FDPParteiDer Staat muss funktionieren
FDP-Präsidiumsmitglied Lydia Hüskens spricht über die Lage der Freien Demokraten und die Schulden-Pläne von CDU und SPD.
21.03.2025Die politische Landschaft ist in Bewegung. FDP-Präsidiumsmitglied Lydia Hüskens spricht über das Erstarken der politischen Ränder und die Aufgaben für die FDP bei den kommenden Wahlen.
Der Weg zurück in den Bundestag werde steinig, so Hüskens, die in Sachsen-Anhalt als Infrastruktur- und Digitalministerin tätig ist, im Interview mit der „Goslarschen Zeitung“. Ein Schritt auf diesem Weg sind die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr. „Auf Landesebene nehmen wir jedenfalls wahr, dass die Unzufriedenheit vor allem für die Bundespolitik vorhanden war – es aber eine hohe Zustimmung für die Landespolitik gibt“, so Hüskens.
Das Schöne bei Wahlen sei, dass die Wähler tun könnten, was sie wollten, erklärte Hüskens, „und nicht das, was Demoskopen vielleicht vorhersagen“. Ihrer Ansicht nach gebe es zwei Punkte, die für das Erstarken der politischen Ränder verantwortlich seien: Kontra gegenüber der Bundespolitik, „und zwar nicht nur der letzten drei Jahre, sondern eigentlich seit 2013“, sowie die Haltung von BSW und AfD zum Krieg in der Ukraine. „Da gibt es im Osten tatsächlich eine sehr stark verbreitete Grundposition: ‚Es soll endlich Frieden sein, und ich will mich damit eigentlich nicht beschäftigen.‘“
Selbstbild als Industrienation ist trügerisch
Deutschland sehe sich selbst als Industrienation, die gut organisieren könne und stark in der Technologie sei, so Hüskens. In Wahrheit funktionierte die Verwaltung kaum und die Schulen seien marode. Hüskens führte aus: „Und diese Unzufriedenheit, dieses Unverständnis für das Staatswesen, in dem wir leben, lässt viele offenbar abwandern zu radikalen Positionen – die einem dann einfach alles versprechen.“
Schuldenbremse ist notwendig
Es gebe Situationen, „in denen man sagen muss: Bis hierhin und nicht weiter.“, stellte Hüskens klar. „In Verantwortung für kommende Generationen halte ich es schon für erforderlich, dass wir uns da zügeln.“ Es spreche nichts gegen Investitionen, die Frage sei allerdings, ob diese über Schulden finanziert werden müssten. Als Beispiel nannte Hüskens das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Nach den Plänen von CDU und SPD soll in Zukunft lediglich ein Prozent des BIP hierfür aus dem Haushalt finanziert werden „und dann den Rest über Verschuldung laufen lassen“.
„Kontinuierliche Aufgaben, die jedes Jahr anfallen, etwa auch die Unterhaltung der Straßen, müssen einfach aus dem Kernhaushalt bezahlt werden. Das würde jeder Privatmensch auch so machen“, konstatierte Hüskens. Sondervermögen seien eigentlich für außergewöhnliche Vorhaben vorgesehen. „Bei den Ausgaben für Verteidigung hätte ich da auch kein großes Problem, aber nicht bei Ausgaben, von denen jetzt schon klar ist, dass sie in einigen Jahren wieder auflaufen.“
Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen
Bei „Maischberger“ ging FDP-Fraktionschef Christian Dürr tiefer darauf ein: „Meine Sorge ist: Wir reden jetzt von einer Billion Euro Schulden. Wir reden davon, dass in den kommenden Jahren 80 Milliarden im Haushalt an Zinsen dafür aufgewandt werden müssen. Der Eindruck, dass dies alles folgenlos sei, den muss man hinterfragen. Dass wir etwas für die Verteidigung tun müssen, unterschreibe ich sofort, und wir haben einen eigenen Vorschlag dazu gemacht. Spannend ist aber, ob wir etwas für Infrastruktur tun können. Und mein Zweifel ist, dass man so ziemlich alles machen wird, aber am wenigsten dafür.“ Dürrs Kritik: Das Programm für die Infrastruktur sei zu wenig zielgerichtet. So würde durch das Finanzpaket ein Betrag von knapp 270 Milliarden Euro frei, der noch nicht verplant sei. Dieser Betrag werde nicht in Verteidigung und Infrastruktur fließen, er stehe zur freien Verfügung, so Dürr. „Das hätte es mit uns nicht gegeben.“
Dürr benennt ein weiteres Problem der Finanzpakete: Irgendwer müsse das Geld auch wieder zurückzahlen, mit Zinsen. Und das seien die nächsten Generationen. „Ich habe selbst zwei Kinder, und es ist nicht gerecht, den Kindern all das zu überlassen, damit heute eine Koalition funktioniert.“ Es sei aber falsch, eine klimaneutrale Infrastruktur aus Steuergeldern zu finanzieren, findet Dürr. Stattdessen müsse der Staat Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. Die Finanzpakete sorgten für die höchste Staatsverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg. „Meine Sorge ist: Wenn man jetzt so locker mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, verabschiedet man sich von einer guten Wirtschaftspolitik, und ich glaube, nicht der Standort Deutschland wird besser, sondern der Staat wird einfach größer. Und das ist nicht die wirtschaftliche Dynamik, die sich die Menschen erhoffen. Die wollen einen guten Job, der gut bezahlt ist, der am Ende gute Renten garantiert, und keinen Staat, der alles einnimmt.“
Ein Staat, der funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich ist
Dürr kritisiert, „dass ganz viel Geld ausgegeben wird, aber am Ende Reformpolitik nicht mehr stattfindet“. Dadurch werde sich in Wahrheit kein Wachstum einstellen. Von den Finanzpaketen würden Menschen mit viel Geld profitieren, die sich Staatsanleihen leisten könnten, für die es jetzt höhere Renditen geben werde. Zahlen würden Arbeitnehmer und Rentner, denn die Preise würden nun steigen. „Das ist eine Verteilung von unten nach oben.“
„Meine Sorge beim kommenden Deutschen Bundestag ist, dass wir eine Gruppe aus Parteien haben, nämlich Union, SPD und Grüne, die jetzt den Staat geradezu umarmen und ihn zu überfordern drohen, weil die Menschen das alles bezahlen müssen. Und das merken Menschen auch. Und auf der anderen Seite haben sie eine Partei, die den Staat hasst, ablehnt und seine Institutionen lächerlich macht.“ Dürr will einen Staat, der funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich sei. Sein Job sei es, sich in den kommenden vier Jahren dafür einzusetzen.
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Das Schöne bei Wahlen sei, dass die Wähler tun könnten, was sie wollten, erklärte Hüskens, „und nicht das, was Demoskopen vielleicht vorhersagen“. Ihrer Ansicht nach gebe es zwei Punkte, die für das Erstarken der politischen Ränder verantwortlich seien: Kontra gegenüber der Bundespolitik, „und zwar nicht nur der letzten drei Jahre, sondern eigentlich seit 2013“, sowie die Haltung von BSW und AfD zum Krieg in der Ukraine. „Da gibt es im Osten tatsächlich eine sehr stark verbreitete Grundposition: ‚Es soll endlich Frieden sein, und ich will mich damit eigentlich nicht beschäftigen.‘“
Selbstbild als Industrienation ist trügerisch
Deutschland sehe sich selbst als Industrienation, die gut organisieren könne und stark in der Technologie sei, so Hüskens. In Wahrheit funktionierte die Verwaltung kaum und die Schulen seien marode. Hüskens führte aus: „Und diese Unzufriedenheit, dieses Unverständnis für das Staatswesen, in dem wir leben, lässt viele offenbar abwandern zu radikalen Positionen – die einem dann einfach alles versprechen.“
Schuldenbremse ist notwendig
Es gebe Situationen, „in denen man sagen muss: Bis hierhin und nicht weiter.“, stellte Hüskens klar. „In Verantwortung für kommende Generationen halte ich es schon für erforderlich, dass wir uns da zügeln.“ Es spreche nichts gegen Investitionen, die Frage sei allerdings, ob diese über Schulden finanziert werden müssten. Als Beispiel nannte Hüskens das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Nach den Plänen von CDU und SPD soll in Zukunft lediglich ein Prozent des BIP hierfür aus dem Haushalt finanziert werden „und dann den Rest über Verschuldung laufen lassen“.
„Kontinuierliche Aufgaben, die jedes Jahr anfallen, etwa auch die Unterhaltung der Straßen, müssen einfach aus dem Kernhaushalt bezahlt werden. Das würde jeder Privatmensch auch so machen“, konstatierte Hüskens. Sondervermögen seien eigentlich für außergewöhnliche Vorhaben vorgesehen. „Bei den Ausgaben für Verteidigung hätte ich da auch kein großes Problem, aber nicht bei Ausgaben, von denen jetzt schon klar ist, dass sie in einigen Jahren wieder auflaufen.“
Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen
Bei „Maischberger“ ging FDP-Fraktionschef Christian Dürr tiefer darauf ein: „Meine Sorge ist: Wir reden jetzt von einer Billion Euro Schulden. Wir reden davon, dass in den kommenden Jahren 80 Milliarden im Haushalt an Zinsen dafür aufgewandt werden müssen. Der Eindruck, dass dies alles folgenlos sei, den muss man hinterfragen. Dass wir etwas für die Verteidigung tun müssen, unterschreibe ich sofort, und wir haben einen eigenen Vorschlag dazu gemacht. Spannend ist aber, ob wir etwas für Infrastruktur tun können. Und mein Zweifel ist, dass man so ziemlich alles machen wird, aber am wenigsten dafür.“ Dürrs Kritik: Das Programm für die Infrastruktur sei zu wenig zielgerichtet. So würde durch das Finanzpaket ein Betrag von knapp 270 Milliarden Euro frei, der noch nicht verplant sei. Dieser Betrag werde nicht in Verteidigung und Infrastruktur fließen, er stehe zur freien Verfügung, so Dürr. „Das hätte es mit uns nicht gegeben.“
Dürr benennt ein weiteres Problem der Finanzpakete: Irgendwer müsse das Geld auch wieder zurückzahlen, mit Zinsen. Und das seien die nächsten Generationen. „Ich habe selbst zwei Kinder, und es ist nicht gerecht, den Kindern all das zu überlassen, damit heute eine Koalition funktioniert.“ Es sei aber falsch, eine klimaneutrale Infrastruktur aus Steuergeldern zu finanzieren, findet Dürr. Stattdessen müsse der Staat Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. Die Finanzpakete sorgten für die höchste Staatsverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg. „Meine Sorge ist: Wenn man jetzt so locker mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, verabschiedet man sich von einer guten Wirtschaftspolitik, und ich glaube, nicht der Standort Deutschland wird besser, sondern der Staat wird einfach größer. Und das ist nicht die wirtschaftliche Dynamik, die sich die Menschen erhoffen. Die wollen einen guten Job, der gut bezahlt ist, der am Ende gute Renten garantiert, und keinen Staat, der alles einnimmt.“
Ein Staat, der funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich ist
Dürr kritisiert, „dass ganz viel Geld ausgegeben wird, aber am Ende Reformpolitik nicht mehr stattfindet“. Dadurch werde sich in Wahrheit kein Wachstum einstellen. Von den Finanzpaketen würden Menschen mit viel Geld profitieren, die sich Staatsanleihen leisten könnten, für die es jetzt höhere Renditen geben werde. Zahlen würden Arbeitnehmer und Rentner, denn die Preise würden nun steigen. „Das ist eine Verteilung von unten nach oben.“
„Meine Sorge beim kommenden Deutschen Bundestag ist, dass wir eine Gruppe aus Parteien haben, nämlich Union, SPD und Grüne, die jetzt den Staat geradezu umarmen und ihn zu überfordern drohen, weil die Menschen das alles bezahlen müssen. Und das merken Menschen auch. Und auf der anderen Seite haben sie eine Partei, die den Staat hasst, ablehnt und seine Institutionen lächerlich macht.“ Dürr will einen Staat, der funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich sei. Sein Job sei es, sich in den kommenden vier Jahren dafür einzusetzen.
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