerichts hielt die Abschiebung indes für rechtswidrig. Die FDP hat den Rechtsstreit als "ein Stück aus dem Tollhaus" kritisiert. FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff rechnet nicht damit, dass Bin-Laden-Leibwächter Sami A. wieder nach Deutschland zurückgeholt werden muss. Für ihn wird vor allem der "eklatante Mangel bei der Ausstattung der Justiz“ deutlich, erklärt er im Interview mit der "Welt".

Er stellt klar: "Diejenigen in der Exekutive, die die Abschiebung durchgeführt haben, haben sich nichts vorzuwerfen. Die Bundespolizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Landesregierung Nordrhein-Westfalen haben auf der Grundlage der ursprünglichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die eine Abschiebung erlaubt, richtig gehandelt."

Derweil hat Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) Stellung bezogen und die Abschiebung des islamistischen Gefährders Sami A. verteidigt. Zum Zeitpunkt des Abschiebeflugs habe "keine gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgelegen, die der Abschiebung entgegengestanden hätte", sagte Stamp am Montag in Düsseldorf. "Hätte sie vorgelegen, hätten wir von der Rückführung abgesehen." Stamp bekräftigte, sein Ministerium werde eine Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss einlegen, nach dem Sami A. nach Deutschland zurückgeholt werden muss.

Für Alexander Graf Lambsdorff offenbart sich durch dieses Hin und Her aber ein "eklatanter Mangel" bei der Ausstattung der Justiz. Die brauche eine Mittelausstattung, die es ihr ermöglicht, dass Urteile und Entscheidungen von der Exekutive auch zur Kenntnis genommen werden können, zieht Lamsbdorff eine Lehre aus dem Fall. Die Zusammenarbeit von Exekutive und Judikative sowohl im Bund als auch zwischen Bund und Ländern müsse "dramatisch verbessert werden", damit solche Fälle nicht über Jahre liegen bleiben. Mit Blick auf den jetzigen CSU-Bundesinnenminister moniert Lambsdorff: Wenn der "nicht peinliche Witze über die Zahl von Abgeschobenen" machen, sondern wirklich etwas leisten wolle, dann könnte Horst Seehofer hingehen und versuchen, eine Verwaltungsreform des Bundes zu starten und umzusetzen. "Es ist der Öffentlichkeit einfach nicht zu vermitteln, dass Menschen wie Sami A. über so viele Jahre hier bei uns mit der Unterstützung des Sozialstaats leben."

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen sei selbstverständlich zu respektieren, sagt auch die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg. Allerdings müsse es in Deutschland möglich sein, Gefährder in ihr Herkunftsland abzuschieben. Dafür seien bessere Rückführungsabkommen und eine engere Zusammenarbeit mit den Maghreb-Staaten nötig, mahnt Teuteberg. "Jenseits der Frage nach der Verantwortung für das Desaster im Fall Sami A. müssen wir uns auch grundsätzlich die Frage stellen, wie Entscheidungen und Verfahren verbessert werden können, um die Ausreisepflicht effektiv durchzusetzen."

"Der Fall Sami A. zeigt den dringenden Handlungsbedarf, die Verfahren bei Abschiebungen zu verbessern", erklärt FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae. Es verfestige sich der Eindruck, "dass Gefährder nach Belieben und über Jahrzehnte in unserem Land bleiben können, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen", betont der Politiker. Das ist ein absolut falsches Signal." Eventuell müssten auch Gesetze verändert werden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, stellt sich hinter Joachim Stamp: "Wir brauchen mehr Politiker, die den Rechtsstaat tatsächlich durchsetzen und weniger, die nur darüber reden." Stamp habe im Rahmen von Recht und Gesetz gehandelt, um einen Gefährder abzuschieben. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae sagte: "Die Hilfsbereitschaft unseres Landes gilt natürlich nicht unbegrenzt." Der Rechtsstaat müsse auch zu einer "konsequenten Abschiebepraxis" imstande sein.

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